Die Kritiker: «Visus – Expedition Arche Noah»

Story
An die wirren Theorien seines Onkels, des Theologieprofessors Sörensen, hat Robert Kästner sich schon in Kinderjahren gewöhnt. Mittlerweile findet der Kunsthistoriker die Geschichten seines Onkels eher anstrengend, da sie meist mit aberwitzigen Missionen in ferne Länder verbunden sind. Deshalb reagiert er auch anfangs sehr unwillig, als sein Onkel ihn bittet, in Italien nach einem vermissten Kollegen zu suchen. Doch schon kurz nach seiner Ankunft wird Robert klar, das er einem Jahrhunderte alten Geheimnis auf die Spur gekommen ist. Der gesuchte Kollege ist verstorben - sicherlich keines natürlichen Todes - und die antike Schrift, die Robert in dessen Wohnung findet, führt ihn bis nach Armenien. Dort trifft er Anahit, die schöne und intelligente Assistentin seines Onkels.

Diese ist gerade von einer Forschungsreise zurückgekehrt, die sie fast das Leben gekostet hätte. Jahrelang hat sie nach dem 'Auge Gottes' gesucht, dass an Bord der 'Catherine' gesunken ist. Doch kaum gefunden, brach auf dem Schiff eine mysteriöse Seuche aus und Anahit konnte sich gerade noch vor der Krankheit und einem bewaffneten Kommando von Bord retten. Die Reliquie scheint verloren, während sich die Krankheit an Land auf unheimliche Weise ausbreitet. In Armenien versuchen Robert und Anahit gemeinsam, die antike Handschrift zu entschlüsseln und stoßen dabei immer wieder auf den mittelalterlichen Maler Visus und dessen Madonnenbilder. Und bald wird beiden klar: Es gibt noch ein zweites 'Auge Gottes', das in einem verborgenen Kloster in Armenien zu suchen ist. Werden beide Augen zusammengebracht, so droht der Menschheit eine schreckliche Katastrophe. Anahit ist schockiert, Robert eher ungläubig... Ist all dies nur eine Legende oder sind sie die Einzigen, die das Rätsel lösen und die Menschheit retten können? Noch bevor sie erkennen, wie bahnbrechend ihre Entdeckungen sind und dass sie einer unglaublichen Verschwörung auf der Spur sind, geraten sie schon ins Visier feindlicher Mächte. Für Robert und Anahit beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ein alter Kreuzritterorden versucht, mit der Macht der 'Augen Gottes' eine vernichtende Sintflut auszulösen...

Darsteller
Stephan Luca («London, Liebe, Taubenschlag») ist Robert Kästner
Julia Molkhou («Ein perfekter Platz») ist Anahit Sarian
Hilmi Sözer («Der Schuh des Manitu») ist Hayk Sherian
Michael Gwisdek («Goodbye, Lenin!») ist Prof. Sörensen
Jean-Yves Berteloot («The Da Vinci Code - Sakrileg») ist Clement de Lusignan
Tayfun Bademsoy («Ein starkes Team») ist Kerim Inceman
Fahri Ogün Yardim («Keinohrhasen») ist Erhan

Kritik
Für deutsche Verhältnisse wurde der Film sicherlich aufwändig gedreht; wenn man jedoch einen amerikanischen Maßstab anlegt, wirkt er eher wie eine Billigproduktion des Kabelfernsehens. Der Look mag jedoch noch so imposant sein (auch wenn manche Sets aussehen, als hätte man sie von «Galileo Mystery» übernommen), die Story ist es keineswegs.

«Visus – Expedition Arche Noah» präsentiert uns eine recht eigenwillige und dabei äußerst missionarische Prämisse. In diesem Film hat die Bibel eben doch recht und das Mystische hat einen kognitiven Vorrang vor der Wissenschaft. „An Wunder muss man eben glauben“, sagt die Figur Hayk Sherian an einer Stelle des Films. Und das ist hier auch gleich die Grundlage der Dramaturgie.

