Die Kritiker: «Liebe deinen Feind»

Inhalt
Nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht, in einer Zeit zwischen Krieg und Frieden, in der die Vergangenheit nur Grauen birgt und eine Zukunft nicht mehr denkbar scheint, ist auch Liebe kaum mehr möglich. Und dennoch gibt es sie - als heimliche Liebe.

Gesa, eine deutsche Sanitätshelferin, und der ehemalige Wehrmachtsoffizier Friedrich sind im Sommer 1945 durch dicken Stacheldraht und das kalte Wasser der Nordsee voneinander getrennt. Die britische Besatzungsarmee hat ihre zentrale Verwaltung auf einer vom Festland abgeriegelten Halbinsel eingerichtet. Die ehemalige Krankenschwester Gesa arbeitet hier in der Wäscherei. Friedrich ist als Kriegsgefangener auf dem Festland interniert. Trotzdem wagen beide heimliche Treffen im hohen Dünengras der Halbinsel.
Doch dann lernt Gesa Simon kennen und lieben, einen britischen Offizier deutscher Herkunft. In der Nacht, in der Gesa Friedrich von ihrer neuen Liebe beichten will, kommt es zu einem schicksalhaften Zwischenfall: Gesa und Friedrich werden schuldlos in den Mord an einem englischen Soldaten verstrickt. Friedrich gerät unter Mordverdacht. Ihm droht die Todesstrafe. Als Captain Simon mit der Aufklärung des Verbrechens beauftragt wird, ahnt er nicht, dass es sich bei Friedrich um den Verlobten seiner Geliebten handelt. Einzig er könnte Friedrich retten. Er erfährt schließlich von Gesas Liebe zu dem Verurteilten und muss sich nun zwischen Eifersucht und seinem Gewissen entscheiden.

Darsteller
Katharina Wackernagel («Contergan») ist Gesa
Benjamin Sadler («Contergan») ist Simon
Stephan Kampwirth («Der Mann auf der Brücke») ist Friedrich
Stefanie Stappenbeck («Polizeiruf 110») ist Elke
Ian Dickinson («2057 - The World») ist Major Healy
Peter Lerchbaumer («Tatort») ist Kasten
Niklas Osterloh («Katie Fforde: Zum Teufel mit David») ist Otto
Hubertus Hartmann («Morgen musst Du sterben») ist Dr. Erich Müller
Eckhard Preuß («Gottes mächtige Dienerin») ist Heinrich
Ulrike Grote («Das geteilte Glück») ist Monika
u.a.

Kritik
Vor dem Hintergrund der Besetzung Deutschlands nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 erzählt «Liebe deinen Feind» eine hochdramatische und folgenschwere Dreiecksgeschichte zwischen einer deutschen Medizinstudentin, einem britischen Offizier und einem deutschen Kriegsgefangenen. Die Geschichte basiert auf einem Drehbuch des ebenfalls an diesem Projekt als Regisseur tätigen Niki Stein («Bis nichts mehr bleibt») und fußt zumindest teilweise auf wahren Begebenheiten. So hat Autor Stein die Erzählungen und Erfahrungen seines Vaters aus dem Internierungslager mit einfließen lassen. Auch die Verortung des Dramas an der deutschen Nordseeküste ist historisch verbrieft.

Begonnen wird der Film als typisches Liebesdrama, in der Gesa zwischen den verfeindeten Offizieren hin- und hergerissen ist. Ein tragischer Zwischenfall lässt die Handlung aber schnell in eine andere – völlig entgegen gesetzte – Richtung driften. Fortan wird mithilfe des tödlichen Ereignisses ein Justizdrama gezeigt, indem Stein sich darin versucht, die unerklärlichen postdiktatorischen Möglichkeiten der deutschen Rechtsprechung und der damit verbundenen Einflussnahme der deutschen Offiziere kritisch auseinanderzusetzen. So wird auch gezeigt, wie das Leben im Internierungslager wohl ausgesehen hat und welche Freiheiten für die eigentlichen Gefangenen noch gegolten haben. Alles in allem hätte sich Stein aber lieber für eine der beiden Seiten entscheiden sollen. Halb Liebes-, halb Justizdrama – nur halbgar und nicht wirklich packend. Und auch nach dem doch recht packenden Finale ein solch emotionales und herzensgutes Finale zu kreieren passt nicht wirklich in den wohl willentlich anprangernden Kontext der Produktion. So muss sich Regisseur Niki Stein auch vorwerfen lassen, das das ganze Geschehen recht behäbig abläuft und nie wirklich ein stimmiges Ganzes wird.

Das ist insofern schade, da dem Film darstellerisch nämlich überhaupt kein Vorwurf zu machen ist, dass der Funke nicht überspringen will. Katharina Wackernagels emotionales Spiel, Benjamin Sadlers zwiegespaltenes Verhältnis zu ihr und das tragische Spiel des Stephan Kampwirths sind gut anzuschauen und überzeugt fast durchweg. Auch die Nebenrollen sind sehr gut besetzt und lassen keine Frage aufkommen an dem Qualitätsanspruch der Produktion. Hoher Standard auch in der Ausstattung für Kostüme und die Bauten. Historisch sehr authentisch, viel Auge für Detail, allerdings auch – dem Handlungsort sei Dank – keine sichtbaren Kriegsschäden und Ruinen.

Liebe und Mord, Tragik und Gerechtigkeit – der Film will viel, schafft es im Endeffekt aber nicht, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Für einen historischen Ausflug in die damalige Zeit in Ordnung, als anklagendes Werk aber zu brav und unausgeglichen geraten. Solide, mehr nicht.

Das ZDF zeigt «Liebe deinen Feind» am Montag, den 18. April 2011, um 20:15 Uhr.
17.04.2011 08:49 Uhr  •  Torben Gebhardt Kurz-URL: qmde.de/49072