Marc Surer: 'Stehen für kompetente und sachliche Vorberichterstattung'

Sky-Formel 1-Kommentator Marc Surer spricht im Quotenmeter.de-Interview über die kommende Saison. Er äußert sich auch zu den Änderungen der Sky-Übertragung und zur Frage, wie intensiv er die Verlängerung des TV-Vertrags zwischen Formel 1 und Sky verfolgt hat.

Herr Surer, wie haben Sie die Formel 1-freie Zeit verbracht?
Ich habe mir die Testfahrten angeschaut. Bei den ersten und letzten Tests war ich direkt vor Ort dabei. Vergangene Woche war ich dann in München und habe neue Ausgaben von „die besten Grand Prix“ vertont. Da habe ich mich gemeinsam mit Jacques Schulz sozusagen auf die neue Saison eingeschossen. Ich lebe ja hauptsächlich in Spanien, habe dort schon seit Jahren ein Haus – auch wegen der Temperaturen. Deshalb war es für mich auch nicht umständlich, mir die Testfahrten in diesem Jahr anzusehen.

Sie haben mit dem Saisonfinale 2010 ihr 250. Rennen kommentiert. Gibt es Rennen, an die Sie sich besonders gut erinnern?
Ja, schon. Auf Anhieb fallen mir da immer die Finalrennen ein. Als Michael Schumacher zum Beispiel zum ersten Mal im Ferrari Weltmeister wurde – damals in Suzuka. Wir haben mit ihm sehr mitgelitten, im Jahr zuvor hatte er sich noch das Bein gebrochen.

Welche Rolle wird das letztjährige Finale in Ihrer Rangliste der besonderen Rennen spielen?
Eine ähnliche. Wir haben da den Beginn einer neuen großen Karriere gesehen. Es war die Geburt eines Stars. Das Finale wird einen ähnlichen Effekt haben, wie der erste Weltmeistertitel von Michael Schumacher. Vettel hat die Voraussetzungen ein ganz Großer zu werden. Er ist sozusagen der Michael Schumacher der Zukunft. Ich kann mich erinnern, dass ich bei den ersten Metern von ihm in der Formel 1 dabei war. Als er dann gleich in der ersten Testrunde an einem Freitag in der Türkei eine Bestzeit fuhr, wusste ich, dass wir hier einen ganz Großen sehen.

Sie haben vor rund einem Jahr das Angebot erhalten, einer der wechselnden Rennkommissare der Formel 1 zu werden. Sie haben sich dann aber für Ihren Job bei Sky entschieden. Fiel Ihnen das schwer?
Ich liebe diesen Job und möchte ihn nicht missen. Rennkommissar zu werden, das hätte mich schon interessiert. Aber das wäre nichts Regelmäßiges gewesen, ich wäre nur ein paar Mal im Jahr zum Einsatz gekommen. Beides geht nun einmal nicht und so fiel mir die Entscheidung wirklich sehr leicht.

Im vergangenen Herbst haben Formel 1-Fans und wohl auch Sie darum gezittert, ob Sky die Übertragungsrechte verlängert…
Ich verstehe die Argumentation von Sky sehr gut. Es ist ganz normal, dass ein Unternehmen wie Sky auslaufende Sportrechte evaluiert. Glücklicherweise ist diese Bewertung der Formel-1-Rechte dann ja auch positiv ausgefallen. Ich will nicht sagen, dass ich gezittert habe, aber ich habe das mit großem Interesse verfolgt. Unsere Stärke bleiben auch in Zukunft die nun sechs frei wählbaren Kanäle. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel unseren „Schwarz-Rot-Gold“-Kanal, der nur das Geschehen der deutschen Fahrer verfolgt. Das Track-Mapping in der neuen Race-Control-Bildoption wird eine ganz wichtige Geschichte sein, denn wir erwarten in dieser Saison viele Boxenstops. Wir bekommen durch diese Kanäle also wieder mehr Exklusivität. Ferner haben wir auch nach wie vor keine Werbeunterbrechungen und garantieren den Motorsport-Fans so das echte Rennerlebnis.

Wühlt man in diversen Foren, dann findet man schnell heraus, dass Ihre Arbeit überaus positiv bewertet wird. Wie wichtig ist Ihnen das?
Ich bekomme auf meine Arbeit meist keine direkten Reaktionen. Ein Rennfahrer bekommt Runde für Runde Feedback, wie gut er war. Er kann es an der Rundenzeit ablesen. Dann fängt man zu kommentieren und hat dieses direkte Feedback eben nicht. Ich freue mich daher über jede sachliche Kritik – egal ob positiv oder negativ. Man muss stets versuchen besser zu werden, um immer gut zu bleiben. Ich habe einige neutrale Beobachter, die mir schon die Wahrheit sagen und mich mal auf gewisse Redewendungen oder dergleichen hinweisen. Ich antworte zum Beispiel auch immer auf Mails, die sich fair und kritisch mit meiner Arbeit auseinandersetzen.

