Die Kritiker: «Mein Bruder, sein Erbe und ich»

Story
Als die Mutter stirbt, erbt ausgerechnet Adrian, der angeblich mit materiellen Werten nichts anfangen kann, ihre Aktien. Roman versucht, seinen Bruder davon zu überzeugen, ihm die wertvollen Papiere zu übertragen. Denn das ist für ihn die einzige Chance, seinen Schuldenberg abzubauen und das Herz seiner Frau Klara zurückzugewinnen, die sich wegen seines chaotischen Lebensstils und seiner ständig neuen Geschäftsideen endgültig von ihm trennen will.

Der Gerichtsvollzieher mitsamt einer knallharten Finanzbeamtin stand auch schon vor Tür. Doch Romans Rettungsplan geht nicht auf: Sein Bruder Adrian bleibt stur. Plötzlich ist der "dommer Siach", wie er im Dorf genannt wird, gar nicht so einfältig, wie alle immer dachten.

Darsteller
Fritz Karl («Der Geisterfahrer») ist Roman
Alexander Beyer («Carl & Bertha») ist Adrian
Andrea Sawatzki («Tatort») ist Frau Stöckl
Carolina Vera («Schutzlos») ist Clara
Alwara Höfels («Keinohrhasen») ist Maggie
Monika Baumgartner («Der Alte») ist Mutter Bichler
Emma Preisendanz («Ein Haus voller Töchter») ist Laura
Johann von Bülow («Papa allein zu Haus») ist Johann Maier

Kritik
Der ZDF-Fernsehfilm der Woche, den die Produktionsfirma Kordes & Kordes hergestellt hat, kommt als launische Komödie daher, die vor allem auch Elemente des Heimatfilms aufweist. Ein Gute-Laune-Streifen eben, der die prominenten Darsteller Fritz Karl und Alexander Beyer als ungleiche Brüder zeigt, die sich auf sehr schräge Weise um ein Erbe ranken. Mit dabei ist auch «Tatort»-Star Andrea Sawatzki, die den Spielfilm ebenso bereichert. Die Charaktere im Drehbuch von Judith Angerbauer sind scharf gezeichnet und beleben die Geschichte im Film ausdrücklich durch ihre Unterschiedlichkeit. Denn Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Und so wird auch der Zuschauer mit den beiden Hauptfiguren schnell warm. Auch die Rolle von Andrea Sawatzki, die die Protagonisten karikiert, sorgt für Abwechlung in einem Film, bei dem es nie langeweilig wird. Dafür hat Regisseurin Imogen Kimmel gesorgt. Sie setzt auf große Gefühle im Film, weniger auf tiefgründige Dialoge, denn die Konfliktsituation ist bereits nach wenigen Spielminuten glasklar.

Die beiden von grundauf verschiedenen Brüder sind nach etwa einem halben Leben erstmals aufeinandern angewiesen und müssen sich mit dieser neuen Situation arrangieren. Allein diese Konstellation bietet viel Platz für komödiantische Einlagen im Film, die aber dennoch viel zu knapp ausfallen. Für eine Fernseh-Komödie ist das zu wenig. Schließlich wird trotz der guten Ausgangslage anhand der Figurenkonstellation im Drehbuch doch sehr viel Komödie-Potenzial verschenkt. Aufgrund der überwiegenden Gefühlselemente im Film zaubert der 90-Minüter nur einige wenige Male ein Lachen ins Gesicht des Zuschauers. Nur klassische Elemente des Comedy-Genres werden bedient. Wer also herzhaft lachen will, sollte von dem Spielfilm «Mein Bruder, sein Erbe und ich» nicht allzuviel erwarten. Denn solche Erwartungen kann der Film nicht bestätigen. Groß – und das betonen wir an dieser Stelle genre noch einmal – ist jedoch die Gefühlsebene.

So zum Beispiel als einer der Brüder in Richtung der verstorbenen Mutter sagt: „Es war nie mein Leben, immer nur deins“, befindet man sich auf dem Höhepunkt der Gefühle im Film. Als Roman, jener der beiden Brüder, der das Erbe für seinen Schuldenberg braucht, dann noch seine Schweine auf dem Hof in die Freiheit entlässt und kraftlos im Hundezwinger zusammensackt, daraufhin von seiner Ex-Freundin schweigende Gesellschaft bekommt, gibt das nicht nur ein komisches Bild ab, sondern markiert auch die gefühlstarke Farbe im Film. Zum Tragen kommen schließlich auch die Freiheit als Gegenentwurf zum dörflichen Leben, die immer wieder thematisiert wird, aber nie klar benannt oder angesprochen wird. An diesem Punkt geht der ZDF-Film auch in die Tiefe und schafft es mit starken Charakteren seine eigene Welt zu schaffen, in der es nicht nur zuweilen sehr zärtlich, sondern auch größtenteils tragischkomisch zugeht.

Der ZDF-Fernsehfilm der Woche «Mein Bruder, sein Erbe und ich» gibt insgesamt ein rundes Gesamtbild ab, das sich von der Masse der Komödien deutlich abhebt. Zwar sind die tragisch-komischen Szenen oft auch zum Lachen, da ohnehin die klassischen Elemente des Genres zum Tragen kommen, doch der Film von Imogen Kimmel überzeugt vor allem auf der Gefühlsebene. Stark sind die Charaktere im Film, die nicht nur authentisch, sondern auch noch sehr detailreich gezeichnet wurden. Die namhaften Schauspieler bringen die ausdrucksstarken Momente wunderbar rüber, so dass «Mein Bruder, sein Erbe und ich» punkten kann.

Das ZDF zeigt «Mein Bruder, sein Erbe und ich» am Montag, 19. September 2011, um 20.15 Uhr.
18.09.2011 11:02 Uhr  •  Jürgen Kirsch Kurz-URL: qmde.de/52087