ServusTV-Programmchef: 'Vertrashung des Fernsehens fast auf dem Höhepunkt'

Wir sprachen mit dem Programmdirektor von ServusTV über seine Talkformate: Viele Privatsender machten zuletzt schlechte Erfahrungen mit solchen Formaten. Außerdem: Wie deutsch wird ServusTV?

ServusTV ist für ungewöhnliche, qualitativ hochwertige Sendungen und auch für seine Kultur-Formate bekannt. Demnach müssten Sie meine Frage recht leicht beantworten können: Wie steht es denn nun um die Qualität im Fernsehen?
Die Vertrashung des Fernsehens ist fast auf dem Höhepunkt angekommen – auch die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten scheinen davor nicht mehr zurück zu schrecken. Wir glauben daran, dass sich die Fernsehzuschauer wieder nach qualitativ hochwertiger Fernsehkost sehnen. Auf diese Qualität setzt ServusTV in allen Formaten – letztendlich wollen mir dem Programmanspruch von ServusTV auch die Zuschauer wiedergewinnen, die sich bereits vom Fernsehen verabschiedet haben.

Ein privater Sender mit den Themen, die ServusTV angeht: Das erscheint für einige auf den ersten Blick ein Widerspruch zu sein…
ServusTV ist privatfinanziert - hat aber, was die qualitative Umsetzung betrifft, den Anspruch, den die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten früher auch stärker im Fokus hatten. Darüber hinaus ist es durchaus interessant, genau die Werbekunden zu vermarkten, die arte, 3sat und andere Dritte nicht vermarkten können.

Für Aufsehen sorgen immer wieder Ihre Talkformate: Nicht nur die Sportsendung am Montagabend ist auch in Deutschland geschätzt, auch «Talk im Hangar-7» überrascht wieder und wieder mit Themen und Gästen. Neulich diskutierten Sie über Wikileaks – welche Entwicklung hat die Sendung in den vergangenen Monaten durchgemacht?
Der «Talk im Hangar-7» wird seit November letzten Jahres einmal monatlich aus dem FAZ-Gebäude in Berlin gesendet – auch in Hinsicht auf den verstärkten Auf- und Ausbau des Senders im deutschen Markt. Neben prominenten Moderatoren wie Ruprecht Eser und Johannes Willms hat kürzlich Hellmuth Karasek zum ersten Mal moderiert. Für weitere Moderatoren stehen wir in konkreten Gesprächen und auch inhaltlich entwickeln wir den Talk kontinuierlich weiter – beispielsweise durch mehr Zuspieler, Aktualität, Audience Flow mit vorhergehenden Sendungen etc.

Sie sprechen den verstärkten Auf- und Ausbau in Deutschland an. Wie „deutsch“ wird ServusTV denn werden?
ServusTV ist ein Sender für den gesamten deutschsprachigen Raum in Europa. Wir glauben daran, dass unser Sendeschema länderübergreifend in Deutschland, Österreich und der Schweiz seine Zuschauer findet. Durchaus aber auch in den deutschsprachigen Teilen von Slowenien, Kroatien und Italien (Südtirol). Der Alpen-Donau-Adria Raum ist, nicht zuletzt auch wegen der hohen Relevanz für den Tourismus, für eine breite Zuschauergruppe interessant. Seit kurzem strahlen wir über Astra Satellit ein deutsches Fenster aus, um Werbung bei deutschen Unternehmen zu vermarkten.

Eine gute gesellschaftspolitische Talkshow wünschen sich einige Privatsender in Deutschland – doch in der öffentlichen Meinung heißt es, dass so was im Privat-TV nicht funktioniert und man junge Zuschauer mit Politik nicht über Werbeblöcke hinweg retten kann. Sehen Sie das genau so?
Viele Talkshows setzen auf immer gleiche Gäste, gleiche Themen und es werden die gleichen parteipolitischen Phrasen abgespult. Man kann die aktuellen Themen unserer Zeit auch anders inszenieren und durchaus einen Mehrwert für den Zuschauer bieten – und die Gäste ausreden lassen. Übrigens eines der Hauptargumente, das wir als Feedback auf unseren «Talk im Hangar-7» erhalten. Die Gesellschaft scheint durchaus ein Interesse an Diskussionen auf hohem Niveau zu haben. Das sich das etwas langsamer herumspricht und durchsetzt, ist klar. Der Unterschied von ServusTV zu anderen Sendern ist dabei, dass wir uns die Zeit dafür nehmen.

Welche Pläne haben Sie noch mit «Talk im Hangar 7»?
Lassen sie sich überraschen!

Wir danken für das kurze Gespräch und sind in der Tat gespannt.
20.02.2011 09:45 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/47828