Deja-Vu: Stets dieselben Nominierten und Gewinner beim «Deutsche Comedypreis» - kommen die Talente nicht zum Zuge?
Alle Jahre wieder. Zum nunmehr elften Mal wurde der «Deutsche Comedypreis» verliehen. Wieder einmal versammelte sich Deutschlands „Comedy-Familie“ im Kölner Coloneum, um sich selbst zu feiern. Doch irgendwie hatte man ein Deja-Vu - nicht nur als man sich die Aufzeichnung der Gala, die RTL am vergangenen Freitag ausstrahlte (
wir berichteten), ansah. Auch auf dem Roten Teppich und bei der Aftershow zum «Deutschen Comedypreis» gab es wieder denselben Running-Gag: Man hätte doch auch einfach eine Wiederholung des letzten Jahres senden können, unkten die geladenen Gäste. Es würden eh wieder dieselben mit Preisen überhäuft, so könnten die Fotografen doch auf die Archiv-Bilder zurückgreifen. Und auch die Journalisten am Rande des Roten Teppichs fragten, den einen oder anderen Comedian, ob er es nicht müde geworden sei, sich jedes Jahr den eiförmigen Preis abholen zu müssen. Selbst auf der Bühne im Studio 30/31 des Kölner Coloneums witzelte Annette Frier unverhohlen, als Preisträgerin Anke Engelke, die insgesamt schon 13 Trophäen gesammelt hat, sich wunderte, warum ihr zwei Preise in die Hand gedrückt wurden. „Du kriegst zwei! Einer ist schon für nächstes Jahr“, sagte Annette Frier spontan.
Dass Anke Engelke mit ihrem Format «Ladykracher» den Preis als „Beste Sketch-Comedy“ in den letzten Jahren quasi genauso abonniert hat wie Mario Barth seine Trophäe für das „erfolgreichste Live-Programm“, ist nur eine Beständigkeit beim «Deutschen Comedypreis». Auf die Frage, wie viele Preise sie denn inzwischen gewonnen habe, antwortete Anke Engelke: „Das zähle ich nicht, weil das bedeuten würde, dass es nur etwas zählt, wenn man gewinnt. Aber es gibt so viele tolle Kollegen, die noch keinen Preis bekommen haben. Der Preis ist eine große Ehre, aber man sollte es nicht überbewerten, sonst ist man frustriert, wenn man nichts kriegt.“ Verdient hat sie - ungelogen - jeden einzelnen Preis, doch schaut man sich die Nominierten-Liste 2011 an und vergleicht sie mit denen der Vorjahre, so trifft man hier auf noch mehr Beständigkeit.
In der Tat: Ina Müller, Erwin Pelzig, Stefan Raab – sie alle waren schon 2010 in der Kategorie „Beste Late-Night-Show“ gegeneinander angetreten. So wie Anke Engelke und Annette Frier sich als beste Schauspielerinnen duellierten. Oder «Danni Lowinksi» gegen «Pastewka» antrat oder Cindy aus Mahrzahn und Mirja Boes als beste Komikerinnen vorgeschlagen wurden. „Nicht nur die Nominierten sind teilweise dieselben aus dem letzten Jahr, sondern auch der Ablauf beim «Deutschen Comedypreis» ist gleich“, verbessert uns Max Giermann. Eine Frage ist aber doch noch offen: Bleibt der Nachwuchs in der „Comedy-Familie“ etwa auf der Strecke?
Klar, beim «Deutschen Comedypreis» gibt es auch eine eigene Kategorie für den „Besten Newcomer“, diese Trophäe ging in diesem Jahr an Sascha Grammel. 2010 hieß der Sieger Dave Davis und 2009 war es Bülent Ceylan, der diesmal sogar als bester Komiker geehrt wurde. So ganz neu sind diese Preisträger in der Szene nicht, erzählt Bastian Pastewka, der 2011 der beste Schauspieler geworden ist und auch schon einige Comedypreise zu Hause stehen hat. „Comedians wie Bülent Ceylan und Sascha Grammel, die zunächst als bester Newcomer und dann als bester Komiker ausgezeichnet wurden oder vielleicht noch werden, was für sie ja zu wünschen wäre, sind in der Comedy-Szene keine Newcomer mehr im eigentlichen Sinne. Bülent Ceylan macht seit 13 Jahren Comedy und manche Kollegen machen das schon viel länger“, so Pastewka.
Anhand seiner eigenen Karriere beschreibt Bülent Ceylan den Reifeprozess der Comedy-Newcomer, den sie für den «Deutschen Comedypreis» durchlaufen müssen: „Bei mir hat es auch sehr lange gedauert. Ich war schon zehn Jahre in der Comedyszene, dann erst habe ich den Newcomer-Preis bekommen. Natürlich wird man mit der Zeit auch besser und erfahrener, aber ich kenne viele gute Talente allein aus meiner Region, die man bislang noch gar nicht kennt. Sie sind einfach unentdeckt, weil sie noch nicht im Fernsehen zu sehen waren. Da muss man eben genauer hinschauen. Aber vielleicht dauert das wieder zehn Jahre - wie bei mir“, lacht Bülent, der nun schon insgesamt zwei Preise mitnehmen durfte.
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Deja-Vu: Stets dieselben Nominierten und Gewinner beim «Deutsche Comedypreis» - kommen die Talente nicht zum Zuge?
