360 Grad: Ik Hou van Duitsland!
Wie hat sich Jürgen von der Lippes neue Prime-Time-Show «Ich Liebe Deutschland!» letzten Freitag geschlagen? Julian Miller kommentiert.
Irgendwie hat es vielleicht schon etwas Bizarres an sich, dass wir uns das televisionäre Abfeiern unseres Patriotismus nun aus dem Ausland einkaufen. So geschehen mit «Ich liebe Deutschland!», einer Adaption der niederländischen Hitshow «Ik Hou van Holland», die regelmäßig zweineinhalb bis drei Millionen der sechzehn Millionen Niederländer vor den TV-Geräten versammelt. Nur, dass wir statt den Tulpen das Brandburger Tor als Studiodeko haben. Und nicht Linda de Mol den beiden Teams die Fragen stellt, sondern unser guter alter Knuddel-Jürgen.
Von der Lippe, nicht Milski. So tief sinkt Sat.1 nun doch noch nicht.
Aber Spaß – und Vorurteile - beiseite. Denn, um eine typisch deutsche Phrase zu bemühen: Es war nicht alles schlecht. Einiges war in der ersten Ausgabe der neuen Freitagabend-Show sogar schon recht gut. Und Potential nach oben ist auch vorhanden. Es ist eine Sendung, zu deren Tonus „Ich Liebe Deutsche Land“ um einiges besser passt als „Einigkeit und Recht und Freiheit“. Und das ist für die im Klischee ansonsten doch so biederen und humorlosen Deutschen wohl auch der richtige Weg.
Spannend war die Sendung nicht gerade, dafür aber zumindest in Teilen doch sehr unterhaltsam. Das lag vor allem daran, dass die Spielregeln eigentlich niemanden so wirklich interessiert haben, was so weit führte, dass Jürgen von der Lippe mitten in der Sendung schon einmal vorschlug, die Show in „Wer bescheißt besser“ umzubenennen. So anarchistisch hat man einen Haufen Deutscher selten erlebt. Außer im «Big Brother»-Container vielleicht. Amüsant anzusehen war es allemal.
Jetzt wissen wir auch, dass Daniel Küblböck unsere Justizministerin beim Namen nennen kann, aber „Tätowierung“ mit zwei „t“s schreiben würde. Oder dass Eva Habermann Ranga Yogeshwar als den „Inder von Frank Elstner“ in Erinnerung hat. Das Privatfernsehen kann eben auch etwas für die Bildung tun.
Doch das vielleicht Wichtigste ist wohl, dass hier niemand „Freunde, nicht diese Töne“ rufen muss. Nicht nur die jüngeren Generationen des Landes, die einen deutlich unbeschwerteren Umgang mit unserer Flagge, Nationalhymne und der deutschen Identität haben, können mit Spaß der Sendung zusehen, sondern vielleicht ist «Ich liebe Deutschland!» sogar die heiß ersehnte Freitag-/Samstagabend-Show, die eine ganze Familie unterhalten kann. Denn sie zeigt ein Deutschlandbild ohne Hitler, Goebbels und Himmler, sondern eines mit lustigen bis leicht bizarren Partyspielen, Lieder-Rätseln und Fröhlichkeit.
Und am Ende geht es als Preis ohnehin nur um einen kleinen, hässlichen Grill. Typisch deutsch?
Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.