Die Kritiker: «Yorkshire Killer 1974»

Inhalt
Yorkshire, Nordengland, 1974. Das Verschwinden eines kleinen Mädchens sorgt in der gesamten Region für Aufsehen. Der Chefredakteur der Yorkshire Post setzt seinen neuen Kriminalreporter Eddie Dunford auf den Fall an, einen jungen, ehrgeizigen Journalisten, der die Chance sieht, sich in seinem Job zu beweisen. Mit seiner respektlosen Art macht der Neuling sich bei dem autoritären Polizeichef Bill Molloy schnell unbeliebt - die Cops der Region mögen es nicht, wenn Außenstehende sich in ihre Arbeit einmischen und kritische Fragen stellen. Dafür haben sie gute Gründe, denn wie Eddie von seinem Kollegen Barry Gannon erfährt, sind die Beamten der lokalen Polizeibehörde durch und durch korrupt.

Bei seinen Recherchen stößt der junge Reporter auf erstaunliche Parallelen zwischen dem aktuellen Fall und dem Jahre zurückliegenden Verschwinden zweier weiterer Mädchen - doch niemand, am allerwenigsten die Polizei, scheint sich dafür zu interessieren. Unermüdlich forscht Eddie weiter, dabei verliebt er sich in Paula, die psychisch labile Mutter eines der Mädchen. Aber auch sie scheint etwas zu verheimlichen. Schließlich wird das vermisste Kind auf einem brachliegenden Grundstück des einflussreichen Unternehmers Dawson ermordet aufgefunden. Dieser hat allerdings ganz andere Sorgen: Er plant ein luxuriöses Wohn- und Einkaufszentrum. Um an den nötigen Baugrund heranzukommen, bedient er sich der korrupten Polizei, die für Geld vor kaum einer Gewalttat zurückschreckt. Das bekommt auch Eddie zu spüren, als er sich immer hartnäckiger in den Fall verbeißt und den zwielichtigen Dawson zusehends in Bedrängnis bringt.

Trotz aller Repressalien lässt der junge Reporter sich nicht einschüchtern. Immer tiefer dringt er in einen Sumpf aus Bestechung, Perversion und Mord vor - mit tödlichen Konsequenzen.

Darsteller
Andrew Garfield («The Social Network») ist Eddie Dunford
Eddie Marsan («Criminal Justice») ist Jack Whitehead
David Morrissey («Five Days») ist Maurice Jobson
Peter Mullan («The Fixer») ist Martin Laws
Sean Bean («Der Herr der Ringe») ist John Dawson
Cathryn Bradshaw («Suburban Shootout») ist Marjorie Dawson
Warren Clarke («The Invisibles») ist Bill Molloy
Anthony Flanagan («Casualty») ist Barry Gannon
Rebecca Hall («The Town - Stadt ohne Gnade») ist Paula Garland
Sean Harris («Five Daughters») ist Bob Graven

Kritik
Das „KinoFestival im Ersten“ präsentiert ab dem 02. Januar 2011 eine neue außergewöhnliche TV-Filmreihe aus Großbritannien. Basierend auf der vierteiligen Romanreihe von David Peace wurde im Jahr 2009 eine Filmtrilogie geschaffen, die sich mit der über Jahre währenden Mordserie des „Yorkshire Rippers“ alias Peter William Sutcliffe beschäftigt. Dieser sitzt noch heute für seine Taten im Gefängnis. Es wird geschätzt, dass wenigstens 13 Morde an Frauen auf sein Konto gehen. Drehbuchautor Tony Grisoni («Fear and Loathing in Las Vegas») adaptierte die vierteilige Romanvorlage von Pearce für die Filmfassung und Julian Jarrold («Geliebte Jane») führte beim Auftakt «1974» Regie.

Doch gerade der erste Teil der Thrillerserie, der sehr düster und bedrohlich daherkommt, beschäftigt sich noch sehr wenig mit den eigentlichen Mordfällen. Es geht vielmehr um die Intrigen und Machenschaften der nordenglischen Upperclass und die Brutalität und Bestechlichkeit im Polizei- und Behördenapparat. Die Mordserie dient quasi als grobes Gerüst, das erst in den weiteren Teilen zusammengesetzt wird.

Beachtlich bei der Verfilmung ist die schonungslose Darstellung der damals vorherrschenden Brutalität. Im Stile des Neo-Noir, einer Weiterführung der in den 1940ern vorherrschenden Film-Noir-Gattung, wird ein abgründiger und aufs Äußerste getriebener, realistischer Blick auf die Gesellschaft als solches und die in ihr um sich greifenden Sündenpfuhle Wahnsinn, Gewissenlosigkeit und Perversion geworfen. Für den Zuschauer einerseits fast unerträglich, andererseits aber auch mit nicht von der Hand zu weisender Faszination anzusehen. Im Laufe des Films wird sich dieser Sumpf aber immer mehr zuspitzen und die unkonventionelle Erzählweise wird immer weiter auf die Spitze getrieben, dass spätestens zur Mitte des Films Lust und Laune des gemeinen Zuschauers zum Dranbleiben verflogen sein dürften.

Erschwerend kommt auch noch hinzu, dass die Bilder des Erstlings sehr unscharf, grau und trist gehalten sind, die Schnittfolge zum Teil sehr verwirrt und einen roten Faden zeitweise auch vermissen lässt. Da ist es dann nicht verwunderlich, dass solch eine Kritikerperle vorsichtshalber im Nachtprogramm versteckt wird. Ein größeres Publikum wäre der Reihe auch auf prominenterem Sendeplatz sicher verwehrt geblieben.

Was man als nicht einschaltender Zuschauer aber verpasst, ist eine großartige schauspielerische Leistung, die bei den sehr überzeugenden Hauptdarstellern Andrew Garfield, Sean Bean und Rebecca Hall anfängt, sich aber auch bis in die kleinste Nebenrolle fortsetzt. Mit viel Authentizität, Ausdrucksstärke und eingebettet in ein tolles Setdesign – da kann so mancher Charakterdarsteller aus dem Vollen schöpfen.

Bildgewaltig, krass und unkonventionell – für Filmliebhaber der etwas andere Blick auf die nordenglischen Gesellschaftsverhältnisse in den 1970ern und 80ern.

Das Erste zeigt «Yorkshire Killer 1974» am Sonntag, den 02. Januar 2011, um 23:30 Uhr.
01.01.2011 10:00 Uhr  •  Torben Gebhardt Kurz-URL: qmde.de/46744