«Wir retten Ihren Urlaub»: Sommerliche Belanglosigkeit

Schimmel im Bad, Spinnen im Essen – RTL wärmt die Thematik der jährlichen Horrorurlaube auf.

Jedes Jahr im Sommer ist es wieder soweit: Das quotenstarke Saisonprogramm weicht Lückenfüllern, die billigst produziert und so lange ausgetauscht werden, bis der Herbst mit frischem Programm aufwartet – oder bis sich tatsächlich einmal ein Quotenhit findet, der dann ausgebaut werden kann. Bei RTL wurden die Zuschauer in diesem Sommer bereits mit Mietprellern, Sozialanwälten, Rechtsshows und Versicherungsdetektiven attackiert, die mit mal mehr, mal weniger aus dem Drehbuch stammenden Melodramen den qualitativen Ruin des Abendprogramms einläuteten. Und auch vor der offensichtlichsten Thematik des Sommers, die bereits seit Jahren in Sendungen, Reportagen und Magazinen bis zum Erbrechen aufbereitet wurde, scheut RTL nicht zurück: «Wir retten Ihren Urlaub – Einsatz für den RTL-Ferienreporter» ist zur Stelle, wenn gestrandete Touristen im Ausland statt des Vier-Sterne-Hotels ein Drei-Sterne-Hotel mit Schimmel bewohnen müssen oder das Essen nicht den Erwartungen entspricht.

Für die betroffenen Urlauber die Rettung in der Not, für den Zuschauer daheim die in Primetime-Format gegossene Belanglosigkeit, übertrifft die Sendung alle anderen Untaten des Mittwochabends noch in einem Punkt: Es ist absolut langweilig. Wo Helena Fürst mit Keifattacken für Furore sorgte und die Mietpreller an den Ekel der Zuschauer appellierten, bleibt der «Einsatz für den RTL-Ferienreporter» abgesehen von ein paar Tränen der um ihren Urlaub geprellten Touristen emotionslos. Reisejournalist Ralf Benkö, der im RTL-Einsatz ein sorgenvolles Gesicht zieht und ansonsten recht unspektakulär Recherchen über Reiseveranstalter anstellt, Telefonate führt und die betroffenen Familien in neue Hotels einquartiert, gibt sein Bestes, um das Format in beeindruckender Weise platt und belanglos zu halten. Es ist eine Unverschämtheit, dass RTL auf den Schultern von gestrandeten Urlaubern Sendungen zusammenbastelt, die nicht mehr als lieblose produzierte Sommerlochalternativen mit den üblichen dramaturgischen Mitteln sind – zumal die Thematik ohne relevante Tipps von Profis keinen Mehrwert bietet und als Doku-Soap maximal in fünfminütigen «Punkt 12»-Beiträgen funktioniert. Als aufgeblasenes Primetime-Highlight hat sich das Format selbst disqualifiziert.
22.07.2011 14:52 Uhr  •  Jakob Bokelmann Kurz-URL: qmde.de/50974