Neu im Kino: Kalenderwoche 43

Nach Nemo kommt Sammy, nach der Welle die Vampire. Der Blick auf die zahlreichen Kinostarts der Woche.


«Sammys Abenteuer – Die Suche nach der geheimen Passage»
Laut Branchenexperten mag 3D das Handwerk der Zukunft sein – in der Gegenwart hat die ohnehin umstrittene Filmtechnik aber noch nicht vollständig Fuß fassen können. Mit James Camerons «Avatar» avancierte eine entsprechende Produktion zum Spitzenreiter in Sachen Box Office, und doch bleibt das Publikum insgesamt kritisch wenn es um den neuen Trend Hollywoods geht. Nicht zuletzt, weil Werke wie Tim Burtons «Alice im Wunderland» erst nachträglich in das Format konvertiert werden und sich dann letzten Endes keineswegs als Blickfang herausstellen. Etwas anderes ist da natürlich der Blick in die Animationssparte, wo ein Mann nun seit über einem Jahrzehnt reine Pionierarbeit auf dem 3D-Feld leistet: Der Belgier Ben Stassen gründete seine Filmschmiede nWave Pictures bereits 1994 und legte das Hauptaugenmerk dabei auf Large Format-Projekte für IMAX-Kinos. Die bald folgende Möglichkeit, ins dreidimensionale Fach zu wechseln, ließ sich Stassen nicht entgehen: unter seiner Leitung entstand der erste ausschließlich in 3D gedrehte Animationsfilm «Fly Me To The Moon» (2008).

Stassen, für den 3D ganz klar der Schritt zu besserem Fernsehen ist, gab im Mai 2008 bekannt, einen weiteren animierten Film in Planung zu haben – Arbeitstitel «Around the World in 50 Years». Inzwischen heißt das gute Stück «Sammys Adventures: The Secret Passage» und steht kurz vor seiner Deutschlandpremiere. Alles dreht sich um Sammy, eine mutige Meeresschildkröte, die schon kurz nach dem Schlüpfen alles dafür tut, seine Artsgenossin Shelly aus den Fängen einer Möwe zu befreien. Ginge es nach Sammy könnten die beiden nun eigentlich ein beschauliches, langes Leben führen – nur wird Shelly ihm sofort wieder entrissen und die zwei verlieren sich in den Weiten des Blau. Also macht sich unser Held auf die Suche nach seiner Geliebten und muss dabei nicht nur so einige Abenteuer bestehen, sondern auch unfreiwilliger Zeuge der Zerstörungskraft des Menschen werden. Nebst der ökonomischen Botschaft, erinnert das alles sehr an «Findet Nemo». Kurzweilige Unterhaltung sollte dennoch geboten sein. Interessant dürfte auch das Synchrondebut von Lena- Meyer Landrut (Shelly) und Matthias Schweighöfer (Sammy) werden.

OT: «Sammy's Adventures: The Secret Passage» von Ben Stassen; mit Tim Curry, Isabelle Fuhrman, Melanie Grffith, Jenny McCarthy und Anthony Anderson.

«In ihren Augen»
«El secreto de sus ojos», hierzulande vertrieben als «In ihren Augen» (dabei wörtlich “Das Geheimnis in ihren Augen“), markiert die bereits vierte Zusammenarbeit von Regisseur Juan José Campanella und Darsteller Ricardo Darín, die ihre Freundschaft auch über Campanellas Zeit in den Vereinigten Staaten pflegten. Dort iszenierte der gebürtige Argentinier diverse Episoden der beliebten Fernsehserien «Dr. House» und «Law & Order», bevor er mit dem Drehbuch zu «In ihren Augen» zurück in die Heimat kehrte. Das Charakterdrama wurde von Kritikern durch die Bank positiv aufgenommen und war auch ein Favorit für den diesjährigen Oscar in der Kategorie 'Bester ausländischer Film', den es schlussendlich auch erhalten sollte. Und das nur als Spitze des Eisberges – denn insgesamt staubte der Film gleich 14 internationale Preise ab. Darüberhinaus ist es auch der finanziell gesehen zweiterfolgreichste Film aller Zeiten in Argentinien, dicht hinter dem Klassiker «Nazareno Cruz y el lobo» («Nazareno Cruz und der Wolf»).

