«Schlüter sieht's»: Und nach dem Start?
Jauch und Schmidt haben die Premieren bei ihren neuen Sendern hinter sich. Nun beginnt der Kampf um das Publikum…
In der vergangenen Woche wurde an dieser Stelle über den teils schwachen Quotenstart der bekannten ARD-Talker geschrieben, am Sonntag reihte sich in deren Reihe nun Günther Jauch mit seiner Premiere ein. Die Quoten waren mit mehr als fünf Millionen Zuschauern durchaus respektabel, zumal der «Tatort» im Vorfeld eine vergleichsweise schwache Reichweite erzielte. Dennoch brachte es Jauch auf nur minimal bessere Werte als die Premiere von «Anne Will» vor vier Jahren, die damals Sabine Christiansens Talk ersetzt hatte. Der damalige «Tatort» lief übrigens nur leicht erfolgreicher als nun.
Das Ergebnis ist also durchaus gut, aber sicherlich nicht überragend. Auch Harald Schmidt startete bei seinem neuen Arbeitgeber Sat.1 und erreichte mit 14 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe einen ebenfalls guten, aber nicht richtig starken Wert. Beide Fernsehgesichter können mit ihren Premierenquoten zufrieden sein, doch beide kennen auch die ungeschriebenen Gesetze des TV-Marktes: Eines davon besagt, dass die Zuschauerzahlen nach überraschend starken Einstandsquoten, die insbesondere auch durch den medialen Rummel verursacht werden, zunächst einmal fallen werden.
Im Falle des Late-Night-Entertainers Schmidt könnte man beispielsweise auf die Quoten von «Anke Late Night» schauen, die bei ihrem Start über 27 Prozent der Werberelevanten erreichte und ein halbes Jahr später mit nur noch einem Bruchteil davon die Segel streichen musste. Auch Oliver Pocher musste mit seiner Sat.1-Show die bittere Erfahrung machen; seine Show holte in den ersten beiden Wochen immerhin durchschnittliche, zweistellige Marktanteile, bevor diese ebenfalls ins Bodenlose fielen. Ähnlich erging es der Sendung «Achtung! Hartwich» bei RTL, die am Freitagabend die bereits schwachen Anfangszahlen noch verschlechterte, bis sie am Samstag nach «DSDS» halbwegs akzeptabel lief.
Günther Jauch kann sich von sinkenden Zuschauerzahlen etwas unabhängiger machen als Schmidt, da sein ARD-Talk stark von der Themenlage abhängt und ein großes «Tatort»-Publikum am Bildschirm gehalten werden kann. Doch auch hier zeigt sich das Gesetz des Marktes: Wie bereits angesprochen startete «Anne Will» mit über fünf Millionen Zuschauern, doch diese Marke sollte sie sie nur noch fünfmal überspringen – inklusive jener Spezialausgabe, die vor dem «TV-Duell» im September 2009 anlässlich der Bundestagswahl lief. Als jüngeres Beispiel könnte auch Markus Lanz mit seiner ZDF-Show gelten, die 2009 bei ihrer Premiere 15 Prozent Marktanteil generierte und diese Quoten verständlicherweise nicht halten konnte.
Es ist also völlig normal, wenn sich die Quoten bei der zweiten Show, aber insbesondere auch im Laufe der nächsten Monate nach unten entwickeln. Das Gelegenheitspublikum, das bei der Premiere aus Neugier einschaltet, ist nach und nach immer schwerer zu erreichen – Jauch hat aufgrund des «Tatort»-Vorlaufs hier einen Vorteil. Daher bleibt das Ziel, die möglicherweise schwächeren Quoten der nächsten Monate wieder zu steigern: durch die Bildung eines größeren Stammpublikums. Sowohl Schmidt als auch Jauch besitzen ihre feste Zuschauerschaft, die immer einschaltet. Ob das für eine gute Quote reicht, bleibt abzuwarten. Bei Johannes B. Kerner in Sat.1 hat es dies beispielsweise nicht ansatzweise, wie die desaströsen Quoten der ersten Sendungen gezeigt haben. Aber ein größeres Stammpublikum erarbeitet man sich durch inhaltliche Qualität: Kerner hat in den vergangenen Wochen beispielsweise sehr oft einen zweistelligen Marktanteil bei den jungen Zuschauern erzielt und kann seit längerer Zeit einen kleinen, aber konstanten Aufwärtstrend vorweisen. Ähnlich dürfte es auch Schmidt und Jauch ergehen: Denn an der Qualität dieser beiden zweifelt wohl fast niemand.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.