Glenns Gedanken: Der 'Superfake'

Glenn Riedmeier über die Fake-Vorwürfe bei der RTL-Castingshow «Das Supertalent».

Eine Meldung amüsierte mich in den letzten Tagen ganz besonders: Die skandalöse Nachricht, dass beim RTL-«Supertalent» eventuell nicht immer alles mit rechten Dingen zugehen soll. Angeblich sollen einige Kandidaten nicht aus freien Stücken teilnehmen, sondern von RTL zur Show gedrängt und eingekauft worden sein. So wurde beispielsweise der Kandidat Richard Sean Wilson gebucht, um die Show unterhaltsamer zu machen. Er war ein bezahlter Künstler, der keinerlei Casting durchlief, und eigentlich auch nie an der Show teilnehmen wollte, wenn nicht RTL darum gebettelt hätte. Weitere Teilnehmer, die auf ähnlichem Weg in die Show gemogelt wurden, sind Allesschlucker Stevie Starr, der bereits bei US-amerikanischen Late-Night-Shows auftrat, sowie Busenwunder Busty Heart, Kathy Kelly und «Eis am Stiel»-Darsteller Zachi Noy.

Laut RTL-Unterhaltungschefin Anke Eickmeyer werden bestimmte Menschen tatsächlich angesprochen, ob sie nicht Lust hätten, an der Show mitzuwirken. Besondere Gagen gäbe es für sie allerdings nicht. Gegenüber der BILD äußerte Richard Sean Wilson jedoch: "Ich wurde fünfmal hintereinander angerufen und habe erst zugesagt, als mir vertraglich eine Gage zugesichert wurde." Unter Fake-Verdacht steht auch die Hypnose-Aktion von Martin Bolze, den man ebenfalls bereits in verschiedenen Sendungen wie «Menschen bei Maischberger» gesehen hat. Er hypnotisierte Jury-Mitglied Sylvie van der Vaart binnen weniger Sekunden. Er schnippte mit den Fingern und schon war Sylvie weg. Angeblich. Viele kritische Stimmen sind der Meinung, dass der Vorgang viel zu schnell vonstattenging, und der Zuschauer hinters Licht geführt wurde. RTL dementiert diese Vorwürfe selbstverständlich. Ähnliches gilt auch für die medizinische Behandlung von Frau van der Vaart, als der Notarztwagen mit Blaulicht und Sirene vorgefahren kam um ihre verstauchte Hand zu untersuchen. Laut der BZ wurde sie jedoch nicht von echten Ärzten behandelt, sondern von Mitarbeitern der Firma Flatliners, die sich auf medizinische Komparsendienste spezialisiert hat. Es ist also davon auszugehen, dass es sich hierbei um eine gelungene dramaturgische Inszenierung handelte.

Nun schreien viele Zuschauer natürlich hysterisch "Fake!!" und "Das geht doch nicht!". Mir ringt die ganze Geschichte jedoch nur ein zufriedenes Grinsen ab. Wer immer noch glaubt, dass in Castingshows alles dem Zufall überlassen wird und jeder die gleichen Chancen hat, der lebt in einer rosaroten Traumwelt. Es geht um nichts anderes als Kommerz und Quoten. Da greift man natürlich gerne auf alle Ausgestaltungsmöglichkeiten zurück, die einem zur Verfügung stehen. RTL hat es bereits mit seinen Scripted Realitys vorgemacht. Das echte Leben ist zu langweilig, also erfindet man reißerische Storylines. Für «Das Supertalent» gilt das Gleiche: Echte Bewerber sind offenbar nicht spektakulär genug, also sucht man sich seine Wunschkandidaten eben selbst aus. Und wer erwartet denn von RTL ernsthaft, dass sie fair und ehrlich sind? Bei «Deutschland sucht den Superstar» und dem «Supertalent» wurde bereits ausreichend bewiesen, dass man sich gerne über seine Bewerber lustig macht. Jetzt sind nach den Kandidaten eben mal die Zuschauer an der Reihe, verarscht zu werden. Für mich ist das nur ausgleichende Gerechtigkeit.
05.12.2010 00:00 Uhr  •  Glenn Riedmeier Kurz-URL: qmde.de/46223