Humor trifft Niveau – Die Stärken des Steffen Hallaschka

Er könnte der Hoffnungsträger für RTL werden. Ab Januar wird Steffen Hallaschka das erfolgreiche Magazin «Stern TV» von Günther Jauch übernehmen. Quotenmeter.de stellt den erfahrenen Radio- und Fernsehmoderator ausführlich vor und erklärt, wieso er den Sender retten könnte.

Die Nachricht schlug in der vergangenen Woche wie eine Bombe ein. Steffen Hallaschka übernimmt ab Januar die Moderation von «Stern TV» und tritt damit die Nachfolge von Günther Jauch an. Sofort überschlugen sich die Branchendienste und Medienseiten mit eilig verfassten Biografien über das noch recht unbekannte Gesicht. Quotenmeter.de stellt die erfahrene Neuentdeckung nun ausführlich vor und erläutert, wo seine Stärken liegen.

Auch wenn Steffen Hallaschka zuletzt überwiegend im Fernsehen tätig war, ist er vor allem ein Radiomensch, denn dort liegen seine Anfänge und der größte Teil seiner bisherigen Moderationserfahrungen. Im zarten Alter von 18 Jahren war er erstmals in der Kultradioshow «Radio unfrisiert» vom Hessischen Rundfunk als Gastkommentator zu hören. Rund vier Jahre nach seinem Debüt übernahm er die Moderation des Formates. Zuvor hatte er als Autor und Reporter für die Sendung gearbeitet. Schon damals konnte er seine Vielseitigkeit unter Beweis stellen, denn die dreistündige Radioshow bestand aus Talkelementen, Spielen und Comedybeiträgen, die stets mit einem Augenzwinkern, aber wenn nötig auch dem nötigen Ernst präsentiert wurden. Jede Sendung stand dabei unter einem Thema, das mal ernsthaft oder unterhaltsam war. In dieser lockeren Mischung fand Hallaschka schnell sein ideales Konzept, das er in den folgenden Jahren in leichten Variationen immer wieder bediente und das er künftig auch bei «Stern TV» vorfinden wird.

Nach der endgültigen Einstellung der Radioshow wechselte er erstmals ins Fernsehen und präsentierte 120 Live-Ausgaben von «100 Grad», dem gemeinsamen Jugendmagazin der Deutschen Welle und des ehemaligen ORBs. Inhaltlich war dieses seiner bisherigen Radiosendung ähnlich und wechselte immer wieder zwischen Unterhaltung und Information. Besonders viel Aufsehen zog die sogenannte «Elefantenbaby-Runde» mit den jüngsten Kandidaten zur Bundestagswahl 1998 auf sich.

Diese Engagements zeigten, dass er witzig, clever, schlagfertig und für sein Alter äußerst routiniert war. Vorzüge, die auch der Privatsender ProSieben im Jahr 1999 erkannte und ihn als Moderator für seine tägliche «Morningshow» auswählte. Dort präsentierte er abermals eine wohl dosierte Mischung aus tagesaktuellen Themen, Comedy und einer ordentlichen Prise Anarchie. Bei dieser Arbeit traf er auf Ken Kebsen und Tommy Wosch, die beide für das Jugendradio Fritz vom ORB arbeiteten. Das dargebotene Konzept war jedoch zu speziell und chaotisch um eine große Zuschauerschaft anzulocken, sodass die Sendung bereits nach drei Monaten wieder eingestellt wurde.

Nach dem Ende der Show wechselte er zurück ins Radio und präsentierte beim ORB-Sender Fritz zusammen mit Holger Klein die Morgensendung «Die RadioFritzen am Morgen». Eine Sendung, die ohne die größten Hits im Supermix, verrückte Telefone oder dem geheimen Geräusch auskam und regelmäßig tagesaktuelle Themen behandelte. Das Duo erlangte in Berlin und Brandenburg schnell große Beliebtheit und nannte sich immer wieder „Horkheimer und Adorno der deutschen Hörfunkunterhaltung“. Zusätzlich zu ihrer Frühschiene führten sie durch die Call-In-Show «Blue Moon», bei der sie regelmäßig die schlimmsten „musikalischen Verbrechen“ zusammentrugen. Die Chemie zwischen den beiden stimmte derart gut, dass der ORB ihnen sogar eine eigene Fernsehshow verpasste, die nahtlos an ihre bisherige Radioarbeit anschloss. Die Late-Night-Heimatshow "Dreilinden - Hart an der Grenze" wurde im ehemaligen Grenzgebiet zwischen Westberlin und Brandenburg hergestellt und von Hallaschka mitproduziert, der damit erstmals die Seiten wechselte. Zusammen mit dem ehemaligen «100 Grad»-Regisseur Thorsten Klauschke gründete er dafür die Firma "televisionaere medienproduktion“, welche die beiden heute noch betreiben.