Damit auch gleich zur Story der argentinisch-spanischen Koproduktion, die sich auf zwei Zeitebenen abspielt: Im Jahre 1974 versucht Ermittler Benjamín Espósito (Darín) wie bessessen dem Vergewaltiger und Mörder der jungen Liliana Colotto auf die Spuren zu kommen. Deren Gatte geht gleichermaßen an dem Verbrechen zu Grunde – bis der mutmaßliche Täter gefasst und hinter Gitter gesteckt wird. Doch das Gesetz scheitert und der Kriminelle entkommt seiner Strafe. Kurz vor der Jahrtausendwende versucht Espósito seine Erlebnisse in Form eines Buches zu überwinden, doch muss sich eingestehen, nur mit einer weiteren Verhaftung sein Gewissen beruhigen zu können. Und so schickt er sich auf seine alten Tage erneut an, Gerechtigkeit walten zu lassen.

OT: «El secreto de sus ojos» von Juan José Campanella; Ricardo Darín, Soledad Villamil, Javier Godino, Guillermo Francella und Pablo Rago.

«R.E.D. - Älter, härter, besser»
Frank Moses ist raus. Raus aus dem Spiel, raus aus der Szene und raus dem Chaos, das mit dem Beruf eines Geheimagenten einhergeht. Sollte man zumindest meinen, bringt ihn die Einöde, die andere Alltag nennen doch zunehmend um den Verstand. Highlight seiner Woche ist das Telefongespräch mit der attraktiven Sarah – jedenfalls bis ein Kugelhagel seine gesamte Einrichtung zur Zigarettenschachtel schrumpfen lässt und sich eine Gruppe von eiskalten Auftragsmördern an seine Fersen heftet. An und für sich nicht das unverständlichste Szenario in den Augen eines pensionierten CIA-Angestellten; nur hat Frank nicht die geringste Ahnung, weshalb sein früherer Arbeitgeber ihm nun ans Leder will. Mit der schockierten Sarah an seiner Seite rekrutiert Frank seine ehemaligen Kollegen Joe, Marvin und Victoria. Gemeinsam stellen sie sich der Übermacht an Assassinen, denn hier gilt die Regel: Alter schützt vor Torheit nicht.

«Red» basiert auf der gleichnamigen dreiteiligen Comic Book-Reihe von Autor Warren Ellis. Mal abgesehen vom absehbaren Titel, der in der Vorlage einen Sicherheitsstatus kennzeichnet und im Film für “retired, extremly dangerous“ (“pensioert, extrem gefährlich“) steht, war schon von Anfang an abzusehen, dass eine entsprechende Adaption vieles anders machen müsste. Mit nur drei Ausgaben lässt sich ja immerhin kein abendfüllender Spielfilm produzieren. Warren Ellis fand am von den Brüdern Jon und Erich Hoebner («Whiteout)» verfassten Drehbuch dennoch Gefallen, da es absichtlich mehr ins Fach einer Komödie fiel als eines Dramas. Platz auf dem Stuhl der Regie nahm der Deutsche Robert Schwentke, bekannt für seine Werke «Flightplan» (2005) und «Die Frau des Zeitreisenden» im letzten Jahr. Was «Red» sehenswert macht, ist der fantastische Cast: Bruce Willis als Racheengel Frank, Morgan Freeman als loyaler Freund Joe, John Malkovich als paranoider Marvin und eine verführerische Helen Mirren in der Rolle der Victoria. Sidney Scherings Kritik zum Actionspektakel lesen Sie am Freitag, nur auf Quotenmeter.de.

OT: «Red» von Robert Schwentke; mit Bruce Willis, Morgan Freeman, Helen Mirren, John Malkovich, Karl Urban und Mary-Louise Parker.





Lesen Sie auf der nächsten Seite: Alles zu «Wir sind die Nacht» und zahlreiche weitere Top-Neustarts in einer kurzen Vorstellung.

Nach Nemo kommt Sammy, nach der Welle die Vampire. Der Blick auf die zahlreichen Kinostarts der Woche.

«Wir sind die Nacht»
Oktober, 1996: Das abgedunkelte Foto einer Bekannten inspiriert den damals 23-jährigen Filmstudenten Dennis Gansel zu seinem Drehbuch «The Dawn», in dem sich eine erst kürzlich verwandelte Vampirin in einen Normalsterblichen verliebt. Doch während Gansel, zusammen mit Kollege und Freund Christian Becker, seinen Aufstieg in die deutsche Filmbranche fortsetzt, gerät das Skript mehr und mehr in Vergessenheit. Nina Hoss wird zwar als potentielle Hauptdarstellerin gewonnen, aber andere Projekte und fehlender Glaube der Studios machen dem Regisseur einen Strich durch die Rechnung. Mit «Mädchen, Mädchen» (2001 ) feiert Gansel sein Kinodebüt, für «Die Welle» erhält er 2008 den Deutschen Filmpreis. Diese Erfolge und nicht zuletzt der von «Twilight» losgetretene Hype um die Blutsauger lassen Gansels Traum endlich wahr werden: «The Dawn» soll es auf die Leinwand schaffen. Nur wirkt das Stück wie eine Kopie des genannten US-Kassenschlagers: Drehbuchautor Jan Berger («FC Venus») kommt ins Boot und verleiht der Geschichte neue Nuancen. Nach vierzehn Jahren läuft «Wir sind die Nacht» endlich an.

