Der Fernsehfriedhof: Der Zuschauer als TV-Boss

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 136: Eine Sendung, bei der das Publikum entschied, welches neue TV-Format umgesetzt wird.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer einmaligen Aktion, bei der jeder Zuschauer Programmchef werden konnte.

Das Format «Die neuen Fernsehmacher» wurde am 26. November 2001 bei RTL II geboren und versprach, das demokratischste Fernsehen überhaupt zu liefern, denn erstmals sollten die Zuschauer über eine neue TV-Show entscheiden können. Dazu war das Publikum im Vorfeld aufgerufen, Konzepte für neue Sendungen einzuschicken. Von den acht besten der insgesamt 2.600 Einsendungen wurde jeweils eine Pilotausgabe produziert, die im Rahmen der Sendung ausgestrahlt wurde. Darunter waren unter anderem ein Werbequiz, eine Spielshow und ein Comedy-Format. Anschließend konnten die Zuschauer per Telefon abstimmen, welches Konzept ihnen am besten gefiel. Der Gewinneridee wurde eine Verwirklichung auf einem prominenten Sendeplatz innerhalb des RTL II-Programms zugesichert.

Hinter der innovativen Sendung stand hauptsächlich Show-Veteran Frank Elstner, der spätestens seit seiner Erfindung von «Wetten, dass..?» als besonders kreativer Kopf in der Branche galt. Nach seinen Projekten «Flieg mit Air-TL» und «Aber Hallo!» versuchte er auf diese Weise sein nächstes mutiges Konzept im Privatfernsehen umzusetzen. Er warb auch öffentlich für die Show, fungierte dabei jedoch nicht als Moderator. Dies überließ er der ehemaligen VIVA-Moderatorin Aleksandra Bechtel, die seit ihrer Übernahme der Clipshow
«Bitte Lächeln!» fest zum Sender gehörte. Für die Piloten wurden zusätzlich Gastmoderatoren wie Steffen Hallaschka und Jörg Kachelmann engagiert. Im großen Finale kämpften folgende Sendungen um die Gunst der Zuschauer:

«Was passiert, wenn..?»
«Auto gekauft wie gesehen»
«Die Zockershow»
«Verliebt, verlobt, versteigert!»
«Das SMS-Quiz»
«Comedy Court»
«60 Minuten - Dein Countdown läuft»
«Alles Werbung, oder was?»

Letztendlich entschied sich das Publikum für die Idee von Jürgen Preuß mit dem Titel «Was passiert, wenn..?». Wie es der Titel vermuten lässt, mussten Kandidaten erraten, wie ein bestimmtes Experiment ausgehen würde. Im Unterhaltungsprogramm der Finalshow trat übrigens auch die damals frischegekürte «Popstars»-Band Bro’Sis mit ihrem ersten Titel „I believe“ auf.

Für das Fernsehexperiment entschied sich RTL II für eine gewagte Event-Programmierung und strahlte die Sendung von Montag bis Donnerstag täglich um 21.15 Uhr aus. Das Interesse der Zuschauer war allerdings eher verhalten. Den Auftakt verfolgten nur knapp über eine Million Zuschauer. Das Finale sahen gar nur 350.000 Menschen. Vielleicht war dies auch der Grund, wieso RTL II das Gewinnerformat später nicht umsetzen wollte. Offiziell ließ der Kanal verlauten, dass die Idee nicht in das Sendekonzept passen würde. Offenbar hatte jedoch Elstner selbst Gefallen an der Idee gefunden und schaffte es, sie an den SWR zu verkaufen, der die Sendung im Jahr 2002 als Samstag-Abendshow im Ersten zeigte.

«Die neuen Fernsehmacher» wurde am 08. Dezember 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von neun Folgen. Die Show hinterließ die Moderatorin Aleksandra Bechtel, die später durch weitere RTL II-Formate wie «Heirate mich! – Geheimprojekt Traumhochzeit» und «Big Brother» führte. Frank Elstner kehrte anschließend zum öffentlich-rechtlichen Fernsehen zurück und präsentierte dort die traditionellen Shows «Einfach Millionär!» und «Verstehen Sie Spaß?» sowie sein wöchentliches Talkformat «Menschen der Woche».

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der Gewinnershow des Fernsehexperiments.
12.05.2011 09:00 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/49370