Jack Black auf Reisen

Gullivers Reisen, düstere Vergangenheit und die amerikanische Antwort auf «Shaun of the Dead». Quotenmeter.de stellt die wichtigsten Kinoneustarts der Woche vor.

«Gullivers Reisen»
Es gibt Stoffe, deren kreative (oder oftmals auch weniger kreative) Weiterverarbeitung nie aus der Mode zu kommen scheint. Einer dieser Stoffe ist zweifellos «Gullivers Reisen», der seinen eigentlichen Ursprung in Jonathan Swifts berühmtem Roman hat, welcher erstmals im Jahre 1726 unter dem recht umfassenden Titel «Travels into Several Remote Nations of the World in Four Parts by Lemuel Gulliver, first a Surgeon and then a Captain of Several Ships» veröffentlicht wurde. Bereits mit Beginn des 20. Jahrhunderts nahm die Geschichte der unzähligen Adaptionen im populären Bereich ihren Lauf. Mittlerweile umfasst sie unter anderem zahlreiche gezeichnete und reale Serien und Filme sowie Comics, mehrere Hörspiele und ein Musical. Dass über die Jahre hinweg dabei einiges auf der Strecke bleibt, versteht sich von selbst. Auch der neueste Kinofilm über Gullivers Reisen, der in dieser Woche in den deutschen Lichtspielhäusern startet, basiert nur noch lose auf Swifts ursprünglichem Werk, selbst wenn die Grundidee dieselbe bleibt. Die Handlung wurde jedoch in die Jetztzeit verlegt und beschränkt sich wie viele Adaptionen vor ihr nur auf einen bestimmten Teil der Romanvorlage.

Im Mittelpunkt steht der titelgebende Gulliver (Jack Black), der sein Dasein als Angestellter in der Postabteilung einer New Yorker Zeitung leid ist, würde er doch viel lieber als Journalist arbeiten. Als er sich schließlich dazu durchringt, sein Glück herauszufordern, erhält er mithilfe zahlreicher Lügen doch tatsächlich den Auftrag, zum Bermuda-Dreieck zu reisen und einen Bericht über den berüchtigten Ort zu schreiben. Auf dem Weg dorthin erleidet er jedoch Schiffbruch, woraufhin er an der mysteriösen Insel Liliput angespült wird. Deren winzige Bewohner (u.a. Emily Blunt, Billy Connolly) nehmen Gulliver zunächst gefangen, verehren ihn jedoch bald als Helden, nachdem er sie vor einem feindlichen Angriff gerettet hat. Doch die wahre Prüfung steht dem unbeholfenen Aufschneider erst noch bevor. Für die Inszenierung von Gullivers neuestem Leinwandauftritt, der diesmal auch in (nachträglich aufgepfropftem) 3D zu „bewundern“ ist, zeichnet der US-amerikanische Filmemacher Rob Letterman verantwortlich. Zuvor vor allem im Animationsbereich berühmt geworden (u.a. als Regisseur und Autor von «Große Haie - Kleine Fische» sowie «Monsters vs. Aliens»), ist «Gullivers Reisen» nun sein Debüt als Regisseur eines Live-Action-Kinofilms. Doch auch bei diesem griff Letterman tief in die digitale Trickkiste, um die für die Geschichte essentiellen Größenverhältnisse glaubhaft darzustellen. Ob ihm dies tatsächlich gelungen ist und sich eine Reise mit dem modernisierten Gulliver auch abseits dessen lohnt, verrät Sidney Schering in der Quotenmeter.de-Kinokritik am Freitag.

OT: «Gulliver’s Travels» von Rob Letterman; mit Jack Black, Emily Blunt, Jason Segel, Amanda Peet und Billy Connolly.

«Tucker & Dale vs. Evil»
Bei der unüberschaubaren Vielzahl an filmischen Erzeugnissen, die bislang das Licht der Welt erblickt haben, verliert man inzwischen von Zeit zu Zeit den Glauben an originelle Ideen oder frischen Wind in angestaubten Genres. Doch für ebenjenen versucht nun Regisseur und Autor Eli Craig sehr vielversprechend mit seinem Langfilmdebüt «Tucker & Dale vs. Evil» zu sorgen, indem er ein altbekanntes Schema einfach genüsslich auf den Kopf stellt. Protagonisten der Horrorkomödie sind die etwas verschrobenen, aber herzensguten Freunde Tucker (Alan Tudyk) und Dale (Tyler Labine), die kürzlich eine beschauliche Hütte mitten im Wald erworben haben, wo sie ein Wochenende gemeinsam ausspannen wollen.

