Kino.to dicht: Wer muss jetzt zittern?

Rund vier Millionen Mal pro Tag wurde die Seite aufgerufen – müssen die Nutzer nun mit Strafen rechnen?

Am Dienstagnachmittag wurden die Betreiber der Plattform kino.to festgenommen – 13 Mal klickten die Handschellen. Zahlreiche Wohnungen in verschiedenen Ländern sind offenbar, so ist jedenfalls zu lesen, durchsucht worden. Seit Dienstag ist auch die Seite kino.to nicht mehr zu erreichen. Bis zu vier Millionen Mal pro Tag ist die Plattform Medienberichten zufolge angeklickt worden – zahlreiche Bundesbürger haben sich dort ihre Lieblingsfilme oder neueste Episoden ihrer Lieblingsserien angesehen. Sie bewegten sich damit besten Falls in einer Art Grauzone – und doch werden manche jetzt Bedenken haben, ob die Polizei möglicherweise bald bei ihnen vor der Tür steht.

Rechtsanwalt Christian Solmecke aus der Kölner Medienrechtskanzlei „Wilde Beuge Solmecke“ ist Fachmann in diesem Gebiet. Er hält es für unwahrscheinlich, dass nun auch gegen die Nutzer vorgegangen wird. „Aus meiner Sicht haben die Nutzer von kino.to schon keine Straftat begangen, da der reine Konsum von Streamingdiensten nicht rechtswidrig ist. Das gilt jedenfalls immer dann, wenn keine Kopie des Streams auf dem eigenen Rechner hergestellt wird,“ erklärte der Jurist.

Das müsse man allerdings unterscheiden. So gab es durchaus Angebote, mit denen man eine komplette Episode direkt auf dem eigenen Rechner speichern konnte. „Die Kopie dürfte nicht mehr vom Recht auf Privatkopie gedeckt sein“, sagte er in einem bei YouTube hochgeladenen Informations-Video. Streamt ein Streamingportal ausschließlich, müsse man sich fragen „ob schon diese flüchtige Kopie im RAM des Computers oder die kurze temporäre Kopie auf der Platte, die nach Abspielen des Films automatisch gelöscht wird, eine illegale Kopie sein kann“.

Letztlich müsse man sich auch fragen - so Solmecke weiter - welche Daten auf den Servern von kino.to bzw. den angeschlossenen Streamingplattformen überhaupt gespeichert worden sind. Zwar sei ein Nutzer über seine IP-Adresse jederzeit identifizierbar, jedoch würden viele Server die IP-Adressen überhaupt nicht speichern, erklärt der Experte. „Darüber hinaus ist die GVU auch dafür bekannt, normalerweise das Übel an der Wurzel zu packen. Das heißt, dass die Gesellschaft in der Regel gegen die großen Fische vorgeht, was sie mit den jetzigen Durchsuchungen auch beweisen hat", so Solmecke.

Die Filmindustrie selbst ist natürlich anderer Auffassung. Sie glaubt, dass selbst die kurzen Speicherungen illegal sind – endgültig ist das aber noch nicht geklärt. Abmahnungen an kino.to-Nutzer sind deshalb nicht gänzlich unwahrscheinlich. Die betroffenen Nutzer müssten dann mit so genannten Unterlassungserklärungen versprechen, künftig keine Filme mehr zu vervielfältigen und darüber hinaus Schadensersatzansprüche zahlen. Der Rechtsanwalt geht in diesem Fall davon aus, dass die Anwaltskosten (wohl in etwa bei 100 Euro liegend), sowie der entstandene Schaden (etwa in Höhe eines Kinobesuchs oder dem Kauf einer DVD) beglichen werden müsste.
09.06.2011 15:30 Uhr  •  Manuel Weis, Bilder: Archiv Kurz-URL: qmde.de/50130