ProSiebenSat.1: Spielfilm-Erfolge von der Resterampe

Wie ProSieben und Sat.1 neben Eigenproduktionen auch mit cleverer Programmierung bereits mehrfach gezeigte Blockbuster abermals zum Erfolg werden lassen.

Gerade mit Spielfilmen feiern sie zurzeit ihre Erfolge: Am Sonntagabend sind die Blockbuster von ProSieben eine Bank und holen fast in regelmäßigen Abständen den Tagessieg bei den werberelevanten Zuschauern im Alter von 14- bis 49 Jahren. Auch am Freitag und Samstag will das junge Publikum die Produktionen aus Hollywood meist nicht missen. Für Furore sorgte Sat.1 nicht zuletzt durch die Roman-Verfilmungen, jetzt «Die Säulen der Erde» und einige Wochen zuvor mit «Der Wanderhure». Und auch die US-Streifen sowie die deutschen Sat.1-Filme werktags in der Primetime erzielen gute Ergebnisse. Mit der Programmierung von Spielfilmen beweisen beide Privatsender also ein glückliches Händchen.

Das vor einem Jahr noch in der Quoten-Krise befindliche Sat.1 hat sich bis heute über diesen Weg wieder Gehör verschafft auf dem Fernsehmarkt. Auch die Geschäfte des Konzerns, der ProSiebenSat.1 Media AG, laufen wieder gut. Im dritten Quartal konnten Werbeeinnahmen den Umsatz deutlich nach oben treiben, die Kosten waren nach Sparrunden merklich gesunken – ein ansehnlicher Gewinn kam dabei heraus. Besonders die gute Entwicklung im Segment Free-TV war ausschlaggebend. Ein positiver Trend also, denn durch den Gewinn konnte auch der Schuldenberg etwas abgebaut werden. Der geht aber weiterhin zu Lasten der Inhalte: Die Sendergruppe spart seit dem Krisenjahr 2009 vor allem bei den Programmausgaben.

In welchem Zusammenhang steht das mit Spielfilm-Erfolgen, die letztlich einen Anteil an dem steigenden Werbeumsätzen der Sendergruppe haben? Das glückliche Händchen bei der Programmierung und ein wenig Fingerspitzengefühl scheinen kein falscher Ansatz zu sein, wenn man mit dem Spielfilm-Angebot die Massen zu den Free-TV-Sendern locken möchte, trotzdem aber den Rotstift ansetzt. Bereits (oft) gezeigte Hollywood-Blockbuster, die schon erfolgreich waren, sollen ein weiteres Mal für jene Zahlen sorgen, die dem Programmchef am Quoten-Morgen ein zufriedenes Lächeln ins Gesicht zaubern. Das ist auch noch kostengünstig, denn die Zweitverwertung fällt erstens günstiger aus und zweitens laufen die Film-Rechte an neuen Movies von den Hollywood-Studios nach einiger Zeit ab. Desto länger man also mit deren Ausstrahlung wartet, desto billiger werden die Rechte. Es ist somit sparsamer mehrfach auf das Spielfilm-Portfolio der Sendergruppe zurück zugreifen satt die neusten Blockbuster der Hollywoodschmiede direkt rauszuhauen. Eine Strategie, die aufzugehen scheint. Quotenmeter.de analysiert die ProSiebenSat.1-Spielfilm-Werte der letzten vier Wochen.

Noch ganz frisch ist der Megaerfolg von «Fluch der Karibik» vom vergangenen Sonntag: Die erzielten 23,4 Prozent Marktanteil der 14- bis 49-Jährigen knüpften fast nahtlos an die Einschaltquoten der vorherigen drei Ausstrahlungen des Hollywood-Films mit Johnny Depp an. Ende Februar 2010 wurden 24,4 Prozent, 2009 26,7 Prozent und bei der Erstausstrahlung im Jahr 2007 31,6 Prozent Marktanteil der Werberelevanten eingefahren. Okay - bei einem solchen Mega-Blockbuster am Sonntagabend ist das wenig verwunderlich. Etwas schwerer tat sich «Evolution» einen Tag zuvor. Doch den Film hat ProSieben inklusive Wiederholungen seit 2007 schon zehn Mal gezeigt – einmal lief er sogar noch bei kabel eins. Bei den Jungen waren zwischen 9,2 und 21,0 Prozent Marktanteil drin. Doch das Publikum blieb insgesamt konstant: Bis auf die Wiederholungen und die Ausstrahlung vom vergangenen Samstag hatte man stets über zwei Millionen Zuschauer.

