Burda vs. Bud Spencer
Falls Sie meine Zeilen hier schon länger verfolgen, so dürften sie meine Vorliebe für zwei Italiener kennen. Schon vor geraumer Zeit appellierte ich an dieser Stelle an Doktor Burda und die Macher vom Bambi, den zwei Helden meiner Kindheit einen Bambi zu verleihen.
Doch man wird belächelt. Nicht intellektuell genug. Nur zwei Haudrauf-Ikonen aus den 70ern. Hat man schon oft auf kabel eins gesehen. Keine große Schauspielkunst. Nichts, womit man sich schmücken müsste. Bestenfalls Teil der TV-Geschichte in der Abteilung „Wiederholung“.
Nun kam plötzlich der Bud Spencer Tunnel ins Gespräch. Ein verrücktes Thema. Die Gemeinde Schwäbisch Gmünd suchte einen Namen für einen Tunnel. Ein Novum. Die Bürger sollten Vorschläge einreichen und den meistgewählten Namen würde die Stadt dann dem Ministerium vorschlagen. Viele klassische Namen waren vertreten. Ein Name auf der Liste war jedoch sonderbar: Bud Spencer Tunnel. Es entstand flink eine Facebook-Gruppe, Tweets von bekannten Twitterprofilen beschleunigten die Welle und ich tat ebenfalls meinen Teil dazu. Der Stimmenberg für Bud Spencer wuchs indessen unaufhaltsam. Massenmedien wurden auf das Schauspiel aufmerksam. Fernsehstationen berichteten und selbst in Amerika und Kapstadt nahmen Fans und Interessierte an der Wahl teil. Einem simplen Bauwerk aus Beton und Stahl wurde Leben eingehaucht. Fans wollten ihr Idol ehren, die Spaßfraktion sprang ebenfalls auf und selbst die Presse hatte Freude an der Geschichte.
Hier konnte der kleine Mann einem großen Tunnel einen Namen geben. Und der kleine Mann wollte einen Bud Spencer Tunnel. Mehr als 40.000 Mitglieder auf Facebook engagierten sich, kommunizierten miteinander und gingen zuletzt sogar friedlich demonstrieren. Selbst Carlo Pedersoli und die italienische Presse waren entzückt. Der Verlag vom Bud Spencer Buch übrigens ebenfalls über die kostenlos entstandene Viralkampagne für das Buch.
Das Ende dieser Beteiligung des Volkes? Es gipfelte in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung der Stadt Schwäbisch Gmünd. Sogar ein Livestream wurde im Internet bereitgestellt und die Sitzung in eine größere Halle verlegt. ProSieben, das ZDF und weitere Anstalten waren live mit Kameras vor Ort.
Was nun geschah, nimmt der Geschichte ihr Happy End. Der Bürgermeister bedankte sich für die viele Presse, für den Facebook-Effekt und war rhetorisch wirklich gut vorbereitet. Nur der Inhalt holperte in der Argumentation. Man wäre der Gemeinde und ihren Bürgern verpflichtet, die Wahl wäre durch Facebook nicht mehr repräsentativ und nicht jeder Bud Spencer Fan hätte auch ein echtes Interesse an der Stadt Schwäbisch Gmünd. Die Redner der anderen Fraktionen schlossen sich in ihren Statements an und befürworteten den Vorschlag, das örtliche Freibad nach Bud Specer zu benennen. Tunnel tabu, aber Freibad geht. Immerhin schwamm dort Bud Spencer wirklich einmal seine Runden bei einem Wettkampf. Lediglich der Redner der Linken befürwortete den Spencer Tunnel und bedankte sich für die Aufmerksamkeit. Junge Menschen hätten sich viel Mühe gemacht, Interesse an Politik gezeigt und man solle nicht noch Politikverdrossenheit fördern, sondern diese Chance einer historischen Situation für die Stadt nutzen. Es möglich machen. Applaus war ihm sicher, aber die Entscheidung längst gefallen. In Schwäbisch Gmünd wird es keinen Spencer-Tunnel geben.
Leider war diese Haltung absehbar. Bud Spencer ist halt nicht hübsch genug. Man wollte den Namen einfach nicht und suchte eine holprige Begründung. Die Kritik? Das Voting fand im Internet statt und war somit für alle Bundesbürger zugänglich. Medien haben berichtet und somit viele Bürger darauf aufmerksam gemacht. Hätte sich ganz Deutschland daran gestört, so hätte es sicherlich genug Stimmen für einen anderen Namen gegeben. Nebenbei ist ein Tunnelname so unwichtig wie die Farbe des Betons daran. Vor dieser Abstimmung hat sich niemand für ein solches Verfahren interessiert. Seite Drei gleich neben den Anzeigen für Musterhausküchen. Kein anderer Name auf der Liste hat für so viel Aufsehen gesorgt. Dieser Aspekt wurde nicht gewürdigt. Dass der Oberbürgermeister überhaupt vor eine Kamera treten durfte, verdankt er einzig und allein dem Ruhm von Bud Spencer. Weil das Volk und der kleine Mann ihn liebt. Weil er mittlerweile deutsches Kulturgut ist. Bud Spencer und Terence Hill sind so deutsch wie Sauerkraut. Nirgends in der Welt waren die Filme erfolgreicher. Stattdessen tut man auch in Gmünd die beiden Altstars als minderwertig ab. Ein Günther Jauch Tunnel hätte es wohl einfacher gehabt. Da benennt man das Bauwerk lieber nach Rommel. Dem legendären Wüstenfuchs. Bud Spencer hat nebenbei keine Menschen im Zeichen des Nationalsozialismus umgebracht. Es existieren auch keine Fotos von Bud Spencer und Adolf Hitler.