Doch die idyllische Ruhe wird schon bald von einer Horde feierwütiger College-Studenten (u.a. Jesse Moss) gestört, welche, geprägt von zu viel Horrorfilmen der Marke «Wrong Turn», die beiden Einheimischen für mordlüsterne Psychopathen halten. Als Tucker und Dale eines der College-Mädchen mit in ihre Hütte nehmen, nachdem sie sie vor dem Ertrinken gerettet haben, sehen sich die Halbstarken in ihrem Verdacht bestätigt und beschließen, mit Gewalt gegen die vermeintlichen Serienkiller vorzugehen. Ähnlich wie seinerzeit Edgar Wright mit der gelungenen Zombiekomödie «Shaun of the Dead» (2004), haben auch Eli Craig und sein Co-Autor Morgan Jurgenson ihren Film gleichermaßen als Hommage und Parodie angelegt. So oder so ist «Tucker & Dale vs. Evil» wohl mehr als nur einen Blick wert.

OT: «Tucker & Dale vs Evil» von Eli Craig; mit Tyler Labine, Alan Tudyk, Katrina Bowden, Jesse Moss und Chelan Simmons.

Auf der nächsten Seite: Mehr zu den Neustarts «Das Lied in mir» und «Die Kinder von Paris».

Gullivers Reisen, düstere Vergangenheit und die amerikanische Antwort auf «Shaun of the Dead». Quotenmeter.de stellt die wichtigsten Kinoneustarts der Woche vor.

«Das Lied in mir»
Bei dem Drama «Das Lied in mir» handelt es sich um den Diplomfilm des Regiestudenten Florian Cossen. Wer dabei nun an einen halbstündigen Experimentalfilm mit unbekannten Gesichtern denkt, irrt gewaltig, ist es dem Nachwuchsfilmer doch gelungen, die gestandenen Mimen Jessica Schwarz («Buddenbrocks», «Romy») und Michael Gwisdek («Der Baader Meinhof Komplex», «Boxhagener Platz») für sein 90minütiges Werk zu gewinnen. In dessen Zentrum steht die deutsche Schwimmerin Maria (Schwarz), die auf dem Weg nach Chile einen Zwischenstopp in Buenos Aires macht. Dort kriegt sie zufällig mit, wie eine Mutter ihrem Kind ein Lied vorsingt, das Maria erstaunlich bekannt vorkommt. Obwohl sie eigentlich kein Wort Spanisch spricht, kann sie den Text mitsingen und wird plötzlich von ihr unerklärlichen Emotionen übermannt.

Daraufhin beschließt sie ihren Aufenthalt zu verlängern und der Sache auf den Grund zu gehen. Als ihr Vater ihr schließlich nachreist, offenbart er Maria eine schockierende Wahrheit. Damit widmet sich Cossen im Rahmen der tragischen Familiengeschichte, die er bereits vor fast zwei Jahren tatsächlich in Buenos Aires gedreht hat, schließlich auch einem schweren Kapitel der argentinischen Vergangenheit. Der Lohn waren Lob von vielen Seiten und mehrere Auszeichnungen auf verschiedenen kleineren Festivals. Ab Donnerstag können sich die deutschen Kinozuschauer in ausgewählten Lichtspielhäusern schließlich selbst von der Qualität der Diplomarbeit Cossens überzeugen.

OT: «Das Lied in mir» von Florian Cossen; mit Jessica Schwarz, Michael Gwisdek, Rafael Ferro, Beatriz Spelzini und Alfredo Castellani.

«Die Kinder von Paris»
Auch die französische Filmemacherin Roselyne Bosch, die hierzulande am ehesten noch als Drehbuchautorin von Ridley Scotts «1492 - Die Eroberung des Paradieses» (1992) bekannt sein dürfte, hat sich mit ihrem neuesten Werk «Die Kinder von Paris» einem erschütternden historischen Stoff gewidmet. Angesiedelt ist ihre Geschichte in Frankreich zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, in dessen Verlauf das an die Macht gelangte und mit den Nationalsozialisten sympathisierende Vichy-Regime seine antisemitische Politik mit zunehmender Aggressivität durchsetzte. Aus der Sicht des elfjährigen Jo Weisman (Hugo Leverdez) erzählt Bosch detailliert von der immer stärker um sich greifenden Einschränkung des öffentlichen Lebens für die jüdische Bevölkerung, um schließlich den ganzen Schrecken der verheerenden und brutalen Großrazzia in der Nacht des 16. Juli 1942 auf der Leinwand greifbar zu machen, in der unzählige jüdische Familien verhaftet und ins Pariser Vélodrome d’Hiver abtransportiert wurden. Mit dieser wahren Geschichte dürfte ihr nicht zuletzt dank der Unterstützung talentierter französischer Darsteller wie Jean Reno («Léon - Der Profi», «Die purpurnen Flüsse») und Mélanie Laurent («Inglourious Basterds», «Das Konzert») ein sensibles und authentisches Drama über ein Thema gelungen sein, das in Frankreich lange Zeit als tabu galt.

OT: «La Rafle» von Roselyne Bosch; mit Hugo Leverdez, Mélanie Laurent, Jean Reno, Gad Elmaleh und Raphaëlle Agogué.
09.02.2011 14:55 Uhr  •  Markus Trutt Kurz-URL: qmde.de/47630