Die Kritiker: «Der Verdacht»

Story
Die deutsche Ingenieurin Maja Reichardt wird in einer Ferienanlage in Namibia von der Polizei in Gewahrsam genommen und zum Schauplatz einer Tragödie geführt: Ihr Ehemann Hanno ist mit seinem Wagen bei einem Unfall in der Wüste ums Leben gekommen. Maja gerät ins Zentrum polizeilicher Ermittlungen, die von Kommissar Pienaar geleitet werden.
Hat die Frau, die offenbar unter Verfolgungswahn leidet, etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun? Maja hat nur zwei Stunden Zeit, um Kirsten Buresch, Angestellte der deutschen Botschaft in Windhoek, von ihrer Unschuld zu überzeugen und so der Festnahme durch die namibische Polizei zu entgehen.

Rückblickend erzählt Maja von ihrer Ankunft und dem Aufenthalt in Namibia: Maja und Hanno leiten in Berlin gemeinsam ein Büro für Umwelttechnologien und bereiten eine Projekt-Präsentation in Namibia vor. Besonders Hanno arbeitet bereits seit Monaten an den Entwürfen und hofft auf den Zuschlag für den Auftrag im Ausland. Die Präsentation führt das Ehepaar gemeinsam nach Windhoek, die Hauptstadt Namibias. Zu ihrer Überraschung taucht dort auch Achim auf, ein Kollege aus Deutschland, der sich ebenfalls um den Auftrag beworben hat.

Die Reise entwickelt sich für Maja zum Albtraum: Nach einem Überfall in Windhoek ist Maja davon überzeugt, dass der Angreifer sie vorsätzlich töten wollte und dass sie verfolgt wird. Doch weder Hanno noch Kommissar Pienaar von der namibischen Polizei und die eingeschaltete deutsche Botschaftsangestellte Kirsten Buresch glauben ihr. Alle gehen davon aus, dass es sich um einen gewöhnlichen Überfall auf eine Touristin handelt. Trotz Bedenken um ihre durch den Überfall angeschlagene Gesundheit, verlassen Maja und Hanno Windhoek und machen sich auf den Weg an die Küstenregion um Swakopmund, wo das Projekt realisiert werden soll.

Doch auch dort fühlt Maja sich nicht sicher. Nur zu der jungen deutschen Ärztin Laura Steinborn, die Maja nach einem Schwächeanfall versorgt und mit der sie sich anfreundet, hat die immer verzweifelter um ihren Verstand ringende Frau Vertrauen. Leidet sie unter Verfolgungswahn oder ist sie tatsächlich Opfer einer Verschwörung, die ihren Tod zum Ziel hat?

Darsteller
Christiane Paul («Die Welle») ist Maja Reichardt
Hans-Jochen Wagner («Alle Anderen») ist Hanno Reichardt
Mina Tander («Zeiten ändern dich») ist Laura Steinborn
Ina Weisse («Doktor Martin») ist Kirsten Buresch
Pierre Besson («Das Geheimnis im Wald») ist Achim Borchert
Thomas Lawinky («Elf Onkel») ist Martin Kuhn
Bjarne Henriksen («Fräulein Stinnes fährt um die Welt») ist Pienaar

Kritik
Aufgrund der dramaturgischen wie konzeptionellen Ausrichtung der ZDF-Montagsfilme im Allgemeinen ist die Auflösung von «Der Verdacht» leider schon von vornherein klar. Der Zuschauer ist sich von Anfang an bewusst, wie sich der Konflikt um die Glaubwürdigkeit von Maja Reichardts Aussage im deutschen Konsulat entwickeln wird, weswegen sich der von Drehbuchautor Bernd Lange angestrebte «Vertigo»-Effekt leider nicht einstellt. Das ist nicht die Schuld dieses Films, schmälert seinen möglichen Genuss jedoch ungemein, da jede Art von Spannungsaufbau eigentlich von vornherein vergeblich ist.

Trotz der interessanten, durch und durch nichtlinearen Erzählstruktur (immerhin ursprünglich ein Element der Avantgarde) und des stets stimmigen „Splitting of Information“ hat «Der Verdacht» jedoch einige dramaturgische Probleme. Der Spannungsaufbau mag nicht nur wegen des oben beschriebenen Phänomens nicht recht gelingen, sondern auch wegen einer Vielzahl von Fehlern im Drehbuch. So kommt in der laienhaften und äußerst zähen Exposition nur sehr langsam ein wirkliches Angstgefühl auf. Es hätte deutlich bessere Lösungen gegeben, als die üblichen Tiefgaragen- und Aufzugsszenen abzuspulen.

Im weiteren Verlauf häufen sich dann die dramaturgischen Fallen, in die das Drehbuch tappt. Denn man verheddert sich zu sehr in den Beziehungskonflikten der Reichardts, die für das Handlungskonstrukt zwar notwendig sind, aber leider nur auf eine sehr triviale Weise erzählt werden. Das schadet ungemein, geht hier doch sehr viel Drive verloren, den ein Psychothriller unbedingt brauch. Da hilft es dann auch nichts, den Plot nach Südostafrika zu verlegen. Immer wieder wird Zeit geschindet, etwa mit einer unheimlich langen wie sinnlosen Bergaufstiegsszene. Der Zweck heiligt hier jedes dramaturgische Mittel.

Teilweise kommt es auch dazu, dass die Figur der Ermittlerin Kirsten Buresch spannender und interessanter ist, als die der eigentlichen Hauptprotagonistin Maja Reichardt. Erstere hätte daher mehr in das Zentrum des Films rücken müssen und der Konflikt um die (Un-)glaubwürdigkeit von Maja Reichardts Aussage, der sich in den Szenen ihres Gesprächs mit Buresch manifestiert, hätte deutlich detaillierter und nuancenreicher dargestellt werden können. Dies wäre um einiges interessanter gewesen als der ständige Beziehungspathos.

Und auch wenn Christiane Paul in diesem Film sehr gut spielt, so ist ihr Ina Weisse in sämtlichen Szenen überlegen. Es ist daher außerordentlich schade, dass man hier nicht mehr von ihr sieht. «Der Verdacht» von Regisseur Matti Geschonneck ist somit ein Film mit einer außergewöhnlichen Prämisse und Ästhetik (Kamera: Martin Langer), der sich jedoch heillos in dramaturgischen Trivialitäten verheddert.

Das ZDF zeigt «Der Verdacht» am Montag, den 24. Januar 2011, um 20.15 Uhr.
23.01.2011 09:00 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/47211