Serien-Update: «Leverage»

Ohne große Veränderungen läuft die erfolgreiche Serie bereits in der vierten Staffel. Ihre Frische hat sie aber noch lange nicht verloren.

Mit großem Erfolg strahlte der Sender VOX die erste Staffel der modernen Robin-Hood-Serie «Leverage» bis Ende 2010 aus. Nach einem fulminanten Zweiteiler, auf VOX am 22. Dezember in Spielfilmlänge ausgestrahlt, ging vom Team jeder seines eigenen Weges. Doch wie man sich leicht denken kann, blieb es nicht lange dabei. Zum Auftakt der zweiten Staffel fand die Truppe fünfköpfige Truppe um Mastermind Nathan Ford, gespielt von Oscar-Preisträger Timothy Hutton, schnell wieder zusammen, um den Opfern der Mächtigen und Reichen mit den Mitteln von Dieben und Betrügern unter die Arme zu greifen.

Mittlerweile ist «Leverage» in den USA in der Winterpause der vierten Staffel angelangt, eine außerordentliche Entwicklungsfreude kann man der Serie in dieser Zeit allerdings nicht unterstellen. Wer von der ersten Staffel direkt den Sprung in die vierte wagt, würde kaum merken, überhaupt etwas verpasst zu haben: Im Großen und Ganzen ist «Leverage» aufgebaut wie eh und je, ist die Charakterkonstellation die selbe und die Fälle der Woche nehmen das absolute Gros der Spielzeit ein. Zwar wird mittlerweile in jeder Staffel ein roter Faden gesponnen, in den meisten Episoden findet dieser aber nicht einmal Erwähnung. Was bei «Leverage» dafür spricht: Das Konzept funktioniert auch im vierten Jahr noch bestens ohne Verschleißerscheinungen zu zeigen.

Es ist eine Anzahl an Dingen, die «Leverage» auch nach dieser Zeit noch frisch hält, allen voran der glänzende Cast, mit dem die Serie gesegnet ist. Nicht nur füllen alle fünf ihre Rollen ausgezeichnet aus, die Chemie untereinander stimmt auch einfach. Das andere Lob gebührt den Autoren, die es nach all der Zeit immer noch schaffen, die im Grundsatz recht simplen Wiederbeschaffungsjobs immer mit neuem Leben - mit einer leichten Schwächephase in Staffel drei als die Plots zuweilen sehr ins Unglaubwürdige abdrifteten. Und auch die Charakterentwicklung wird nicht völlig außer Acht gelassen. Zwischen den Figuren tut sich etwas - langsam und fein über die Staffeln verstreut, aber es verändert immer wieder die Facetten des Zusammenspiels.

Eine hingegen deutliche Veränderung der Teamdynanik erhielt die Serie im Verlauf der zweiten Staffel als Gina Bellman schwangerschafts-bedingt eine Drehpause einlegte. Dass für sie mit Jeri Ryan ein weitere ehemalige Hauptdarstellerin aus dem «Star Trek»-Universum einspringt, nachdem bereits in der ersten Staffel Brent Spiner und Armin Shimerman zu sehen waren und Wil Wheaton und John Billingsley noch folgen sollten, verwundert wenig. «Leverage» blieb ein toller Erfolg für den produzierenden Sender TNT, der von Staffel zu Staffel mehr Episoden bestellte. Auch die fünfte Staffel im Sommer 2012 ist längst in trockenen Tüchern. Dafür nimmt man dann auch gerne mal die aufdringliche Microsoft-Produktplatzierung in Kauf.



Nathan Ford kann Hypnose, Hardison überzeugt ein Fachpublikum als Teufelsgeiger und Elliot macht eine große Gesangskarriere als Country-Sänger. Angesichts dieser Kapriolen der Autoren, die ihren Figuren ungewohnte und völlig unpassende Talente andichteten, die weder zuvor noch später jemals wieder erwähnt wurden, konnte man in der dritten Staffel durchaus den Eindruck gewinnen, die Luft sei langsam raus aus dem Format. Auch hatten sich viele klassische Elemente abgenutzt und fielen unter den Tisch: Die Teambesprechung samt Vorstellung des dahinterliegenden Betrugsszenarios wich immer öfter chaotischen Ad-Hoc-Aktionen und Nates markige Punchline "Let's steal ..." kam auch kaum noch vor.

Zum Glück hat sich das in der aktuellen vierten Staffel wieder geändert. Die Missionen sind wieder klarer Umrissen, die Charaktere wieder ein bisschen stärker vom Supermenschen-Dasein entrückt und dürfen sich wieder auf das konzentrieren, worin sie Experten sind, und selbst Nates Punchline findet wieder öfter Verwendung - oftmals in ironischer Selbstreferenzialität, die die Serie noch sympathischer wirken lässt.Öfter als zuletzt wird auch wieder das klassische Heist-Motiv bedient, das heißt ein groß angelegter Raub gegen einen vermeintlich überlegenen Gegner wird geplant und durchgeführt.

Nate und Sophie - diese Beziehung stand von vornherein unter einem ganz besonderen Stern und verändert sich im Verlauf der Serie langsam, aber kontinuierlich. Angefangen von Nates Alkoholproblemen, um die sich Sophie sorgt bis zum aktuellen Stand der Beziehung als "friends with benefits" wurde hier langsam und vorsichtig an den Charakteren gefeilt ohne plötzliche radikale Entwicklungen. Ähnlich bei Hardison und Parker - was und ob überhaupt aus den beiden noch etwas werden wird, lässt sich kaum abschätzen. Schade ist es allerdings, dass viele Entwicklungen zwischen den Charakteren in einigen Episoden offenbar komplett wieder vergessen wurden. Hier wäre es schön, wenn «Leverage» etwas konsistenter wäre.

Das gilt auch für die roten Fäden, die eigentlich die Serie zusammenhalten sollten, tatsächlich aber eher zum Staffelanfang einmal das Jahresfinale teasern und zwischendurch nicht mehr vorkommen. So war das Team in Staffel drei eigentlich gezwungen, Jagd auf Damien Monreau zu machen, ging stattdessen aber fast jede Woche gewöhnlichen Missionen nach ohne Monreau auch nur zu erwähnen. In der vierten Staffel fällt der Story Arc bislang sogar noch dünner aus, sodass man sich die Frage stellen sollte, wozu er überhaupt eingebaut wurde. Denn als klassisches Procedural funktioniert «Leverage» so ausgezeichnet wie derzeit kaum eine andere Serie.
07.09.2011 10:00 Uhr  •  Stefan Tewes Kurz-URL: qmde.de/51879