Popcorn und Rollenwechsel: Das Gibson-Problem
Das Internet sprach: Mel Gibson darf keinen «Hangover» haben. Dabei wäre er eine so gute Wahl...
Wenn man den Berichten glauben mag, so hat uns die Internetgemeinde um einen sehenswerten Gastauftritt gebracht. Und vielleicht trägt auch Comedystar Zach Galifianakis ein Teil der Mitschuld trägt. Worum es geht? Mel Gibson wurde für einen Gastauftritt in «Hangover 2» gecastet, gewissermaßen als Ersatz für den Boxer Mike Tyson, der im Vorgängerfilm einschlägig für große Lacher gesorgt hatte.
Aber Regisseur Todd Phillips hatte nicht mit dem auf diese Ankündigung folgenden Aufschrei im Internet gerechnet. Viele (US-amerikanische) Internetnutzer konnten es nicht fassen, dass man Mel Gibson nach seinem letzten Verbalausrutscher wieder eine Kinorolle geben wollte. Und auch Galifianakis, der sämtliche Szenen stehlende Star der verrückten Komödie, sprach sich kurz nach dieser Bekanntgabe in einem Podcast sehr negativ über aktuelle Beschlüsse bei einem seiner gerade in Arbeit befindlichen Filme aus. Schnell wurde vermutet, er habe ein Problem damit, im selben Film wie Mel Gibson aufzutreten.
Die Debatte darüber, ob Mel Gibson wieder vor die Kamera treten darf, wurde dann jäh durch die Kundgebung unterbrochen, dass der Regisseur Todd Phillips sich nun dafür entschieden habe, Liam Neeson den Part Gibsons zu geben. Eine deutlich defensivere Wahl. Aber auch klar die schwächere, wie ich finde.
Natürlich kann man Gibsons rassistische und frauenfeindliche Verbalausrutscher nicht einfach so gutheißen. Aber ein Blick in die Vergangenheit zeigt auch, dass bei Gibson im Zorn einfach alle Sicherungen durchbrennen. Wie weit Gibson also aus Überzeugung sprach, steht weiter zur Diskussion. Und will man sich deswegen einen grandiosen Cameo in einer politisch eh recht inkorrekten Komödie verderben? Es ist wenig über diese Gastrolle bekannt, aber sie soll sehr einschüchternd wirken, und gerade in Anbetracht seines derzeitigen Images wäre Gibson eine tolle Wahl.
Zudem frage ich mich, wieso Gibson solch eine Protestwelle auslöste. In «Hangover» amüsierten sich Millionen von Kinozuschauern über Mike Tyson - einen verurteilten Vergewaltiger, der einem Gegner im Boxring das Ohr abknabberte und der zugab, ein Drogenproblem zu haben. Welche Doppelmoral herrscht in den Köpfen des US-Kinopublikums, dass die Boxlegende in einer Komödie auftreten darf, Gibson dagegen nicht?
Gibsons Cameo wäre ein großartiger erster Schritt zur Buße gewesen und als beängstigende, obskure Figur in einer verruchten Komödie hätte er mit Sicherheit eine hervorragende Figur abgegeben. Neeson wird die Rolle bestimmt auch meistern können, doch bei Gibson spielt aufgrund seines Lebenswandels ein gewisser Metahumor mit. Diese Ebene machte auch Tom Cruises Darstellung eines lauten, arroganten, großkotzigen und durch und durch ekelhaften Hollywoodproduzenten in «Tropic Thunder» zu etwas unvergesslichem. Aber jetzt müssen wir wohl darauf verzichten. Oder auf «Hangover 3» hoffen, wenn es die Chaostruppe nach Las Vegas und Thailand nach Israel verschlagen wird. Da wäre Gibson in einem Cameoauftritt natürlich ebenfalls äußerst willkommen.