Die Kritiker: «Sherlock – Das große Spiel»

Inhalt
Manche Verbrechen geschehen genau zur richtigen Zeit - zumindest für Sherlock Holmes: Gerade als der geniale Ermittler über Langeweile und den Mangel an neuen Herausforderungen klagt, beginnen die Ereignisse sich zu überstürzen. Erst kommt es in seinem Haus zu einer gewaltigen Explosion, die scheinbar auf ein Gasleck zurückzuführen ist, und dann taucht sein Bruder Mycroft auf und bittet ihn um Hilfe. Ein Agent des MI6, der wichtige Daten eines geheimen Waffenprojekts auf einem Speicherstick mit sich führte, wurde tot aufgefunden - der Stick ist spurlos verschwunden. Überraschenderweise zeigt Holmes kein Interesse an dem Fall und delegiert ihn an seinen Mitbewohner und Kollegen Dr. Watson weiter. Er scheint zu ahnen, dass die wirklich große Herausforderung noch auf ihn wartet.

Tatsächlich erhält Sherlock wenig später eine Reihe schockierender Botschaften, in denen er von einem geheimnisvollen Verbrecher zu einer Art Duell herausgefordert wird: Der Mann hat mehrere unschuldige Menschen in lebende Bomben verwandelt. Um jeden Einzelnen von ihnen zu retten, muss Sherlock Verbrechen lösen, die von der Polizei entweder nicht als solche erkannt oder bereits zu den Akten gelegt wurden. Für die geniale Spürnase beginnt mit jedem Ultimatum ein neuer Wettlauf gegen die Zeit. Dennoch hilft er Watson ganz nebenbei den Fall des toten Agenten zu lösen - will er doch den verschwundenen Speicherstick mit den Waffenplänen nutzen, um seinen mysteriösen Widersacher aus seinem Versteck zu locken. Allerdings hat Holmes nicht damit gerechnet, dass sein Gegner ihm diesmal an Genialität in nichts nachsteht.

Darsteller
Benedict Cumberbatch («Abbitte») ist Sherlock Holmes
Martin Freeman («The Hobbit») ist Dr. John Watson
Rupert Graves («Scott & Bailey») ist Detective Inspector Lestrade
Una Stubbs («Mist: Sheepdog Tales») ist Mrs. Hudson
Zoe Telford («Criminal Justice») ist Sarah
Louise Brealey («Casualty») ist Molly Hooper
Andrew Scott («Silent Things») ist Jim
Vinette Robinson («Waterloo Road») ist Sergeant Sally Donovan
Mark Gatiss («The First Men in the Moon») ist Mycroft
Matthew Needham («Casualty») ist Bezza
San Shella («Five Days») ist Alan West

Kritik
Auch für das Finale der ersten Staffel von «Sherlock» haben sich die «Dr Who»-Masterminds Mark Gatiss und Steven Moffat wieder so manchen Twist ausgedacht. Interessanterweise verlässt sich Gattiss' Drehbuch dabei auf gänzlich andere Stil- und Erzählmittel, als die ersten beiden Filme. Hier lässt er Holmes förmlich durch die knapp 90 Minuten Sendezeit rasen und dabei auf gleich zwei Hochzeiten tanzen. Zum einen wäre da der Fall des getöteten Regierungsbeamten. Da dieser von seinem ungeliebten Bruder Mycroft in Auftrag gegeben wurde, überlässt er kurzerhand Watson das Ruder – schafft es im Verlauf der Handlung aber auch, diesem mit Rat und Tat zur Hand zu gehen. Der zweite – viel interessantere und gefährlichere – Fall hängt mit mehreren mysteriösen Selbstmorden und Verbrechen zusammen, die in irgendeiner Art und Weise in einem Kontext stehen. Doch bis Holmes diesen erkennen kann, vergeht noch so manche knifflige Minute. Am Ende steht dann sogar ein Finale, das vor Spannung und Überraschungsmomenten nur so strotzt. Ein Glück, das die britische BBC als Auftraggeber bereits eine zweite Staffel in Arbeit hat, einen solchen Cliffhanger als Serienende wäre kaum zu ertragen.

Gattiss lässt seinen Protagonisten dieses Mal wirklich nicht viel Zeit, tiefer in die Fälle zu tauchen. Zu knapp ist die bemessene Zeit, die jeder einzelnen Tat zugedacht wird. Dennoch schafft er es aber, genügend Brotkrumen zu streuen, um Holmes und Watson ihre Arbeit zu ermöglichen. Die beiden Erstlinge dienten im Rückblick schon dazu, die Figurenkonstellationen zu fixieren, die Zuschauer mit den Abläufen vertraut zu machen. So konnten sich Gattiss und Regisseur Paul McGuigan («Monroe») nun vollkommen auf das bereits oben angedeutete und überaus furiose Finale konzentrieren.

McGuigan gelingt es auch hier wieder, genau wie in dem von ihm inszenierten Serien-Erstling, ein hohes Maß an Spannung, Humor und Tempo in die Geschichte zu implementieren. Viel Zeit für die Neckereien zwischen Holmes und Watson blieb da aber nicht übrig. Immerhin ist es aber etwas mehr, als in „Der blinde Banker“. Ihre Freundschaft wächst ein wenig mehr, ihre Arbeitsweise perfektioniert sich. Großes Plus auch an McGuigans Arbeit: Er lässt den Zuschauer an dem, was in dem Fall wirklich passiert teilhaben. Er visualisiert wieder Textnachrichten, lässt den Countdown auf dem Bildschirm erscheinen und zeigt auch die Opfer der Verbrechen – so das man als Zuschauer immer mehr weiß, als das kongeniale Ermittlerduo.

Letztgenanntes Duo ist es dann auch, das den letztendlich größten Reiz an dieser Neuinterpretation des Sir Arthur Conan Doyle-Klassikers ausmacht. Benedict Cumberbatch und Martin Freeman sind uns Zuschauern innerhalb kürzester Zeit ans Herz gewachsen. Ihre Wahl als Hauptdarsteller war ein genialer Schachzug – egal ob als individueller Charakter oder als Gesamtpaket Holmes/Watson. Die Chemie stimmt bis in die letzte Szene hinein. Man kann nur hoffen, dass die BBC noch einen langen Atem beweist und Mark Gatiss und Steven Moffat noch genügend Ideen für viele Jahre spannende und unterhaltsame liefern werden.

Kurzgesagt, „Das große Spiel“ beendet eine außerordentlich starke erste Staffel von «Sherlock». Qualitätsfernsehen auf Kinoniveau und das auch noch mitten im ansonsten wiederholungsübersäten deutschen TV-Sommer.

Das Erste zeigt den Abschluss der ersten Staffel von «Sherlock» am Sonntag, den 07. August 2011, um 21:45 Uhr.
06.08.2011 10:00 Uhr  •  Torben Gebhardt Kurz-URL: qmde.de/51257