Die Fans hoffen darauf - RTL II aber gibt keine positiven Zeichen von sich. Es sieht so aus, als ob «Big Brother 11» wirklich nach 100 Tagen endet. Oder doch nicht?
Das Realityformat
«Big Brother» fährt am Vorabend täglich überdurchschnittlich starke Marktanteile ein. Daher mehren sich die Rufe vieler Fans, wie im vergangenen Jahr die aktuelle Sommer-Staffel ebenfalls zu verlängern. Doch wäre dies aus Sendersicht sinnvoll? Fakt ist: Noch in den zurückliegenden Monaten galt RTL II als Quoten-Sorgenkind. Die Zuschauerzahlen verdeutlichen, wie abhängig der Sender vom Realityformat bis heute ist: Seit September 2010 - dem ersten Monat ohne Vorgänger-Staffel zehn - gelang es nur in einem einzigen Monat, die 6-Prozent-Marke zu knacken. Zum Vergleich: In der Fernsehseason 2009/2010 fielen die Münchener nur ein einziges Mal unter diese Marke. Der Dank galt wohl auch der zuschauerstarken neunten und zehnten Staffel der TV-WG. Nach dem Start der aktuellen Runde erreicht der «BB»-Sender diese 6-Prozent-Marke in der werberelevanten Zielgruppe fast wieder. Dies ist der beste Wert seit November.
Auch beim Gesamtpublikum können sich die Macher mit 3,7 Prozent über den Jahresbestwert freuen. Der große Bruder bringt damit wieder Schwung in das RTL II-Quotenjahr. Die aktuelle Sommer-Staffel ist bisher offiziell auf 100 Tage ausgelegt. Aufgrund des Erfolges hoffen viele Fans auf eine Staffel-Verlängerung. Erstmals in der Geschichte wurde das Format 2010 um 63 Tage ausgedehnt, da man die besten Quoten seit fünf Jahren einfuhr. Durchschnittlich 0,72 Millionen der 14- bis 49-Jährigen verfolgten diese Verlängerungs-Staffel, was gute 8,6 Prozent bedeutete. Die aktuellen «Big Brother»-Sendungen kratzen knapp an diesem Wert. Zum Vergleich: Die neunte Staffel kam auf solide 7,2 Prozent. Die aktuellen Marktanteile der Tageszusammenfassungen pendeln meist zwischen acht und zehn Prozent in der werberelevanten Zielgruppe. Absolut sehen meist zwischen 0,75 biseine Million zu - je nach Sommerwetter. Dies sind konstant bessere Werte als die Dokusoaps ablieferten, die der Sender zuvor im Vorabendprogramm sendete: «Der Kreuzfahrtkönig», «Die Schnäppchenhäuser - Der Traum vom Eigenheim» oder «X-Diaries – Love, Sun and Fun» konnten langfristig nicht die konstant soliden Werte von «Big Brother» erreichen. Dennoch sind deren Produktionskosten deutlich geringer.
Obwohl das Realityformat stark polarisiert, gilt es immer noch als Quoten-Zugpferd und bindet Zuschauer über einen längeren Zeitraum, in dem auch andere sendereigene Formate im Umfeld promotet werden können. Zuletzt starteten die Münchener selbst eine Qualitätsoffensive. Neue Formate sollten “künftig einen standardisierten Evaluationsprozess” durchlaufen, der von der Geschäftsführung gesteuert werde. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass das Programm “in größerem Maße als bisher” den qualitativen Ansprüchen gerecht werde. Eine Studie der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) analysierte 2010 das TV-Publikum: Demnach verfügen 47 Prozent der «Big Brother»-Zuschauer über Abitur oder sogar einen Universitätsabschluss. Damit liege das Bildungsniveau dieser Reality-Format-Zuschauer nur einen Prozentpunkt hinter den «Hart aber fair»-Polittalk-Zuschauern.