Sat.1 sendete am Donnerstagabend «Das Vermächtnis der Tempelritter», das ProSieben seit 2008 viermal schon auf Sendung schickte. Mit 15,6 Prozent Marktanteil der für die Werbewirtschaft wichtigen Zuschauergruppe und insgesamt 3,30 Millionen Zusehern hatte Sat.1 damit immer noch einen Erfolg feiern können, denn auch hier blieb die Zuschauerschaft weitgehend konstant. Im Juni 2010 bei ProSieben hatten 3,53 Millionen Menschen zugeschaut – in Unterföhring freute man sich damals über satte 20,5 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Auch bei «Was das Herz begehrt», das Sat.1 schon fünfmal ausgestrahlt hat und viermal am Nachmittag wiederholte, scheint das Interesse ungebrochen. Am Freitagabend schauten 2,13 Millionen Deutsche zu, zehn Monate zuvor waren es 2,87 Millionen Zuschauer, aber auch ein Samstagabend-Sendeplatz. Doch nicht immer scheint die Strategie aufzugehen: «Der Bibelcode» am Freitagabend konnte sich mit schwachen 9,2 Prozent Marktanteil nicht behaupten. Und das obwohl mit 2,32 Millionen Zuschauern fast genauso viele Menschen vor dem Bildschirm saßen wie im September 2009, als ProSieben den Film letztmals zeigte. Es scheint also tatsächlich eine Frage des Geschicks bei der Programmierung und des Gegenprogramms zu sein.

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Wie ProSieben und Sat.1 neben Eigenproduktionen auch mit cleverer Programmierung bereits mehrfach gezeigte Blockbuster abermals zum Erfolg werden lassen.


Erstaunlich ist dabei, dass das bei manchen Filmen wie «Hui Buh, das Schlossgespenst» besonders gut klappt: Anfang Januar 2010 hatte man die Bully-Komödie noch am Freitagabend gesendet und 3,68 Millionen Zuschauer erreicht sowie 16,1 Prozent Marktanteil erreicht. Auch vor vier Wochen am Sonntagabend hatte man mit 12,2 Prozent Marktanteil der Jungen zufriedenstellende Werte einheimsen können. Hier hatten 2,60 Millionen Bundesbürger eingeschaltet. Doch nicht alle Filme kommen in Frage: «The Village – Das Dorf» war nur in der Erstausstrahlung ein Erfolg. Am Samstagabend fiel der Film Ende Oktober 2010 mit 5,6 Prozent Marktanteil und nur 810.000 komplett durch. Auch sind seit 2007 extrem rückläufige Quoten der bereits mehrfachen Ausstrahlungen zu beobachten, so dass ProSieben diesen Hollywood-Streifen getrost aus seinem Portfolio werfen kann. Auch klappt ein Film-Senderwechsel nicht immer: «Das Streben nach Glück» beispielsweise hat die Ausstrahlung bei Sat.1 am 29. Oktober 2010 nach zwei großen Erfolgen bei ProSieben 2009 und 2010 in der Zielgruppe (19,5 und 16,6 % MA) nicht gut getan. Es schaute auch nur noch die Hälfte des Publikums zu, das noch im Februar 2010 den Film auf ProSieben gesehen hatte.

Für «First Daughter» wiederum war am 25. Oktober 2010 auch die dritte Ausstrahlung noch akzeptabel. Auch diesen Film gab es im Januar 2010 schon einmal zu sehen. Damals sahen 2,66 Millionen Menschen zu, 13,6 Prozent Marktanteil wurden bei den Begehrten gemessen, sogar ein besserer Wert als noch bei der Erstausstrahlung im März 2009. Zuletzt kam der Sat.1-Film noch auf 1,97 Millionen Zuschauer, was durchaus in Ordnung ist, wenn man bedenkt, dass der Movie bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr bei Sat.1 läuft. Auch wenn mit 10,4 Prozent Marktanteil der 14- bis 49-Jährigen der Senderschnitt etwas verfehlt wurde.