Bastian Pastewka, ein alter Hase im Comedy-Geschäft, denkt, dass es in Deutschland gute Talente gibt: „Es gibt Komiker, die nicht auf den Comedypreis warten und ihre eigene Szene entdecken, zum Beispiel auf der Kleinkunstbühne, wo immer alles anfängt, oder vielleicht auch im Internet, wo immer alles weitergeht, aber nicht anfängt, wie ich finde. Da wünsche ich mir auch ein bisschen mehr Mut der Macher“, sagt er. So sieht das auch Max Giermann, der sich frischen Wind in jeder Hinsicht erhofft: „Die Sender sollten viel mutiger sein. Das sagt sich von meiner Seite als Komiker sehr leicht, aber man hat schon das Gefühl, dass den Fernsehmachern auch aus wirtschaftlichen Gründen oft die Hände gebunden sind“, so der Parodist von «Switch Reloaded».
„Wenn man sich in der Kleinkunstwelt umschaut, dann sieht man immer wieder interessante Gesichter, die es nicht ins Fernsehen schaffen oder erst entdeckt werden müssen. Ich denke, es ist normal, dass es immer ein paar Jahre braucht, bis gute neue Comedians nachkommen“, fügt Max Giermann an. Zeit räumt auch «Switch Reloaded»-Kollegin Martina Hill dem Comedy-Nachwuchs ein: „Ich glaube, das ist ein langsamer und langer Prozess. Der Comedy-Nachwuchs sprießt nicht. Da gibt es immer wieder mal ein paar Leuchten und dahingehend hat sich das auch extrem entwickelt“, findet die Preisträgerin in der Kategorie „Beste Schauspielerin“. Den Preis erhielt sie unter anderem auch für ihre Auftritte in der «heute-Show» und ihre Rolle in «Undercover Love».
Martina Hill ist in der Comedy-Szene keine Unbekannte mehr. Sie hat gerade ihren zweiten Comedypreis abgeräumt und war überglücklich. „Martina Hill hat den Preis zurecht bekommen, weil sie bewiesen hat, was sie kann. Und ich weiß, sie kann viel mehr“, freute sich beispielsweise Ross Anthony mit. Auch «Comedypreis»-Moderator Dieter Nuhr lobte die Kollegin: „Martina Hill ist eine unglaubliche Schauspielerin und eine Rampensau. Sie hat das, was man als Komikerin braucht und ist dabei auch noch sympathisch“, sagte er. Talente wie Martina Hill haben es geschafft, über Jahre in der deutschen Comedy Fuß zu fassen und gehören nunmehr zu den festen Größen. „Man darf nicht vergessen, dass die Leute, die schon lange dabei sind, die Comedy mittlerweile im Blut haben. Die können sich nur weiterentwickeln. Man merkt das zum Beispiel auch bei Bastian Pastewka, Anke Engelke oder Michael Mittermeier. Sie wissen, welche Witze bei den Menschen gut ankommen“, argumentiert Ross Anthony. Das untermauerte auch Helge Schneider mit seinem Auftritt am Klavier. Ihm reichten nur wenige Minuten, um den Saal zum Lachen zu bringen.
Auch Dieter Nuhr glaubt, dass Qualität sich eben durchsetze: „Im Grunde ist das auch eine Mär, dass immer Dieselben gewinnen. Es bleiben einfach Leute, die unglaublich gut sind - wie Anke Engelke und Bastian Pastewka. Aber viele andere wechseln sich auch durch“, meint der Moderator. Nuhr habe bei der Preisverleihung niemand gefehlt: „Ich finde aber schon, dass sich etwas verändert. Allerdings mehr evolutionär und nicht so, dass die deutsche Comedy einen Schub bekommt. Wenn man die Nominierten-Liste beim Comedypreis mit der von vor fünf Jahren vergleicht, sieht das schon wieder ganz anders aus“, gibt Dieter Nuhr zu Bedenken.
Von Nachwuchs-Sorgen sei die „Comedy-Familie“ aber dennoch nicht ausgeschlossen. Ross Anthony meint: „Für den Nachwuchs ist es schwierig da hinein zukommen, weil er so viel in relativ kurzer Zeit beweisen muss, um mit den Großen mithalten zu können“, sagt der einstige Dschungelkönig. Dass der Nachwuchs beim «Deutschen Comedypreis» nicht zum Zuge kommt, bejaht Bastian Pastewka. Doch trotzdem sei die Zeit reif für neue Sternchen am Comedy-Himmel, findet er. „Ich wünschte mir viel mehr, dass der Nachwuchs sich aus seiner Höhle traut. Ich möchte gerne noch mehr Leute auf der Bühne sehen, die das letzte Hemd geben, sich in den Vordergrund spielen oder mit Begeisterung lächerlich machen“, so der Schauspieler und Comedian. Die Chancen als Newcomer entdeckt zu werden, stünden besser denn je: „Ich möchte Komiker sehen, die sich selbst als den Witz sehen und nicht nur Gags über Angela Merkel & Co. machen. Ich kann dazu einfach nur allen raten, die das wirklich wollen“, so Pastewka weiter.
Viele Nachwuchs-Comedians versuchen sich eben nicht zuerst im Fernsehen, sondern entweder auf der Kleinkunstbühne sowie heutzutage auch im Internet, wovon einige auch schon den Sprung ins Fernsehen geschafft haben. Ein gutes Beispiel ist da Carolin Kebekus mit «Broken Comedy». „Ich würde gerne Internet, Bühne und Fernsehen trennen. Das soll aber nicht heißen, dass Komiker, die im Internet lustig sind, sich nicht auch mal auf der Bühne oder dem Fernsehen ausprobieren dürfen. Es gibt auch genug Sendungen, die diese lustigen Vögel zurecht fördern, so wie «Nightwash» oder «Funkhaus». Je verschiedener die Programme sind desto besser ist das für die Comedy-Szene“, so Bastian Pastewka abschließend.