Der Zuschauer soll glauben, nicht denken oder hinterfragen. Denn wenn er hinterfragt, fällt er aus der Geschichte heraus - so unlogisch ist diese nämlich aufgebaut. In diesem abstrusen Stoff (basierend auf einem Roman von Richard Hayer) zumindest ein Minimum an Glaubwürdigkeit aufzubauen, hat Drehbuchautor Arne Sommer nämlich gar nicht erst versucht. Denn dass ein jahrhundertealter Geheimbund, der sich so vollständig dämlich anstellt, eine solche Macht an sich reißen oder zumindest behalten kann, ist bei Gott nicht einleuchtend. Ebenso die debile Romanze um die zwei Hauptfiguren Robert und Anahit, die weder Sinn macht noch auf ansprechende Weise erzählt wird.

Doch ein RTL-Film ohne eine Lovestory wäre wohl nur schwer vorstellbar. Da greift man dann auch auf die abgedroschensten Motive zurück, um sie irgendwie in ein Drehbuch zu packen – gleich welches, und gleich, ob sie zumindest ansatzweise stimmig ist oder nicht. Genau das ist hier wohl passiert.

Ferner gibt es viel zu viel „Comic Relief“ und das noch dazu an den unpassendsten Stellen. So kann natürlich keine wirklich tragende Atmosphäre aufgebaut werden, wenn man ständig auf halbherzige Lacher aus ist. Manchmal lässt sich nicht einmal mehr sagen, ob die Komik unfreiwillig oder wirklich beabsichtigt ist („Sie sind Terroristin!“ - „Ich bin Historikerin!“ - „Gibt es eine bessere Tarnung?“). Fast jedes Klischee, das man von einem undurchdacht zusammengenagelten Möchtegern-Bibelepos haben kann, wird auf irgendeine Weise bedient. Beispielsweise wenn Robert an der Klippe hängt und mit Schweißperlen auf der Stirn „Nein!“ schreit, als er sieht, dass seine Loverin gerade abgeschossen wird – alles in Close-Ups, versteht sich. Wer sich einem solchen Stoff nicht gänzlich ironiefrei nähern kann (und das können wohl die wenigsten), lacht spätestens hier. Und das war garantiert nicht Sinn der Szene.

Trotz des inhaltlichen Blödsinns mag es durchaus einige gelungene Wendungen geben, sowie manche gute Idee, den Plot voranzubringen. Innovativ sind sie jedoch allesamt nicht. In der ersten halben Stunde ist der Film zumindest auf eine recht infantile Weise noch recht packend; doch das verliert sich leider mit rasender Geschwindigkeit, bis am Schluss nur der schale Nachgeschmack eines unambitionierten Verschwörungs-Eventmovies mit biblischen Motiven bleibt. Dass der Konflikt schließlich durch einen „Deus ex Machina“ aufgelöst wird, ist auf eine perfide Art dann fast schon passend. Auch wenn so etwas schon Aristoteles abgelehnt hat. Doch in «Visus – Expedition Arche Noah» ist Gott der eigentliche Hauptprotagonist. Und der darf eben alles. Visus selbst bekommt immerhin noch einen kurzen Cameo-Auftritt. Mit rund 700 Jahren steht man allerdings ja auch nicht mehr so im Saft.

Leider bricht auch an der Schauspielerfront so ziemlich alles zusammen, was zusammenbrechen kann. Das liegt hauptsächlich an der vollständigen Fehlbesetzung von Julia Molkhou, da sie alles maßlos überzeichnet spielt, und auch Hauptdarsteller Stephan Luca macht seine Sache allenfalls mäßig. Die Prophezeiung von Quotenmeter.de: ein schnell wieder vergessener Film. Und das ist auch gut so.

RTL strahlt «Visus – Expedition Arche Noah» am Donnerstag, den 02. Juni 2011, um 20.15 Uhr aus.
31.05.2011 09:14 Uhr  •  Julian Miller Kurz-URL: qmde.de/49946