Glenns Gedanken: Gibt es nur entweder «DSDS» oder arte?
Über Unterhaltung & Anspruch - woran es dem deutschen Fernsehen wirklich fehlt.
Es ist eine der ältesten Streitfragen: Was ist wirklich gutes Fernsehen? Für die einen ist eine Show wie «Deutschland sucht den Superstar» das perfekte Entertainment, für die anderen ist sie das ultimative Grauen. Viele Zuschauer betrachten das Fernsehen allerdings nicht als reines Unterhaltungsmedium und erwarten von ihrem TV-Programm stets einen Informations- oder gar Bildungsgehalt. Etwas, das Privatsender so gut wie gar nicht bieten. Im Laufe der Jahre hat sich im Zusammenhang mit der fast schon krankhaften Fixierung auf die Zielgruppe eine große Kluft im Programmangebot des deutschen Fernsehens gebildet.
Während RTL, ProSieben und Co. leicht verständliche Sendungen für schlichte Gemüter zeigen - gerne auch "Verblödungsfernsehen" oder "Hartz IV-TV" genannt - fokussieren sich Sender wie arte und 3sat auf die Hochkultur. Die sogenannten Intellektuellen boykottieren das niveaulose Programm der Privatsender und schwören stattdessen auf ungarische Opern mit russischen Untertiteln, was ihren Ansprüche gerade genügt. ARD und ZDF sind federführend im Nachrichtenangebot, jedoch wirkt der Auftritt der beiden Sender derart altbacken, so dass sie sich ein Publikum mit einem Durchschnittsalter von jenseits der 50 herangezüchtet haben. Und so steht der Zuschauer jeden Abend aufs Neue vor der Wahl: «Deutschland sucht den Superstar» oder «Ägypten - Geburt einer Großmacht»? «Das perfekte Promi-Dinner» oder «50 Jahre Römische Verträge - Der Weg nach Europa»? Kurz: Unterhaltung ODER Anspruch, bzw. Primitivität ODER Langeweile?
Warum müssen es immer die beiden Extreme sein? Sendungen wie «DSDS» oder «Das perfekte Promi-Dinner», bei denen man die Hände über dem Kopf zusammenschlägt und sich fragt "Ist dieses tiefe Niveau denn wirklich notwendig?", können nicht das Höchste der Gefühle sein. Genauso ödet man allerdings den Großteil der Zuschauer mit anspruchsvollen, aber todlangweiligen Malerportraits und Klassikkonzerten an. Ich frage mich schon länger, weshalb die beiden Aspekte Anspruch und Unterhaltung zumeist voneinander getrennt werden, und bin letztendlich zu dem Schluss gekommen, dass es wahrscheinlich die schwierigste Aufgabe und Königsdisziplin für Fernsehschaffende darstellt, beides miteinander zu verbinden, und genau das zu senden, was der Zuschauer am liebsten sehen würde: anspruchsvolles Unterhaltungsfernsehen. Es gibt glücklicherweise ein paar Ausnahmen wie «Zimmer frei» oder auch «Wer wird Millionär», die Anspruch und Unterhaltung unter einen Hut bekommen, doch gerade Primetime-Sendungen, denen dieser Spagat gelingt, lassen sich an einer Hand abzählen. Nicht umsonst stellen Günther Jauch und Thomas Gottschalk die beliebtesten und erfolgreichsten Moderatoren des deutschen Fernsehens dar, weil sie dem einen nicht zu anspruchsvoll, und dem anderen nicht zu niveaulos sind. Anders gesagt: Um die Qualität des deutschen Fernsehens zu verbessern, darf sich das Programmangebot weniger in Sendungen für Kleingeister und Hochbegabte aufteilen, sondern muss stattdessen wieder mehr die gesellschaftliche Mitte bedienen.