Blick nach Berlin – ARD-Polittalker gebannt

Am Mittwoch wird in der Hauptstadt wohl über die Zukunft von Anne Will, Reinhold Beckmann und Frank Plasberg informiert.

Zwei lange Sitzungen der ARD-Intendanten standen und stehen in dieser Woche an. Seit Montag tagen die Fernsehmacher der öffentlich-rechtlichen Anstalt in der Bundeshauptstadt Berlin und beraten verschiedene Programmfragen. Neben dem Vorabend, dessen genaues Aussehen ab Sommer 2011 noch völlig offen ist, geht es dann auch um die Frage, welcher TV-Journalist ab Herbst 2011 wo, wann und wie lange talkt.

Gar nicht darum kümmern muss sich RTL-Mann Günther Jauch, der sich in diesen Tagen wohl auf seinen großen Jahresrückblick am Sonntag vorbereitet. Er hat ab Herbst 2011 seinen Sendeplatz am Sonntagabend zwischen 21.45 und 22.45 Uhr sicher. Er aber brachte das Karussell überhaupt erst in Schwung. Wo geht «Anne Will» hin, die bislang am Sonntagabend on Air war? Was passiert mit Maischberger und Beckmann und womit muss sich Frank Plasberg anfreunden?

Direkt nach Bekanntwerden des Jauch-Deals war die Rede davon, dass die ARD eine einheitliche Talkschiene am Abend um 22.45 Uhr einführen möchte. Das stieß auf wenig Gegenliebe: «Beckmann» und «Maischberger» hätten dann ihre Sendeplätze zwar behalten können, Plasberg wäre mit seiner aufwendigen Sendung zu so später Zeit klar verheizt und Anne Will möglicherweise direkt in den Kampf gegen «Maybrit Illner» geschickt worden.

Vor einigen Wochen drangen dann neue Gedankenspiele durch – gegen die sich kurz nach Bekanntwerden aber erneut Widerstand regte. Plasberg konnte den Slot am Montag um 21.00 Uhr einnehmen und bis 22.15 Uhr talken. Eine optimale Lösung ist auch dies nicht. «Hart aber fair» wird neben Günther Jauchs Sendung das Aushängeschild des Ersten Deutschen Fernsehens sein und deshalb ist es nicht geschickt, beide Formate an zwei aufeinanderfolgenden Tagen auszustrahlen. Das geringere Übel wäre eine solche Entscheidung aber allemal. Aufregung gibt es aber um den Dokumentationssendeplatz, den Plasberg übernehmen würde.

Die Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm geht derweil sogar davon aus, dass nun die Montagabend-Doku "ersatzlos verschwinden" soll. Sie verfasste einen offenen Brief an die Rundfunkratsvorsitzenden, in dem sie davor warnte, dass der „letzte dokumentarische Programmplatz, der im Ersten noch zu einer halbwegs akzeptablen Sendezeit verblieben ist, der bevorstehenden Programmstruktur-Reform geopfert werden“ soll.

Es ist vermutlich aber die einzige Möglichkeit, es sei denn, die Intendanten beschließen den ganz großen Umbau der ARD-Primetime. Dies wiederrum wäre aber mit Risiken verbunden, die man eigentlich nicht eingehen muss. Am Mittwochvormittag wollen sie in der Bundeshauptstadt über ihre Entschlüsse informieren: Vermutlich wird dann die Verlegung Plasbergs aus den Montagabend bekannt. Beckmann und Maischberger könnten auf Sendung bleiben – am Montag und Dienstag ab 22.45 Uhr. Spannend wird noch die Frage, welche Ausrichtung man für Anne Will vorgesehen hat.

Sie müsste mit ihrer Show einen neuen Spinn finden, um sich am Mittwochabend - unter anderem dann gegen «Markus Lanz» im Zweiten, durchzusetzen. Noch am Freitag sagte die ARD, dass in all diesen Punkten keinerlei Entscheidungen gefallen sind. Jedem werden es die Intendanten nicht recht machen können – und so wird spätestens am Mittwochnachmittag erste Kritik aufkommen. An der Heftigkeit der Kritik wird man letztlich erkennen können, wie viel richtig und wie viel wirklich falsch entschieden wurde.
30.11.2010 10:00 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/46136