Serien-Update: «The Event»

Nach vielversprechendem Start wies die Mysteryserie einige Mängel auf, die an der Glaubwürdigkeit der Erzählung nagen, und verlor viele Zuschauer.

Als «The Event» im September startete, wurde den Zuschauern eine Pilotfolge geboten, die nicht gerade viel Konkretes über die eigentliche Handlung der Serie offenbarte, aber viele interessante Storyelemente anriss und vor allem durch ihre hochgradig nicht-lineare Erzählform zu faszinieren wusste. Leider kann die Serie bislang die geschaffenen Erwartungen nicht erfüllen.

Die Komplexität der Handlung verflachte schnell in mehreren parallel erzählten Handlungsbögen, die kaum miteinander verknüpft sind. So wurde um Sean, den zentralen Charakter der Serie, ein klassischer Thrillerplot um Entführungen und Flucht vor dem Gesetz installiert, der mit den etwas uninspirierten mysteriösen Ereignissen im Hintergrund lange kaum Berührungspunkte aufwies und Sean größtenteils komplett im Dunkeln tappen ließ. Was an Mythologie bislang geboten wurde, will außerdem bislang einfach kein großes Ganzes ergeben. Zudem wurde der nicht-lineare Stil, der die Serie zu Beginn aus der Masse der Neustarts hervorhob, schnell reduziert und mittlerweile komplett gestrichen.

Was es einem bei «The Event» zudem erschwert dran zu bleiben in der Hoffnung, die Geschichte könnte demnächst endlich mal auf den Punkt kommen, sind die produktionstechnischen Standards. Für eine Serie, die NBC als Aushängeschild der neuen Saison präsentierte, sind die Spezialeffekte ziemlich schwach. Auch schauspielerisch spielt die Serie nicht in der ersten Reihe mit. So dürfte Sarah Roemer zwar den ein oder anderen männlichen Zuschauer vor den Fernseher locken, mit ihrer erschreckenden Unfähigkeit, dramatische Szenen zu spielen aber auch schnell wieder verscheuchen.

«The Event» war NBCs große Hoffnung, mit einer neuen Hitserie die katastrophale vergangene Saison vergessen zu machen, doch diese Hoffnung hat sich mittlerweile zerschlagen. In nur zwei Monaten verlor die Serie über die Hälfte ihres Publikums, das die Pilotfolge noch zu einem der erfolgreichsten Neustarts gemacht hatte. Die Zukunft sieht düster aus: Sollte «The Event» keine überraschende Kehrtwende gelingen, ist eine Verlängerung über die ersten 22 Episoden hinaus illusorisch. Auch wegen dieser Unsicherheit hat sich bislang kein deutscher Sender für die Serie gefunden.



Der Hintergrundgeschichte einer Mystery- und Verschwörungsserie sollte man sicherlich Zeit geben, sich zu entfalten und nicht verlangen, dass direkt in den ersten Episoden alle Geheimnisse und die Motive aller Figuren offengelegt werden. «The Event» scheitert aber bislang daran, überhaupt keine validen Eckpfeiler aufzustellen. Vieles aus dem Pilotfilm scheint vergessen oder nebenher abgehandelt: Reichte wirklich die Drohung, seinen Töchtern etwas anzutun, um Michael zum Kamikazeflug zu überreden? Und was ist nun eigentlich mit dem titelgebenden "Event", das seit der ersten Folge gar nicht mehr zur Sprache kam?

Vieles an dem Plot, der sich selbst als großes TV-Ereignis feiert, kommt zudem seltsam vertraut vor. Mussten es ausgerechnet schon wieder Außerirdische sein - natürlich sofern die Macher nicht noch eine überraschende Kehrtwende aus dem Hut zaubern. Brauchte es ausgerechnet die paranoide Journalistin, die den Aliens auf der Spur ist? Und der Altersprozess, der sich via Injektion binnen Sekunden abspielt, wird leider auch in seiner x-ten Reinkarnation nicht weniger lachhaft. So etwas erwartet man eher in einer humorvoll überspitzten Serie wie «Eureka». Humor gehört allerdings nicht zum Konzept von «The Event».

Es sind vor allem die vielen großen und kleinen Unglaubwürdigkeiten, die es schwer machen, sich in die Serienwelt einzufinden. Die Autoren machen es sich viel zu einfach, den Aliens, die immerhin einst ohne Hab und Gut von ihrer Absturzstelle fliehen mussten, immer die Technologie anzudichten, die gerade für den großen Knalleffekt gebraucht wird. Besonders ärgerlich war die gezielt konstruierte Krankheit, mit der Thomas den Präsidenten erpresst hat. Aber auch dass mit heutiger Technologie Wurmlöcher erzeugt werden und von einer "überlegenen Mathematik" die Rede ist, nagt an der Glaubwürdigkeit. Die Tatsache, dass die Aliens fast menschliche Physiologie aufweisen, wirkt bislang auch mehr Budget- als inhaltlichen Gründen geschuldet.

Dialoge und Inszenierung weisen ebenso immer wieder eine ziemlich schludrige Arbeit auf, der der letzte Schliff fehlt. Wenn Sean bei der Suche nach vermissten Mädchen in einer Nervenheilanstalt die Aussage eines Patienten, er habe eben solche Mädchen gehört mit einem "Hör' nicht auf den, der ist doch verrückt!" abstempelt, möchte man als Zuschauer beide Hände vors Gesicht schlagen. Oder auch wenn er wenig später beim nächtlichen Einbruch eine Tür am lautstarken Zufallen hindert, um sie wenige Sekunden später in Hörweite der Wache doch ins Schloss fallen zu lassen und so gebückt vor der Rezeption entlangschleift, dass sein Rücken von dieser aus noch in voller Pracht zu sehen ist - und die Kamera zeigt es auch noch.

Es wäre schon viel erreicht, aus dem bestehenden Gerüst erst einmal das vorhandene Potential auszuschöpfen, die Erzählung zu verdichten und besser zu verankern und die spannenden Elemente, die die Serie zweifellos zu bieten hat, nicht immer wieder durch fahrige Umsetzungen selber einzureißen. Voraussichtlich zwölf Episoden bleiben der Serie, wenn sie Ende Februar zurückkehrt, um zu beweisen, dass sie mehr bieten kann als bislang zu sehen war und um endlich Zuschauer zurückzugewinnen.
09.02.2011 13:00 Uhr  •  Stefan Tewes Kurz-URL: qmde.de/47627