«Die Bauretter»: Die Front des Helptainments
Eigentlich ist John Kosmalla «Zuhause im Glück»-Architekt – in der neuen RTL II-Sendung «Die Bauretter» vereint er Hausrenovierung und rechtlichen Helptainmentkitsch.
Im Fernsehen gilt wie in der Ökonomie: Was erfolgreich ist, wird immer wieder kopiert. Im Falle der RTL II-Sendung «Die Bauretter» nimmt diese nicht ganz unwahre Plattitüde eine ganz neue Form an, denn das neue Format am späten Abend kopiert nicht nur schamlos dutzende Facetten aller möglichen Helptainment-Sendungen der deutschen Privatsender, sondern dupliziert auch den magischen Charme des einzigen wirklich erfolgreichen Sendergesichts in diesem Segment, John Kosmalla. Der Architekt ist an der Seite von Innenarchitektin Eva Brenner treibende Kraft einer der langlebigsten, qualitativ hochwertigsten und gleichzeitig auch quotenstärksten Bausendungen des deutschen Fernsehens, der RTL II-Sendung «Zuhause im Glück». Jetzt hat sein Heimatsender den Clou ersonnen, Kosmalla in einer vorerst einmaligen Sendung gemeinsam mit Rechtsanwältin Manuela Reibold-Rolinger als «Bauretter» einzusetzen.
Die neue Produktion vereint den in jüngster Zeit so beliebten Baupfuschvoyeurismus mit dem ebenso beliebten Genre der Anwaltssendung zu einem Klon aus «Zuhause im Glück», «Helfer mit Herz» und «Einsatz in vier Wänden». Das Konzept hätte das Potential für einen grandiosen Reality-Flop, bewegt sich dank des gelungenen «Zuhause im Glück»-Rezepts aber gerade noch im Mittelfeld der Reality-Bausendungen. Natürlich, schwarz-weiße Kameraeinstellungen beim Gespräch mit dem verantwortlichen Bauleiter, der unnötige Einsatz von Rückblenden und der unsinnige, weil nichtssagende Handlungsstrang rund um Manuela Reibold-Rolinger prägen die Sendung. Angenehm fällt allerdings auf, dass «Die Bauretter» genau das tun, was der Sendungstitel suggeriert: Sie renovieren Wohnbaustellen und merzen die Fehler habgieriger Bauunternehmer und unzuverlässiger Handwerker aus, die ein angenehmes Leben in den Bauruinen oftmals unmöglich machen.
Dass das Format mehr Sein als Schein bietet, zeigt sich dann auch im Endergebnis, denn statt großzügig eingerichteter IKEA-Oasen erwartet die Eigentümer ein grundsaniertes Haus mit sinnvollem Wohnkonzept, das als Ausgangspunkt für individuelle Gestaltung und Einrichtung dienen kann. Weder billige und realitätsferne Komplettsanierung noch gescriptete Heldengeschichten trüben das Bild der Sendung. Einzig die liebgewonnenen Handwerkertipps aus «Zuhause im Glück» fehlen, denn in dieser Sendezeit steht Reibold-Rolinger mit einem Fotoapparat bewaffnet vor dem ehemaligen Büro des insolventen Bauunternehmers, zitiert die betroffene Familie zu sich ins Büro oder streicht auf einer gigantischen Glaswand jede mögliche Option durch, die Verantwortlichen zu stellen. Da dieser anwaltliche Einsatz aber zu keinem wirklich befriedigenden Ende gelangt, bleibt die Frage nach Sinn und Zweck der Übung. Manchmal ist weniger eben mehr, denn «Die Bauretter» machen als das bewährte «Zuhause im Glück»-Team ohne Helptainment-Chaos eine deutlich bessere Figur.