Warum eine Erhöhung der GEZ-Gebühren trotz aller Gegenargumente nicht ohne Grund wäre…
Wenn es um GEZ-Gebühren geht, so schaltet der Großteil der betroffenen Fernsehkonsumenten auf Durchzug: Von einer Abzocksteuer, von Zwangs-Pay-TV und geldgeilen Senderbossen ist die Rede, die in ihre eigene Tasche wirtschaften. Und überhaupt: Das mittlerweile schreckliche Programm unterscheide sich ohnehin nicht mehr großartig von dem der Privatsender. Dass die Relevanz der öffentlich-rechtlichen Programme schwindet, habe ich kürzlich in
einer Statistik erörtert, nach welcher diese Sender zusammengerechnet einige Prozentpunkte an Marktanteil innerhalb der letzten Jahre einbüßen mussten, während das Privatfernsehen dazugewann.
Dennoch ist die Legitimation einer GEZ-Gebühr zunächst auch trotz des konstanten Zuschauerschwunds gegeben – weiterhin machen die Öffentlich-Rechtlichen durchschnittlich mehr als 40 Prozent der Fernsehenden aus. Warum aber fordern ARD und ZDF nun, wie die ZEIT in der vergangenen Woche erfuhr, fast 1,5 Milliarden Euro mehr an Gebühren? Eine solche Erhöhung würde die monatliche Abgabe von derzeit 17,98 Euro auf 18,86 Euro pro Kopf ansteigen lassen.
Zunächst einmal muss konstatiert werden, dass auch die Sender mit steigenden Kosten kämpfen und die Inflation auch beispielsweise vor den Mitarbeitergehältern von ARD und ZDF nicht Halt macht. In den vergangenen Jahren wurde bei vielen Programmen gespart, zudem mussten Angestellte entlassen werden. Neben den steigenden Kosten sieht sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen auch mit den veränderten Konsumbedingungen der Zuschauer konfrontiert: Um auch jüngere Gesellschaftsschichten zu erreichen, muss eine massive Internetpräsenz gepflegt werden, wo unter anderem mittlerweile sehr viele Sendungen in Mediatheken abgerufen werden können.
Zudem wollen viele Millionen Zuschauer teure Ereignisse bei ARD und ZDF sehen, beispielsweise Fußball-Weltmeisterschaften oder Olympische Spiele, deren Rechte ebenfalls teurer werden. Es schimpfen viele auf die hohen GEZ-Gebühren, aber sie erkennen nicht den Wert einer sachlichen und zum Großteil werbefreien Berichterstattung nicht nur von Sport, sondern auch von vielen anderen Programmen. Es ist richtig, dass Rechte wie jene der Champions League beim ZDF nicht unbedingt nötig sind und auch Gebührengelder in manchen Sendungen regelrecht verschwendet werden, aber dennoch muss Deutschland stolz sein auf sein duales Rundfunksystem, das besonders im Informationsbereich eine hervorragende Berichterstattung liefert. Leider lernen nur wenige Gebührenzahler den immensen Mehrwert von Randprogrammen wie arte, Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur und allgemein den Wortradios oder den hervorragenden Sendungen in den dritten Programmen dauerhaft schätzen.
Und auf die nackten Fakten bezogen stellt sich nicht nur nach den angesprochenen Kosten- und Investitionsherausforderungen des digitalen Zeitalters eine neuerliche Gebührenerhöhung als sinnvoll heraus: Denn inflationsbereinigt stiegen die Gebühren seit Einführung im Jahr 1953 (!) gerade einmal um 20 Prozent. Nach heutiger Kaufkraft lag die Gebühr im Jahr 2001 mit 18,64 Euro bei ihrem höchsten Wert und hat sich trotz der weiteren Erhöhungen in den Jahren 2005 und 2009 auf 18,05 Euro verringert (Quelle der Zahlen: Wikipedia-Artikel GEZ-Gebühren).
Eine kleine Steigerung der Abgabe ist also legitim – man kann den Intendanten Piel und Schächter lediglich vorwerfen, gerade jetzt eine Debatte zur Gebührenerhöhung anzuzetteln. Denn die geplante Haushaltsabgabe, welche das GEZ-Modell im Jahr 2013 ablösen soll, haben erst sieben der 16 Länderparlamente genehmigt. Störfeuer von Piel und Schächter sind kontraproduktiv, da sich einige Länder mit Änderungen der Rundfunkgesetze zuletzt schwer getan haben. Womöglich wollen ARD und ZDF gleich 2013 mit Einführung der neuen Haushaltsabgabe in einem Zug die Gebühren erhöhen. Dabei vergessen sie aber, dass die neue Regelung gerade deswegen eingeführt wird, weil sie wahrscheinlich zu höheren Einnahmen führt, da dann „Schwarzseher“ keine Chance mehr haben. Daher sollte die Entwicklung der Finanzen mit der neuen TV-Steuer in den nächsten Jahren erst einmal abgewartet werden. Stellt sich dann wider Erwarten heraus, dass falsch kalkuliert wurde, kann eine Gebührenerhöhung immer noch stattfinden. Dies wäre für alle Beteiligten wesentlich konfliktfreier und entspannter – auch für die GEZ-Nörgler, die sich zunächst nicht mehr über steigende Beiträge aufregen müssen.
Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.