Sky-Programm-Boss: ‚Es gab selten mehr Sendeplätze für Serien‘

Ein Ausblick auf das Jahr 2011 mit dem Sky- Deputy Senior Vice President Programming, Marcus Ammon. Auf welche Serien freut er sich besonders? Welche Formate sieht er als Nachfolger von «24» und «Lost» und wie wichtig wird 3D?

Lassen Sie uns kurz auf das Fiktion-Jahr 2010 bei Sky zurückblicken – mir fallen da einige Highlights ein. Welches waren für Sie die Höhepunkte des Jahres?
Ende Dezember zeigten wir mit «Ice Age 3» an Weihnachten den ersten Blockbuster überhaupt gleichzeitig in SD, HD und 3D. Eine Woche zuvor erlebten unsere Abonnenten den Filmklassiker «Sissi» als weltweit erstes Publikum in echtem HD. Eine aufwändige Bearbeitung des Original Filmmaterials machte das möglich. Und am 1. Dezember starteten wir mit Sky Christmas HD in die Adventszeit, den ersten designierten Weihnachtssender Deutschlands und Österreichs. Als weitere Top-Highlights in diesem Jahr möchte ich das Serienfinale der Erfolgsserie «24» nennen sowie die Produktion der weltweit ersten Talkshow in 3D, bei der sich kein Geringerer als «24»-Star Kiefer Sutherland die Ehre gab. Natürlich fallen mir noch Blockbuster wie «Avatar», «Quantum of Solace» und «Hangover» oder Serien wie «Dexter», «NCIS» und «True Blood» ein, aber das sind Inhalte, die bei uns schon fast zur Normalität gehören.

2010 war in den deutschen Kinos das Jahr der 3D-Filme. Zahlreiche große Blockbuster liefen dreidimensional. Am 2. Weihnachtsfeiertag haben Sie „Ice Age“ sowohl in 2D, als auch in 3D gezeigt. Ist das die Zukunft?
Was manche als Zukunft bezeichnen, wird bei Sky bereits gelebt. Denn während andere Sender gerade HD entdecken, haben wir mit Sky 3D Deutschlands ersten 3D Sender aus der Taufe gehoben. Experten-Prognosen sagen, dass in Deutschland bis 2015 acht Millionen 3D Fernsehgeräte verkauft sein werden und wir werden als Vorreiter dazu die attraktivste Programmlösung anbieten.

Zum Thema Serien: Zu Ende gingen hier beispielsweise die hochklassigen US-Serien «Lost» und «24» – in den USA sind hierfür noch keine wirklichen Nachfolger gefunden worden. Sehen Sie welche?
Das Außergewöhnliche an «Lost» und «24» war doch, dass beide Serien entweder durch eine originelle Machart oder eine außergewöhnliche Story das Seriengenre revolutioniert haben. Dasselbe macht heute «Mad Men» durch seinen innovativen Retro-Look, «The Walking Dead» und «Dexter» durch eine polarisierende Grundstory und zum Beispiel die Musical-Serie «Glee», die in erfrischender Weise Leichtigkeit mit Tiefgründigkeit verbindet. Serien dieser Art sind für mich die neuen «Losts» und «24s». Was dagegen noch nie funktioniert hat, ist der Versuch, eine Serie wie «24» oder «Lost» zu kopieren. Diese beiden Serien hatten auch keine Vorgänger.

Da haben Sie wohl recht. In den USA gestartet ist beispielsweise das Format «The Event» – auch wenn die Quoten rückläufig sind, dürfte eine komplette Staffel hergestellt werden. Ist das was für Sky?
«The Event» ist eine aufwändig produzierte Mystery-Serie, die durch eine ungewöhnliche Handlung und vor allem unkonventionelle Erzählstränge fasziniert: Sehr viel Handlung findet in Rückblenden statt, aufgeworfene Fragen in einer Episode werden oft erst in der nächsten beantwortet etc. Die Machart erinnerte mich etwas an «Flash Forward», der vielversprechendsten Serie aus der letzten TV-Saison. Das war eine super gemachte und mit Joseph Fiennes top besetzte Serie, die meines Erachtens aber zu stark versucht hat, "das neue «Lost»" zu sein. Und wie ich vorher bereits sagte, haben es Serien oft schwer, wenn sie auf einen bereits erfolgreich gewesenen Trend aufspringen - «Lipstick Jungle» wurde auch nie das neue «Sex and the city». Wir haben «The Event» zunächst nicht auf der Agenda.

Im Free-TV tun sich neue US-Serien derzeit etwas schwerer, Neustarts holen nicht mehr die Top-Quoten. Möglicherweise klingt der US-Trend langsam etwas ab. Ist das ein Problem oder eine Chance für Sky?
Ihre Frage erstaunt mich, denn ich beobachte im Free-TV keineswegs ein Abklingen des US-Serientrends. Im Gegenteil: Selten gab es mehr Sendeplätze für Serien wie heute. Schauen Sie sich nur den neuen Samstagabend bei Sat.1 an oder die Serieninitiative von ZDF neo. Und auch bisher eher unauffällige Sender wie Super RTL, auf dem «Glee» läuft, versuchen sich mit mit Serien neu zu positionieren. Für unsere Kunden gibt es jedoch die bessere Botschaft: Wer amerikanische Serien mag, übrigens oftmals auch wahlweise in der Originalsprache, ohne Werbeunterbrechungen, der bekommt bei uns jederzeit die Top-Produktionen geboten.

