«Kirschs Blüten»: Talk, Talk, Talk
Die Talkshow-Schwemme im Ersten und die Frage nach dem Overkill: Lange Rede kurzer Sinn!
Talk, Talk, Talk – so klingt nicht nur eine in die Jahre gekommende Clipshow mit Sonya Kraus auf ProSieben, sondern auch die Musik, die mit Beginn der neuen Fernsehsaison in der ARD gespielt. Die Talkshow-Schwemme hat uns erreicht – allen Unkenrufen zum Trotz. Jetzt wird fünf Tage in der Woche geplattert. Günther Jauch, Frank Plasberg, Sandra Maischberger, Anne Will und dann kommt auch noch Reinhold Beckmann um die Ecke. Alle talken im Ersten. Wer Talkshows liebt wird bei dem öffentlich-rechtlichen Sender derzeit ein Paradies vorfinden. Doch viel zu erzählen gibt es eine ganze Wochen lang eben doch nicht. Bestes Indiz: Zu Beginn der neuen Saison schauten weniger Menschen zu als üblich. Günther Jauch, der ohnehin beliebteste Moderator der Deutschen, lockte immerhin über fünf Millionen mit seiner ersten Sendung. Eine Marke, von der Anne Will lange träumt – auch mit der «Tatort»-Steilvorlage gelang das nicht. Günther Jauch ist eben doch ein Zugpferd, ein Magnet für die Zuschauer, die ihm sogar ins öffentlich-rechtliche Fernsehen folgen.
Doch letztlich zählen eben nicht nur die nackten Zahlen. Auch inhaltlich will man sich schließlich neu aufgestellt haben. Passend zum 11. September, dem zehnten Jahrestag der Terroranschläge auf New York, gab es bei «Günther Jauch» vielsprechend zu erfahren, was wir – zehn Jahre später – aus dem historischen und weltverändernden Ereignisse gelernt haben. Um es vorweg zu nehmen: Viel gelernt haben wir, zumindest in der Sendung von Jauch, nichts. Denn tatsächlich: Neue Erkenntnisse waren Fehlanzeige. Woher auch? Wissen wir nicht schon längst alles über die USA, den Terror und natürlich Afghanistan, die Bush-Regierung und das Öl im Irak? Viel wurde eben um den heißen Brei geredet, um das Thema, um das man an diesem Tag auf fast keinem Sender herum kam, noch mehr breit zu treten, als es eh schon totgequatscht wurde. Dennoch hat Jauch seine Premiere natürlich solide gemeistert. Das war auch zu erwarten. So kennt man ihn. Das ist seine Stärke. Doch all die hochgeschraubten Erwartungen an die erste Sendung von «Günther Jauch», die im Vorfeld von dem Moderator höchstpersönlich bewusst heruntergeschraubt wurden, sie blieben natürlich unerfüllt. Auch das war zu erwarten. Wunderdinge können schließlich auch von Deutschlands beliebtestem Moderator nicht vollbracht werden, er hat das Talk-Rad ja auch nicht neu erfunden, sondern nur das Genre bedient. Dass er das kann, daran hatte – seien wir ehrlich – nie jemand seinen Zweifel. Ebenso wenig wie seine Talk-Kollegen mit neuen Sendeplätzen plötzlich ihr Handwerk verlernt haben würden.
Klar, das Zuschauerinteresse war nicht so, wie es sich die ARD insgeheim vielleicht erhofft hat. Die Talksendungen langen auf dem Niveau der Formate, die sonst an den talkfreien Tagen gelaufen waren. Doch daran lässt sich noch lange nicht ablesen, ob auch die Sendungen inhaltlich schlechter geworden sind. Frank Plasberg ist kein „Blassberg“, nur weil er mal ein weniger publikumwirksameres Thema anschneidet, aber dennoch seiner Linie treu bleibt. Na gut, das kritische Hinterfragen und Nachhaken hat er in der Vergangenheit schon besser in die Waagschale geworfen. Zumindest war er fair. Ein wenig härter darf Plasberg aber noch werden. Kaum Formschwankungen waren auch bei Kollegin Maischberger zu beobachten. Doch auch hier gab es eben wie so oft in der ARD-Talk-Woche viel Gerede um Nichts. Allein Reinhold Beckmann war mutig und suchte das intensivere Gespräch, er tanzte da bei dem ARD-Talk-Allerlei ein wenig aus der Reihe. Aber auch nur unwesentlich. Lange Rede kurzer Sinn: Vielleicht hat man auch einfach nur zu hohe Erwartungen gehabt und beschwert sich jetzt auf hohem Niveau über das, was in der vergangenen TV-Saison noch gut war. Denn außer, dass man mit den Sendeplätzen der TV-Talker in der ARD die „Reise nach Jerusalem“ gespielt hat, um Günther Jauch am Sonntag nach dem «Tatort» zu platzieren, damit der gewohnt solide seine Show moderieren kann, hat sich doch eigentlich nichts verändert. Alles andere ist nur Gerede.
«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Diesntag! Nur bei Quotenmeter.de!