Gmünd hatte die Chance, als bedeutungslose Gemeinde anders zu sein. Humor zu zeigen. Und es wurden sogar Vorschläge gemacht. Bud Spencer Festspiele in Gmünd. Aber wäre es nicht bei Quentin Tarantino ähnlich gewesen? Nicht unbedingt. Es gibt sehr viele Menschen in Deutschland, die das Duo mögen. Arbeiter für das Publikum. Gewalt ohne Blut für das Gute. Kinder lieben Bud und Terence. Sie sind Vorbilder und Vertreter einer ganzen Generation. Aber die älteren Herren und Damen in Gmünd nehmen ihr lange geplantes Tunnelprojekt wichtiger als den Namen dafür. Sie hatten die Chance kostenlos Anerkennung aus der ganzen Welt zu bekommen.
Der Bürgermeister wird diese Zeilen hier sicherlich leicht abfällig lesen. In zwei Wochen interessiert es keinen Hund mehr. Es war eine lustige Aktion. Wir alle hatten Spaß. Zurück zur Realität. Nur leider kann ich Ihnen sagen, wie diese nun aussehen wird. Oder vielmehr, was die Gemeinde Schwäbisch Gmünd verpasst. Ein riesiges Fest mit unzähligen, friedlichen Besuchern vor dem Tunnel. Einen europäischen Star mit rotem Strandbuggy vor seinem Tunnel. Fernsehberichterstattung und Speckbohnen für alle vom Meisterkoch aus München. Es wäre eine riesige Party geworden. Firmen wären gern im Bild gewesen. Hotels ausgebucht und bei jeder Fahrt hätten die Bundesbürger der Nation an die tolle Gemeinde und ihren Bürgermeister gedacht. Warum es so wichtig gewesen wäre? Weil wir Bürger genug von Mitsprache ohne Wirkung haben. Stuttgart21 findet im gleichen Bundesland statt. Dieser Bud Spencer Tunnel wäre die einfache Chance für eine CDU gewesen, einmal mit einer Nichtigkeit dem Volk ein Geschenk zu machen. Wahlversprechen braucht es nicht mehr. Daran glaubt die Nation nicht mehr. Aber dieser Name schien dem Volk möglich. Bud Spencer war auch ein Ventil. Junge Leute sahen eine Chance gehört zu werden. Es war mehr als nur ein Mann und ein paar Filme. Es war eine Bewegung. Mit den bestmöglichen Fans. Bud Spencer Fans. Friedliche Fans die bestenfalls die Lieder hören, ein Autogramm und sich ihrem Idol nähern wollen. An der Sache war nichts Böses.
Was wir dagegen nun haben dürfen? Ein Bad Spencer. Das kommt der Bewegung vor wie Bildungsgutscheine für Hartz4-Empfänger.
Und ein Wort an den lieben Herrn Bürgermeister: Nur durch Bud Spencer durften Sie Interviews geben. Nur durch Bud Spencer hat die Welt über Sie berichtet. Nur durch Bud Spencer konnten Sie einmal vor versammelter Presse über ihre Landesgartenschau sprechen. Nur durch Bud Spencer hatten Sie Grund, sich den feinen Anzug anzuziehen. Nur durch Bud Spencer bekamen Sie kostenlose Werbung, welche das Stadtmarketing überflüssig macht. Und Sie haben nicht einmal den Arsch in der Hose um diesem Namen einen Tunnel zu spendieren? Ein verdammter Tunnel. Eine Betonröhre. Sie hätten sich dafür mehr als nur eine Schelle vom Bud verdient.
Was jetzt noch helfen kann? Vielleicht wirklich Doktor Burda. Es wäre doch an der Zeit, die beiden alten Hasen des europäischen Kinos mit einem Bambi für ihr Lebenswerk zu ehren. Wenn Tom Cruise einen Bambi für die Kategorie Mut erhält, so ist ein Bambi für zwei wirkliche Publikumslieblinge für Sie hoffentlich mehr Gedanken wert. Oder verleihen wir dieses Jahr einen Bambi an Erwin Rommel? Dem Bürgermeister von Schwäbisch Gmünd würde es gefallen. Dem Publikum nicht.