In der kommenden Saison wird es bei Sky minimale Änderungen am Übertragungskonzept geben. Wie wichtig ist es, dass Sie mit Nico Hülkenberg wieder einen festen Experten haben?
Das ist auf jeden Fall wichtig. Jedoch wird Nico nicht den Status eines Sky-Experten haben, uns aber im Rahmen seiner zeitlichen Möglichkeiten als Force-India-Testfahrer regelmäßig bei den Rennen mit seinem Fachwissen unterstützen; ähnlich wie im vergangenen Jahr, als wir mit Nick Heidfeld schon einen sehr guten Experten hatten. Es gibt eine neue Formel 1-Generation. Dazu gehört neben Sebastian Vettel eben auch ein Nico Rosberg oder auch ein Nico Hülkenberg. Deshalb finde ich es schön, dass wir einen Experten haben, der eben für diese junge Generation steht.

Ist er also so ein bisschen das Gegenteil von Nici Lauda?
Die beiden kann und will ich nicht vergleichen. Nico Hülkenberg ist ein junger Rennfahrer, der durch seine Tätigkeit als Testfahrer und regelmäßige Einsätze in den Freitagstrainings ganz nah dran am Geschehen ist. Für seine Einschätzungen und Analysen kommt er quasi direkt von der Strecke, wovon unsere Zuschauer enorm profitieren werden.

So sehr Ihre Arbeit gelobt wird, umso mehr kritischere Stimmen gab es zuletzt zur Vorberichterstattung. Ist die denn in den Jahren schlechter geworden?
Nein, sie ist nicht schlechter geworden. Wir stehen für eine kompetente und sachliche Vorberichterstattung, die wir zur neuen Saison gegenüber dem Vorjahr bei einer Vielzahl von Rennen verlängern werden.

Auf welche Strecken im Rennzirkus freuen Sie sich immer besonders?
Das sind die Strecken mit M. Melbourne, Monaco und Montreal. In Melbourne. Ich freue mich auf den Park in Melbourne mit den großen Seen, da schwimmen in der Mitte dann schwarze Schwäne, es gibt Rockkonzerte – das ist ein Volksfest. Monaco ist immer ein Highlight, weil es so Ungewöhnlich ist – auch wenn die Arbeitsbedingungen dort nicht die Besten sind. In Montreal lebt einfach die ganze Stadt die Formel 1, es gibt Konzerte, Autoausstellungen. Das ist ein Highlight.

Herr Surer, beschreiben Sie zum Abschluss doch noch einmal, wie ein Rennsonntag bei Ihnen vor Ort aussieht?
Wir fahren relativ früh schon zur Strecke, ausschlafen ist also nicht möglich. Oftmals ist die Anreise zur Strecke schon ein wenig schwierig. Gegen 9.15 oder 9.30 Uhr haben wir vor Ort unsere erste Besprechung. Wenn ich im Vorlauf Experte bin, schaue ich mir direkt danach zusammen mit unserem Moderator die Filme an, die wir zeigen wollen. Unter Umständen müssen wir dann noch etwas für die Vorberichte aufzeichnen. Ich versuche am Vormittag immer die Rennen der GP2 und GP3 zu sehen – da sind die künftigen Formel 1-Fahrer dabei. Die Rennserien liegen mir sehr am Herzen. Mittags beginnen dann unsere Vorberichte. Ich war zuletzt immer Experte darin, Jacques sitzt dann bereits oben in der Kabine. Er ist eine Art Rettungsanker, wenn mal die Leitung abrauscht. Nach dem Rennen sitzen wir ebenfalls noch eine Zeit oben in der Kabine, schauen und überwachen die Übertragung und sind ebenfalls wieder Rettungsanker, wenn es Probleme gibt. Oft schauen wir aber auch noch die ein oder andere Szene an und analysieren sie in Ruhe. Man sieht dann Dinge, die einem in der Hektik des Rennens nicht so auffallen. Gegen 17.00 Uhr ist unsere Arbeit vor Ort beendet und dann geht es ab in den Stau.

Vielen Dank und eine schöne Zeit in Australien.
25.03.2011 08:44 Uhr  •  Manuel Weis Kurz-URL: qmde.de/48570