Aktuell zeigen Sie die fünfte «Supernatural»-Staffel montags. Auch eine neue «Dexter»-Staffel wird wohl nächstes Jahr wieder auf Sky folgen. Welche Formate haben Sie bei Sky Cinema noch vorab?
Es ist nicht geplant, aus Sky Cinema einen Serien-Sender zu machen. Unsere Serien-Erstausstrahlungen werden in 2011 auf Sky Cinema Hits bzw. Sky Cinema Hits HD präsentiert. Premieren finden aber auch auf unseren Partnersendern Fox, 13th Street, TNT Serie, RTL Crime und Syfy statt. Und mit vereinten Kräften decken wir Hollywood-Serien besser ab als jeder andere Anbieter.

Beschränken Sie sich bei der Suche nach neuen Formaten auf den US-Markt oder haben Sie vielleicht auch in England oder in skandinavischen Ländern interessierte Formate gefunden?
Wir sind mit allen Ländern in regelmäßigem Austausch. England und Skandinavien sind da sehr interessante Märkte. Unseren Zuschauern empfehle ich zum Beispiel die britische Serie «Ashes to Ashes», deren 2. Staffel am 13. Januar startete und deren 3. Staffel am 16. Februar auf Fox anläuft.

TNT Serie hat einige Highlights angekündigt: Neue Folgen von «Friday Night Lights», «Boardwalk Empire» - auf welche Serien freuen Sie sich hier 2011 besonders?
Persönlich werde ich auf jeden Fall einschalten, wenn am 2. Februar «Boardwalk Empire» auf TNT Serie anläuft, eine HBO-Serie mit Steve Buscemi in der Hauptrolle, die sich um Mafiosi, Glücksspiel, Prostitution, Prohibition und ganz viel Crime im Atlantic City der 20er Jahren dreht. Ein Kollege von Ihnen hat geschrieben, dass Martin Scorsese mit dieser Serie das Kino ruinieren könnte. Ich weiß nicht, ob man so weit gehen kann, Fakt ist aber, dass es sich um den erste Scorsese handeln wird, der nicht im Kino startet, sondern exklusiv bei uns. Und das ist spektakulär!

Thema HD: In Sachen Serien ist Sky hier nicht Vorreiter, denn Formate wie «Mad Man» oder auch «Two and a Half Men» laufen nur in SD. Kabelnetzbetreiber speisen TNT Serie HD und FOX HD längst ein. Wird sich 2011 in diesem Bereich etwas tun?
Wir haben bereits im Januar 2006 mit der HD-Ausstrahlung der Monumentalserie «Rome» in diesem Bereich Geschichte geschrieben. Außerdem waren wir die ersten, die «24» in Deutschland in HD -Qualität gezeigt haben, noch weit vor Bluray-Release. Und momentan haben wir mit «Dexter» und «Supernatural» zwei weitere weltweite Serienerfolge in echtem HD im Programm. Ich würde uns also durchaus auch im Serienbereich als HD-Vorreiter bezeichnen. Sky ist und bleibt mit 12 Sendern deutscher Spitzenreiter in Sachen HD-Fernsehen.

Können Sie denn in etwa abschätzen, wie viele Blockbuster 2011 auch in 3D ausgestrahlt werden?
Für konkrete Zahlen ist es leider verfrüht - Ich kann Ihnen aber sagen, dass wir mit allen wichtigen Lizenzgebern in Verhandlungen stehen, um 2011 eine hochwertige Versorgung mit Spielfilmen in 3D sicherzustellen.

Es gibt zahlreiche deutsche Filme, die in den Kinos ordentlich liefen, aber eben keine Megahits sind wie «Zweiohrküken». Planen Sie Sky Cinema möglicherweise auch mehr für solche Projekte zu öffnen? BSkyB hat einen solchen Kanal, der ein bisschen vom Mainstream weggeht.
Sky bietet bereits ein unvergleichbares Angebot an deutschen Spielfilmen, übrigens hatten wir auch «Zweiohrküken» im Programm. Wir bieten momentan bereits zehn Sender an, die deutsche Filme aus allen Jahrzehnten zeigen. Deshalb ist es derzeit keine Priorität, einen eigenen Sender für ausschließlich deutschsprachige Spielfilme anzubieten, doch wir entwickeln unser Portfolio ständig. 2010 haben wir unter anderem «Hilde» und «Das weiße Band», «Maria, ihm schmeckt's nicht» , «Männerherzen» und «Männersache», «Im Winter ein Jahr» und «Phantomschmerz», «Effi Briest» und «Die Perlmutterfarbe» gezeigt, um nur ein paar zu nennen.

Herr Ammon, vielen Dank für das Gespräch.
23.01.2011 09:54 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/47224