Sechs deutsche Sender übertragen aus London, wenn Prinz William seiner Kate Middleton das Ja-Wort gibt. Eine Übersicht des TV-Overkills sowie einige Streitpunkte zum Medienereignis.
Es ist die königliche Hochzeit des Jahres in England: Prinz William, ältester Sohn von der verstorbenen Prinzessin Diana und Prinz Charles, und seine Freundin Kate Middleton schließen am heutigen Freitag, 29. April 2011, den Bund fürs Leben. Gleichzeitig ist die Prinzen-Hochzeit in London aber auch das TV-Ereignis des Jahres – auch in Deutschland. Sechs Sender (!) übertragen die Trauung sowie die Feierlichkeiten live. Das Paar wird vom Weg zum Traualtar bis zum traditionellen Braut-Kuss im Buckingham Palace und darüber hinaus begleitet. Die TV-Sender machen die englische Hochzeit auch hierzulande zum Medienereignis. Die beiden öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten ARD und ZDF, die Privatsender RTL, Sat.1 sowie die Nachrichtensender n-tv und N24 zeigen Live-Bilder aus London. Ohnehin: Die Hochzeit von William und Kate wird in nahezu alle Länder der Welt übertragen. Nach erfolgreicher Generalprobe steht dem royalen Ereignis nichts mehr im Wege. In Deutschland erhofft man sich ein großes Interesse an der Hochzeit sowie beste Einschaltquoten. Doch aufgrund der großen Konkurrenz wird die inhaltliche Ausrichtung der Übertragungen den Ausschlag für das Siegen oder Scheitern im Kampf um die Zuschauer geben.
Bereits ab morgens 9 Uhr bis weit in den Nachmittag hinein steht der Freitag ganz im Zeichen des „Royal Wedding“. Die Fernsehlandschaft befindet sich gewissermaßen im Ausnahmezustand. Sowohl ARD als auch ZDF berichten von 9 bis 15 Uhr live aus London. Eine doppelte Hochzeit also bei den Öffentlich-Rechtlichen: Das Erste hat sich für die Übertragung den Titel «Küss mich, Kate!» ausgedacht, das ZDF nennt seine Live-Sendung schlicht «William & Kate». In der ARD gibt es am Abend – zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr – sogar nochmal eine Zusammenfassung des Tages. Das ZDF bringt abends um 22.30 Uhr noch mal eine halbe Stunde lang die besten Bilder von der Hochzeit, für alle, die am Vormittag nicht zuschauen können. Für Das Erste ist Mareile Höppner im Einsatz, die aus einem gläsernen Studio am Buckingham Palace berichten wird. Das Geschehen kommentiert Royal-Experte Rolf Seelman-Eggebert. Vor Ort ist auch Barbara Schöneberger, die einige Stimmen und Hintergrundinformationen ergattern soll. Das ZDF hat für die Live-Übertragung der königlichen Hochzeit die Moderatoren Karen Webb und Norbert Lehmann im Rennen.
Dem Hype um das britische Prinzenpaar frönt auch Marktführer RTL, der seine Boulevard- und Society-Spitzenkräfte nach London geschickt hat. Ab 9 Uhr ist der Kölner Sender ebenfalls live dabei. Frauke Ludowig und Katja Burkhard führen in «William & Kate – Die Traumhochzeit» durch das royale Programm. Sie haben dabei eine guten Platz auf dem Dach des „RICs“ mit Blick auf Westminster Abbey ergattert. Außerdem ist Eduard Prinz von Anhalt als Royal-Experte bei der TV-Übertragung für RTL am Start. Unter anderem sind auch Bruce Darnell, der in Styling-Fragen beratend zur Seite steht, und Ross Anthony als Reporter im RTL-Team. Der Kölner Sender wirft am Abend um 18 Uhr dann mit Janine Steeger und Frauke Ludowig nochmal einen Blick nach London – in der Sendung «William und Kate - Die Traumhochzeit: Die emotionalsten Momente».
Mit über 720 Minuten Berichterstattung ist Sat.1 am längsten beim Geschehen. Los geht's bereits im «Frühstücksfernsehen» ab 5.30 Uhr. Die eigentliche Live-Übertragung beginnt ebenso um 9 Uhr. Danach folgt im Anschluss um 15 Uhr gleich eine zweistündige Doku zur „Hochzeit des Jahres“ in «Focus TV». Laut Senderangaben will man erörtern, ob William und Kate „genau das Paar sind, das die englische Monarchie zum Überleben braucht“. Nahtlos geht es um 17 Uhr mit weiteren aktuellen Bildern aus London und Highlight weiter. Übrigens entfallen dafür sogar die Regionalprogramme. In London vor Ort sind Ulla Kock am Brink, Matthias Killing und Karen Heinrich. Im Berliner Studio kommentieren Society-Expertin Sibylle Weischenberg, Dieter Kronzucker, Jan Hahn und Simone Panteleit die Ereignisse.
Zu guter Letzt haben auch die Nachrichtensender verständlicherweise Sondersendungen im Programm. n-tv begann damit schon am Vortag. Am Freitag geht es bereits um 6 Uhr morgens mit der Berichterstattung los. Für n-tv ist Jenny Knäble in London und steht für Live-Schalten zur Verfügung. Aus Köln kommentiert Society-Expertin Tanja Bülter. Nur zwischen 11:30 und 15 Uhr wird durchgehend live aus London übertragen. N24 startet ab 7 Uhr eine Sondersendung. Zum Aufgebot in London gehören Steffen Schwarzkopf und Marcus Tychsen. Im Berliner Studio analysieren Eve-Maren Büchner und Royal-Experte Jürgen Worlitz die Hochzeit und als Moderator fungieren Tatjana Ohm und Thomas Klug. Die TV-Sender haben sich also in Schale geworfen und das Angebot ist groß.