Eine bewegte Geschichte, die der lang ersehnte deutsche Vampirfilm hinter sich hat: von der Wohngemeinschaft in den Kinosaal. Nach dem gelungenen «Die Welle» darf man sich also ein weiteres Mal auf eine Arbeit des vielseitigen Gansel freuen. Der Inhalt: Die junge Lena (Karoline Herfurth) muss stehlen, um zu überleben. Mit diesem niederen Lebenstil hat es ein Ende, als sich die Clubbesitzerin Louise (Nina Hoss) in sie verliebt und kurzerhand zum Vampir macht. Lena wird Teil einer Gruppe von anderen Untoter, die sich mit Mord einen Kick in der Berliner Szene verschaffen. Doch die Frauen haben einen Verfolger, den engstirnigen Polizisten Tom Serner (Max Riemelt) – dieser hat neben seiner Berufung allerdings auch etwas für Lena übrigt. Konflikt-Potential? Definitiv.

OT: «Wir sind die Nacht» von Dennis Gansel; mit Nina Hoss, Karoline Herfurth, Jennifer Ulrich, Anna Fischer und Max Riemelt.




Weitere Kinoneustarts im Überblick:


“Jeder einzelne hatte verschiedene Verletztungen – ein gutes Zeichen“, so Johnny Knoxville über den dritten Kinofilm des beliebten «Jackass»-Franchises, das im Jahr 2000 mit der gleichnamigen Fernsehserie seinen Anfang nahm. Nummer drei markierte nicht nur das zehnjährige Jubiläum der verrückten Truppe um Knoxville und Bam Magera, sondern auch den Sprung zu 3D-Kameras, mit deren Hilfe die Stunts im übertragenen Sinne wohl kaum an Dimension, aber immerhin an Perspektive gewonnen haben. Den Zuschauern scheint es zu gefallen: mehr als 85 Millionen Dollar haben die waghalsigen Mutproben der Jungs bereits eingespielt.




«Just Wright» gibt sich da schon weniger riskant und nutzt die stets erfolgreiche Formel typischer Liebeskomödien: Physiotherapeutin Leslie Wright (verkörpert von Queen Latifah) sieht in Basketballspieler Scott McKnight den Mann fürs Leben und seiner Verletzung die Chance auf beruflichen Segen. Nur ist Scott -porträtiert von Common, einem amerikanischen Hip-Hop Künstler- mehr an Leslies Freundin Morgan interessiert. Wie das ausgeht, lässt sich wohl ohne Schwierigkeiten erahnen. Regisseurin Sanaa Hamri setzte in der Vergangenheit einige Episoden für die Serien «Desperate Housewives» und «Grey's Anatomy» in Szene.

Keine Formel bemüht haben Regisseur Luca Guadagnino und Darstellerin Tilda Swinton: Knapp sieben Jahre haben die beiden an der Verwirklichung des Filmes «Ich bin die Liebe» (im Original «lo sono l'amore») gearbeitet. Dieser dreht sich um den wohlhabenden Clan der Recchis, die ihr Handwerk von Generation zu Generation weitergeben. Alles schön und gut, würde sich die Tradition im Laufe der Jahre nur nicht verwässern und die Familie zunehmend zerstreiten. Die 49-Jährige Switon nimmt neben ihrer Funktion als Autorin und Produzentin auch eine der Hauptrollen ein.




Am Donnerstag findet auch «Der große Kater» seinen Weg in die Lichtspielhäuser: die schweizerisch-deutsche Produktion hat „Kater“, den Bundespräsidenten der Schweiz zum Hauptcharakter, dargestellt von Bruno Ganz. Dieser möchte beim Volk punkten, wird daran jedoch von seinem Freund und Mitpolitiker Pfiff (Ulrich Tukur) gehindert, der sich nach all den Jahren dafür rächt, dass Kater ihm einst seine Verlobe ausgespannt hat. Das Werk basiert auf dem gleichnamigen Buch von Thomas Hürlimann. Dessen Vater Hans hatte in seiner Regierungsseit im Bundesrat ähnliches zu erdulden – es steckt also ein wahrer Kern in der Geschichte.
27.10.2010 12:00 Uhr  •  Marco Croner Kurz-URL: qmde.de/45450