Nicht satt wird das deutsche Fernsehpublikum offensichtlich von «Bad Boys – Harte Jungs», das ProSieben am Sonntag, 7. November 2010, zeigte – der US-Film mit Will Smith lief besser als «Next» in der Primetime und brachte starke 23,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe ein. 2,44 Millionen Deutsche sahen zu – auch dieser Film lief ebenso wie seine Fortsetzung «Bad Boys II» bereits im Februar 2010, damals sogar etwas schlechter als jetzt im Herbst, wo man die starken Werte der Erstausstrahlung von 2009 sogar nochmals bestätigte. Zwei Monate zuvor hatte kabel eins «Bad Boys» ausgestrahlt, dort wurde er jedoch zum Misserfolg. Der Umstand zeigt aber, dass der Actionstreifen aus dem ProSiebenSat.1-Filmpaket bereits zum dritten Mal in diesem Jahr auf Sendung geschickt wurde. Ein deutliches Indiz für die Wiederverwertung von US-Filmen und der damit verbundenen Kostenreduzierung im Programm, das aber dank geschickter Programmierung oder einem starken Aufgebot von beliebten Blockbuster-Highlights trotzdem (meistens) zum Erfolg führt und von Effizienz geprägt ist.

Noch ein Beispiel gefällig? Am 5. November 2010 zeigte Sat.1 am Freitagabend – wieder mit eher mäßigem Erfolg – «Das Beste kommt zum Schluss». In diesem Fall lief im Februar 2010 die Erstausstrahlung beim Bällchensender, die mit 4,10 Millionen Zuschauern sehr gut honoriert wurde, man hatte sich hier aber wohl satt gesehen. Mit «Glückstreffer» und der Free-TV-Premiere von «Die Vorahnung» bei Sat.1 sowie der ProSieben-Eigenproduktion «Kreutzer kommt» hatten beide Privatsender in der ersten November-Woche aber auch Neuwertiges im Programm, so dass nicht nur auf die Restrampe gesetzt wird. Auch «Zwillingsküsse schmecken besser» eine Woche später war eine Sat.1-Eigenproduktion, die aber 2008 erstmals ausgestrahlt wurde.

Die Liste kann beliebig fortgeführt werden, denn mit «Abgrund – Eine Stadt stürzt ein», «Der Da Vinci Code» (beide von ProSieben) und «Keinohrhasen» wühlten die Programmmacher bei Sat.1 in der gleichen Woche kräftig im Archiv. Allerdings hatte man hier bis auf «Keinohrhasen» eher mäßigen Erfolg. Gut angenommen wurde am 13. November 2010 aber «Der Anschlag» bei ProSieben, das den Film seit 2007 jedes Jahr zeigt und ihn im Vorjahr auch Sat.1 ausgeliehen hatte. Mit zuletzt 11,0 Prozent Marktanteil und 2,07 Millionen Zuschauern konnte man in Unterföhring zufrieden sein. Ein weiteres Evergreen, das ein Quoten-Erfolgsgarant für ProSiebenSat.1 ist.

Woher kommen sie? Die ProSiebenSat.1 Media AG hat langfristige Verträge mit nahezu allen großen Hollywood-Studios sowie zahlreichen Produzenten und Filmbetrieben. Zu den Partnern zählen unter anderem CBS, Paramount, Disney, Warner Bros., MGM, 20th Century Fox, Lucasfilm, Sony Pictures International, Dreamworks, Constantin, Tobis Film und Kinowelt. Für Aufregung sorgte 2009 ein Output-Deal, den die Mediengruppe RTL Deutschland mit dem Produktionsstudio Warner Bros. abgeschlossen hat, bei dem ProSiebenSat.1 seit 2007 Zugriff und Vorkaufsrecht auf alle während der Vertragslaufzeit produzierten Filme und eine Auswahl von Serien hatte. Alle Formate, die ab 2010 entstehen, werden nun an die RTL-Gruppe gehen, die laufenden Serien von Warner Bros. wie «Human Target» müssen aber nicht den Sender wechseln. Erstmals seit 14 Jahren hat ProSiebenSat.1 daraufhin 2009 einen langfristigen Lizenzvertrag mit 20th Century Fox Television abgeschlossen, das zuvor die Mediengruppe RTL Deutschland versorgte. Der Deal sichert der ProSiebenSat.1 ab 2010 die Free-TV-Rechte an zahlreichen Blockbustern und US-Serien für ihre Sender, so dass schon bald wieder für Nachschub gesorgt ist und somit auch mehr Free-TV-Premieren bei ProSieben und Sat.1 für die (noch größeren) Erfolgen sorgen werden.
25.11.2010 09:00 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/46003