Dass er trotz seines großen Unterhaltungstalentes das ernsthafte, journalistische Handwerk beherrscht, bewies er eindrucksvoll im Jahr 2001 als er durch eine Sondersendung zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin führte, für die er mit dem Kurt-Magnus-Preis der ARD ausgezeichnet wurde. Diese Facette sollte ihn künftig immer wieder begleiten, denn er moderierte zahlreiche politische Talkshows für junge Menschen. Kritisch und angstfrei, aber dabei respektvoll und hintergründig fühlte er seinem jeweiligen Gesprächspartner auf den Zahn.

Darunter war auch das TV-Projekt «Kanzlerbungalow» des WDR, das er mit Patricia Pantel (früher ebenfalls ORB) präsentierte und wieder viel Raum für seine Möglichkeiten bot. In der Sendung, die direkt aus dem ehemaligen Wohn- und Empfangsgebäude des Bundeskanzlers übertragen wurde, gab es kurze Interviews, Beiträge und Aktionen. Hallaschka wurde für seine Leistung daraufhin für den Grimme-Preis nominiert, den er jedoch nicht gewinnen konnte. Stattdessen siegte «Bernd, das Brot», was ausschließlich „an der Backwarenlobby“ lag, wie er später gewohnt ironisch behauptete. Zudem übernahm er im Jahr 2002 die Vertretung von Tita von Hardenberg beim ORB-Magazin «Polylux», wodurch er die Moderation des Kulturmagazins «Querstraße» angeboten bekam.

Ab 2004 wechselte er abermals zurück ins Radio und führte zusammen mit Tim Böttcher durch die Morgensendung der RBB-Station Radio eins. Dort präsentierte er das gleiche Konzept wie bei Fritz, das sich nun jedoch an eine etwas erwachsenere Hörerschaft richtete. Parallel arbeitete er als Live-Reporter für das «ARD Morgenmagazin».

Seit 2006 ist er fast ausschließlich für den NDR tätig und moderiert hauptsächlich die Magazine «Markt» und «Ratgeber: Technik», in denen er sein Potential allerdings nicht voll ausspielen kann. Zwar führt er leicht ironisch und mit einem Augenzwinkern durch die Formate, doch Hallaschka kann mehr. Seine Interviewstärke bewies er als Schwangerschaftsvertretung von Barbara Schöneberger im Sommer 2010 als er ihren Platz bei der «NDR Talkshow» einnahm und einmal mehr seine Schlagfertigkeit, Spontaneität und sein journalistisches Gespür beweisen konnte.

In seiner bisherigen Laufbahn hat Hallaschka gezeigt, dass er viele Stärken hat. Ihm gelang es immer wieder die Gratwanderung zwischen Humor und Seriosität zu meistern und bewahrte sich trotz aller Albernheiten stets eine inhaltliche Tiefgründigkeit. Damit schaffte er es junge Menschen sowohl zu unterhalten, als auch zu informieren. Eine Fähigkeit, die er bei «Stern TV» dringend benötigt. Die junge Zielgruppe sollte er schnell für sich gewinnen können. Ob sein Potential des lieben Schwiegersohns ausreicht, um Günther Jauchs Beliebtheit bei den älteren Zuschauern zu erreichen, wird sich herausstellen.

Vor allem seine umfangreichen Liveerfahrungen im Radio und Fernsehen werden ihm helfen, mit seiner neuen Herausforderung locker umzugehen. Von Anfang an verzichtete er auf fremde Ghostwriter und Teleprompter und eignete sich auf diese Weise eine Spontaneität und Professionalität an, die nur selten erreicht wird. Die Zeit des stoischen Kartenablesens könnte bei «Stern TV» damit endgültig vorbei sein.

Am besten funktionierte Hallaschka bisher jedoch immer im Zusammenspiel mit einem Partner, mit dem er sich die Bälle zuspielen kann. Davon lebten seine Radiosendungen und auch die besten Momente der «Moringshow» improvisierte er zusammen mit seinen Kollegen. Insofern ist es bedauerlich, dass er künftig allein durch «Stern TV» führen wird und bei einem journalistischen Format kaum Raum für Improvisationen bleibt. Man kann dennoch nur hoffen, dass er sich selbst nicht zu sehr zurücknehmen muss. Es wäre schade um sein Talent, wenn er mit angezogener Handbremse vor ein großes Publikum treten müsste.

Dafür, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen mit Günther Jauch ein hochkarätigen Namen gewinnt, verliert es mit Steffen Hallaschka gleichzeitig einen der vielseitigsten und talentiertesten Köpfe. RTL würde es gut zu Gesicht stehen, ihn künftig weitere Formate präsentieren zu lassen. Er könnte es schaffen dem Sender wieder etwas mehr Niveau zu verleihen, ohne dabei die jungen Zuschauer zu vergraulen.
26.10.2010 11:30 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/45413