Nach der Verlängerung 2010 lässt sich auch der Pay-TV-Sender Sky dieses Jahr alle Optionen offen: Vorsichtshalber heißt es bei “Sky live”, wo Fans den «Big Brother» 24-Stunden-Kanal wählen können: Dieses Angebot sei “bis voraussichtlich 10. August 2011” buchbar. Auch beim Zuschauer-Ticketservice sind derzeit noch keine Finalkarten buchbar. Auf Quotenmeter.de-Anfrage sei eine Verlängerung der Staffel – zumindest aktuell – reine Spekulation, wie RTL II mitteilt: “Wir sind mit den Quoten der elften «Big Brother»-Staffel sehr zufrieden. Eine Verlängerung ist derzeit nicht geplant.”
Die aktuelle Runde hätte mit 100 Tagen die kürzeste Laufzeit seit Staffel vier vor acht Jahren. Bei «Big Brother – The Battle» wurden 2003 erstmals getrennte Wohnbereiche sowie das “Matchfield” eingeführt. Die 99 Tage wurden von der aktuellen «Big Brother»-Moderatorin Aleks Bechtel moderiert. Im Folgejahr ging die bekannteste TV-WG mit einer quotenstarken Ein-Jahres-Staffel on-air. Ähnliches könnte im Frühjahr 2012 folgen.
Schon jetzt plant man bei RTL II für die Zeit nach dem großen Bruder. Die Fernsehzuschauer erwartet laut aktuellem Programmschema wahrscheinlich wieder eine WG, allerdings mehr Scripted Reality: Die Produktionsfirma filmpool arbeitet derzeit an 120 Folgen einer täglichen Serie mit dem Titel «Berlin - Tag & Nacht». Jede Folge erzählt 24 Stunden aus dem Leben eines der sieben Bewohner einer Berliner WG. Zu sehen gäbe es das Realtainment-Format nach derzeitigem Planungsstand offenbar ab dem dritten Quartal im Vorabend, also nach dem Finale der elften «Big Brother»-Staffel. Die Darsteller spielen teilweise ihr eigenes Leben. Dabei sollen auch Protagonisten wiederkehren, die den Zuschauern aus «X-Diaries» bekannt sind. Diese Scripted Reality lief bisher in der «BB»-freien Zeit und wurde dann auf den 18-Uhr-Slot verschoben, wo es – zumindest größtenteils - unterdurchschnittliche Marktanteile einfährt. Trotzdem will man an dem Format vorerst festhalten, da eine dritte Staffel laut Produktionsfirma in Planung sei. Damit wäre der Vorabend ab Mitte August bereits fest verplant.
«Big Brother»-Papa und Ex-Endemol-Chef Borris Brandt sagte gegenüber Quotenmeter.de zum Vorabend-Sendeplatz seines ehemaligen Formats: “«Big Brother» ist ein Einschaltprogramm. Die Fans schalten ein, egal was davor läuft. Sie schalten auch ein, egal was auf der Welt passiert. «X-Diaries» ist der unterste Rand von dem, was Scripted Reality ist. Das ist so entfernt von der Reality, das ist so unglaubwürdig, dass es eigentlich niemanden überraschen sollte, dass es keiner schaut. In Staffel eins haben nackte Haut und das Beach-Feeling noch geholfen – diese Faktoren sind nun aber verpufft.” Zu Beginn der Staffel begrüßte er allerdings auch die begrenzte Laufzeit der 100 Sommer-Tage - getreu dem Ursprungs-Motto “Back to Basic”.
Der Große Bruder ist bekanntlich gut für Überraschungen und könnte mit einer Verlängerung bei den Fans, den Werbetreibenden sowie den Senderverantwortlichen punkten. Jedoch nimmt man die Vorfreude auf ein nächstes Programmhighlight einer möglichen zwölften Staffel 2012 und “versendet” die wertvolle Marke möglicherweise unnötig, indem es künstlich in die Länge gezogen würde. Obwohl die Produktionskosten insgesamt durch eine Verlängerung sinken könnten - da beispielsweise die Requisite des Wohnbereichs erhalten bliebe - ist das quotenstarke «Big Brother»-Programm teurer erkauft als andere Scripted Reality-Formate. Hohe Marktanteile gelingen zudem im Sommer meist einfacher. RTL II behält sich alle Möglichkeiten offen und bleibt damit dem Staffel-Motto “The Secret” treu: Noch bleibt eine mögliche Staffel-Verlängerung ein Geheimnis von «Big Brother».