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Sechs deutsche Sender übertragen aus London, wenn Prinz William seiner Kate Middleton das Ja-Wort gibt. Eine Übersicht des TV-Overkills sowie einige Streitpunkte zum Medienereignis.
Doch ist eine Übertragung auf sechs Sender in Deutschland gleichzeitig wirklich nötig? Schon im Vorfeld gibt es Kritik – zumindest für die Öffentlich-Rechtlichen. Die doppelte Prinzenhochzeit zu Lasten von Gebührengeldern der TV-Zuschauer ist den Politikern ein Dorn im Auge. Eigentlich gelte die Abmachung, dass ARD und ZDF im Falle von Großereignissen nicht parallel übertragen, sondern sich in der Berichterstattung abwechseln, kommen kritische Stimmen aus der Politik. Dies ist am Freitag nicht der Fall, wenn William und Kate heiraten. Dass die beiden öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF ihr komplettes Programm auf das Boulevard-Ereignis ausgerichtet haben, stößt somit auch auf Unmut. Die Sender übertragen beide mit dem Sendesignal der BBC parallel – nur mit den jeweils sendereigenen Moderatorenteams. Einen Unterschied bei den Bildern wird es also nicht geben – höchstens in dem, was die Moderatoren und Experten so von sich geben oder wie man mit dem Medienereignis umgeht. Allzu groß mag dieser Unterschied nicht sein. Doch gerade dieser feine Unterschied kommt die öffentlich-rechtlichen Sender doppelt teuer, weil eben beide übertragen. ARD-Vorsitzende Monika Piel wird in der „Süddeutschen Zeitung“ dazu wie folgt zitiert: Die Übertragung würde nicht „mehr als normales Programm“ kosten und seine eine „kostengünstigste Live-Übertragung, da royale Hochzeiten in der Regel mehrere Stunden dauern und enorm viel Publikum finden“. Außerdem sei eine solche Doppelübertragung selten: „In den vergangenen zehn Jahren ganze drei Mal“, bekräftigt Piel.
Die Doppelübertragungen kratzen aber an der Glaubwürdigkeit beim gebührenfinanzierten Fernsehen. Denn: Auf Programmvielfalt verzichtet man offensichtlich. In die gleiche Kerbe stößt nämlich auch Bundestagspräsident Lammert, der in der „Süddeutschen Zeitung“ sagt: „Wenn es denn noch einer Antwort auf die Frage bedurft hätte, ob für die Programmgestaltung auch der Öffentlich-Rechtlichen nichts vorrangiger ist als die Quote, dann ist sie mit dieser Doppelübertragung beantwortet.“ Denn tagsüber generieren ARD und ZDF kaum hohe Einschaltquoten, was vor dem Hintergrund, dass beide unbedingt das Zuschauermagnet der Live-Übertragung von der Prinzenhochzeit in ihrem Programm haben wollte. Eine abwechselnde Übertragung der beiden öffentlich-rechtlichen Kanäle – wie man sich auch bei Länderspielen abspricht - hätte dennoch ausgereicht und dem desinteressierten Zuschauer eine Alternative geboten.
Im Punkto Alternative könnte derweil ProSieben gute Karten haben, das sein normales Freitag-Programm durchzieht. Mit den US-Sitcoms von «How I Met Your Mother» bis «Scrubs» könnten die weniger interessierten jungen Zuschauer gelockt werden. Schließlich sind auch die beiden Privatsender RTL und Sat.1 zeitgleich in London auf Sendung. Doch auch der Wettstreit der Medien rund um das „Hochzeits-Fieber“, das fast schon anhand zu vieler Hintergrundberichte und Analysen (auch im Vorfeld) zum Medien-Wahn geworden ist, erntet nicht nur positive Stimmen von Royal-Interessierten. Der „Overkill“ mache sich gerade in den letzten Wochen bemerkbar. Viele Menschen reagieren mittlerweile genervt auf das Stichwort „William & Kate“. Für viele Deutsche könnte der schönste Tag im Leben des Prinzenpaars ruhig schon vorbei sein.
„Gibt es hier eigentlich jemanden, den es interessiert, dass ein Enkelsohn mit großen Zähnen eine schmallippige Schrippe heiratet“, fragt beispielsweise Autorin Renée Zucker im rbb-Radio etwas zynisch. Auch in den gängigen Late-Night-Shows wird der Medien-„Overkill“ zur royalen Hochzeit in England satirisch beäugt. Dass ARD, ZDF, RTL, Sat.1, n-tv und N24 übertragen ist schlichtweg zu viel, so der Tenor. Medienexpertin Joan Bleicher von der Universität Hamburg hält das alles aber laut „Süddeutscher Zeitung“ für normal: „Was glauben Sie, wie viele sich da Urlaub nehmen oder auf der Arbeit heimlich gucken oder auf dem Handy. Ich denke, das ist so ein Prestigeobjekt“, sagt sie und fügt an: „Es ist natürlich ein Medienereignis und wird auch als solches inszeniert.“ Nun – William und Kate wird das alles herzlich egal sein – denn für sie ist es die „Traumhochzeit des Jahres“.