Die Kritiker: «Alles was recht ist: Sein oder Nichtsein»

Story
Die frisch verheiratete Lena Kalbach hat ihr Richteramt niedergelegt und sucht neue Herausforderungen an der Seite ihres Ehemanns und Kollegen Friedrich Gross. Das Paar plant die Eröffnung einer gemeinsamen Kanzlei, doch unterschiedliche Berufsauffassungen werden dabei schnell zum Problem. Hinter ihrem Rücken übernimmt Friedrich die lukrative Rechtsberatung für Lenas Erzfeind, Domvikar Grossmann. Um den finanziell interessanten Auftrag nicht zu gefährden, tritt Friedrich sogar wieder in die katholische Kirche ein. Wutentbrannt eröffnet Lena ihr eigenes Anwaltsbüro. Die Zeiten für freischaffende Juristen sind jedoch hart, und so kann Lena bei ihren Mandanten nicht wählerisch sein.

Durch die Vermittlung ihrer Tochter Nike, die als Staatsanwältin arbeitet, erhält sie überraschend einen Job, den sie sich nie hätte träumen lassen. Der katholische Pfarrer Lukas Schloss hat 30.000 Euro aus der Spendenkasse des Doms veruntreut und sitzt in Untersuchungshaft. Lena vermutet, dass der Geistliche erpresst wurde, und übernimmt seine Verteidigung. Dabei findet sie heraus, dass der sympathische Priester aus edlen Motiven handelte. Lenas Gerechtigkeitssinn erwacht: Sie muss verhindern, dass Lukas exkommuniziert wird, doch ausgerechnet Friedrich, als Anwalt mit allen Wassern gewaschen, vertritt die Gegenseite. Lena unterbreitet ihrem Mann und dem überraschten Domvikar ein Angebot, das beide nicht ablehnen können. Für Gerichtspräsident Kästle, der bei diesem Kuhhandel gezwungenermaßen die Hauptrolle spielt, geht es buchstäblich um Sein oder Nichtsein.

Darsteller
Michaela May («Vier Tage Toskana») ist Dr. Lena Kalbach
Götz Schubert («Das Sams») ist Friedrich Gross
Anna Schudt («Mama arbeitet wieder») ist Dr. Nike Reichert
Helmfried von Lüttichau («Der letzte Bulle») ist Dr. Kästle
Harald Schrott («Ein starker Abgang») ist Lukas Schloss
Karl Kranzkowski («SOKO Stuttgart») ist Domvikar Bruno Grossmann
Maurice Engst («Kinder des Sturms») ist Emanuel Reichert
Anna Hausburg («Annas Geheimnis») ist Klara Reichert
Holger Kunkel («Hitlerjunge Salomon») ist Kommissar Hungerbühler
Jens Wassermann («Das Leben der Anderen») ist Priester Michael Wüst

Kritik
Im Jahr 2007 ließ das Erste den Spielfilm «Alles was recht ist» produzieren und ging nach guten Quoten schnell in die lose Serienproduktion über: Die Geschichte der Richterin Lena Kalbach, die von Frankfurt am Main nach Fulda versetzt wurde und fortan bei der Familie ihrer Tochter und Staatsanwältin Nike lebt, schlachtete man frohen Mutes weiter aus, indem man Familiengeheimnisse, schale Tragödien, die Suche nach der großen Liebe und den steten Kampf um die Gerechtigkeit in 90-minütige Feel-Good-Movies presste. Auch der nunmehr vierte Teil mit dem Untertitel «Sein oder Nichtsein» setzt auf bekannte Klischees und verkauft den Zuschauern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens mit unverschämter Gleichgültigkeit eine rundgelutschte Kleinstadtidylle.

Lena Kalbach ist mittlerweile verheiratet und hat das Richteramt aufgegeben, um mit ihrem Ehemann Friedrich Gross eine eigene Anwaltskanzlei zu gründen. Dass dieses Vorhaben kurz vor der Pensionierung nicht nur eine finanzielle, sondern gar eine durch und durch grobe Dummheit ist, erkennt Kalbach noch selbst - doch dass das Ausmaß ihrer Entscheidung offenbart sich ihr erst, als ihr Mann einen Auftrag an Land zieht, der ihrem moralischen Empfinden bitter aufstößt. Flugs überklebt sie das gemeinsame Firmenschild und gründet im Nachbarbüro ihre eigene Kanzlei, um im Folgenden die Gegenseite ihres Mannes zu vertreten - und als ob das noch nicht unglaubwürdig genug wäre, ist das Fräulein Töchterchen auch noch Staatsanwältin und versammelt die Familiensippe im Gerichtssaal zum fröhlichen Stelldichein.

Nicht nur ist es fragwürdig, warum eine derartige Produktion in der Vergangenheit mit derart vielen Zuschauern gesegnet war, dass sie fortgeführt wird, es ist auch äußerst bewundernswert, mit welcher Unverfrorenheit die Autoren Hermann Kirchmann und Georg M. Oswald dem Zuschauer eine heile und naive Welt auf die Nase binden, in der Finanzen, Gesetze und menschliche Logik außer Kraft gesetzt werden. Der von Sonne, warmen Farben und unwichtigen Konflikten dominierte Spielfilm ist dabei durchaus gut produziert, die Schauspielleistung im Rahmen des Films ist solide und die Außenaufnahmen könnte man ohne Bearbeitung als Postkartenmotive verkaufen. Gleichzeitig ist «Alles was recht ist: Sein oder Nichtsein» inhaltlich aber so verdammt banal, nichtssagend und irrational, dass sich sogar die eigenproduzierten Sat.1-Romantikkomödien noch ein Stückchen Unbedeutendheit abschneiden könnten. ARD Degeto sei Dank, wird der halbwegs intelligente Zuschauer am Donnerstagabend nach Alternativprogramm Ausschau halten müssen.

Das Erste zeigt «Alles was recht ist: Sein oder Nichtsein» am Donnerstag, den 20. Januar 2011, um 20:15 Uhr.
18.01.2011 15:19 Uhr  •  Jakob Bokelmann Kurz-URL: qmde.de/47143