Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 143: Die überraschend erfolgreiche Clip-Show von Mike Krüger, die jedoch zunehmend wieder an Fahrt verlor.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer Sendung, die wohl wie keine zweite von ihrem Vorprogramm abhing.
«Krüger sieht alles» wurde am 06. April 2002 bei RTL geboren und entstand zu einer Zeit, als der Sender mit seiner Comedyshow
«7 Tage, 7 Köpfe» am Freitagabend hohe Quoten einfahren konnte. Weil auch die „Köpfe“ beim Publikum sehr beliebt waren, bekam jedes Mitglied der Stammbesetzung im Laufe der Zeit ein eigenes Format. So spielte Gastgeber Jochen Busse in den Comedyserien «Das Amt» und
«Nicht von dieser Welt» gewohnt steife Typen, während Gaby Köster in «Ritas Welt» als aufbrausende Supermarktkassiererin regelmäßig acht Millionen Zuschauer amüsierte. Bernd Stelter wandelte mit seiner Serie
«Bernds Hexe» auf den Spuren von «Bezaubernde Jeannie» und Kalle Pohl verbrannte sich an der Sitcom
«Kalle kocht» die Finger. Nur Mike Krüger bekam keine eigene Serie, sondern eine Clipshow, in der er die witzigsten Fernsehpannen, Sketche und Werbespots aus dem internationalen Fernsehen zeigte und kommentierte.
Obwohl die Idee auch in Deutschland nicht neu war, entwickelte die Produktionsfirma Granada kein eigenes Konzept, sondern adaptierte das erfolgreiche englische Format «Tarrant On TV», das nach seinem Moderator benannt war und dort bereits seit 1982 lief. Wie auch in der Vorlage saß Krüger daher in einem dunklen, aber großen Studio auf einem Sessel und sagte vor Live-Publikum einen Clip nach dem nächsten an.
Was zunächst nach einer einfachen Produktion aussah, erwies sich hinter den Kulissen als komplizierte Herausforderung, denn die Clips wurden aufwendig neu vertont und synchronisiert. Zudem galt es, stets die weltweiten Rechte für die Clips abzuklären, was vor allem bei den Werbespots zuweilen kompliziert und teuer war. Als Konsequenz soll RTL daher – laut Mike Krüger – mehrfach versucht haben, kostengünstige und unbegrenzt verwertbare Home-Videos in die Show zu hieven, was Krüger jedoch aus Qualitätsgründen abgelehnt habe.
Die Zuschauer schienen dieses Engagement zu schätzen gewusst zu haben, denn die Show wurde zu einem ungeahnten Überraschungserfolg. Im Rückenwind der erfolgreichen «80er Show» schalteten die erste Ausgabe der Sendung am Samstagabend um 22.15 Uhr knapp sieben Millionen Menschen ein und bescherten RTL einen Zielgruppen-Marktanteil von 33 Prozent. Da auch die nachfolgenden Ausgaben ein hohes Niveau halten konnten, war eine zweite Staffel schnell beschlossen. Diese folgte im November 2002 und erreichte im Lead-Out der neuen Folgen der «80er Show» immerhin noch Zuschauerwerte um viereinhalb Millionen Menschen und werberelevante Marktanteile um 25 Prozent. Als im Frühjahr die «80er Show» durch die «70er Show» ersetzt wurde, blieben die Gesamtreichweiten von Krüger zwar ähnlich hoch, doch wurde das Publikum im Schnitt spürbar älter. Der Zielgruppenmarktanteil lag nur noch bei 17 Prozent.
Weil im Herbst 2003 die zweite Staffel der «70er Show» weniger gut ankam, rutschten auch die Werte der Clipshow auf zweieinhalb Millionen Gesamtzuschauer bzw. 15 Prozent in der Zielgruppe ab. Im Winter 2004 sorgte dann der Programmplatz im Sandwich von «Deutschland sucht den Superstar» für einen Anstieg der Reichweiten auf 3,5 Millionen. Allerdings hatte die Sendung nun mit «Genial daneben» eine erfolgreiche Konkurrenz im Gegenprogramm, die viele junge Zuschauer kostete. Die Marktanteile lagen daher in der werberelevanten Zielgruppe trotz verbesserten Gesamtreichweiten weiterhin zwischen 15 und 17 Prozent.
In den Folgejahren setzte sich dieser Trend fort. Ab Sommer 2004 wurde die Show dauerhaft auf nach 23.00 Uhr verlegt und musste meist ohne starkes Vorprogramm auskommen. Die Folge waren Reichweiten um anderthalb Millionen Zuschauer und Zielgruppenmarktanteil um 13 Prozent. Im Herbst 2005 ging die Show erneut erst nach 23.00 Uhr auf Sendung, kam dann jedoch nicht mehr wie in den Vorjahren im Doppelpack mit der Comedyshow «Olm!», sondern mit der neuen Impro-Show «Frei Schnauze», die Krüger in der ersten Version ebenfalls präsentierte. Dennoch kletterten die Marktanteile selten über 16 Prozent.
Nachdem die Quoten im Laufe der Jahre sanken, die Rechtstreitigkeiten hinter den Kulissen zunahmen und auch die Muttersendung «7 Tage, 7 Köpfe» immer weniger Zuspruch fand, war nun das Ende der Show unvermeidlich. Dazu kam, dass sich der Sender ohnehin von Krüger, Busse & Co. trennen wollte, weil sie ein zu altes Publikum ansprachen. Das Format wurde bezeichnenderweise durch «Upps – Die Superpannenshow» und damit einer Sendung, die nur aus billigen Home-Videos bestand, ersetzt. Der Sender hat offenbar letztlich seinen Willen durchsetzen können.
«Krüger sieht alles» wurde am 26. November 2005 beerdigt und erreichte ein Alter von dreieinhalb Jahren. Die Show hinterließ den Moderator Mike Krüger, der dann nur noch kurzlebige, weil erfolglose Formate wie «Der Comedyflüsterer» (kabel eins), «Krügers Woche» (ProSieben) und «Klüger mit Krüger» (NDR) präsentierte. Dazu sitzt er seit 2003 im Rateteam der SWR-Show «Sag’ die Wahrheit» und wurde bei seinem Auftritt bei «Schlag den Star» mit der bisher niedrigsten Punktzahl geschlagen. Die Show «Krüger sieht alles» wurde aufgrund der beschränkten Rechte der Clips nie wiederholt. Trotz des fortwährenden Abwärtstrends hat sie ihren Sendeplatz am Samstagabend nie verloren.
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einem Vorabendquiz voller Experten, aber ohne Erfolg.