Langatmige Shows, unausgereifte Serien und ein sinnfreies Casting: Auch im Jahr 2011 wurden wieder zahlreiche fragwürdige Formate auf die Zuschauer losgelassen. Quotenmeter.de zählt die zehn größten inhaltlichen und quotenmäßigen Verlierer des Jahres auf.
«Ich weiß, was du letzten Freitag getan hast!» (RTL II)
Der Sender RTL II glaubte im Jahr 2011 sein Image und seine Quoten mit einer Reihe von banalen und austauschbaren Unterhaltungsshows aufbessern zu können. Ein Highlight dieses Bemühens stellte eine Hypnose-Show dar, die nicht nur aufgrund ihres seltsamen Titels Kopfschmerzen verursachte. In jeder Ausgabe nahmen nämlich fünf Freunde teil, von denen einer vor der Sendung in Hypnose versetzt und gefilmt wurde. Dieser wusste jedoch weder, was er während der Hypnose getan hat, noch dass er überhaupt in diese versetzt wurde. Es galt nun einzuschätzen, wie der Ahnungslose in peinlichen Situation reagiert hat. Am Ende bekam der Kandidat einen Preis, wenn er die unangenehmen Szenen zeigen ließ. Präsentiert wurde dieses fragwürdige Schauspiel, das zudem hochgradig inszeniert wirkte, vom Gameshow-Veteran Jörg Draeger, der so sehr nach Bildschirm-Präsenz zu dürsten scheint, dass er gnadenlos jedes Format herunter moderiert. Eine Schande für alle Beteiligten, die glücklicherweise von den Fernsehzuschauern mit großer Missachtung bestraft wurde.
«Sing! Wenn du kannst» (RTL II)
Bei dem Action-Gesangswettbewerb mit Sonja Zietlow traten Menschen an, die trotz widriger Umstände so gut wie möglich ein Lied vortragen mussten. Dabei sollte der Song mit einem fliegenden Mikrofon, kopfüber an einem Bungee-Seil, auf einer Drehscheibe oder auf einem schneller werdenden Laufband dargeboten und eine Jury überzeugt werden. Das Konzept der Sendung war dabei derart simpel, dass sich dafür sogar nur schwer eine Laufzeit von einer Stunde vorstellen ließ. Doch davon unbeeindruckt weitete der Sender RTL II das vermeintliche Event zu einem dreistündigen Marathon aus, in dem die 12 Kandidaten vor immer andere Herausforderungen gestellt wurden. Die ewig gleiche Struktur und die übertriebene Anzahl an Kandidaten führten zu einer unerträglichen Redundanz der Sendung, dass man sich wie im Film «Und täglich grüßt das Murmeltier» gefangen fühlte. Entsprechend mau sahen die Quoten aus: Um 20.15 Uhr sahen nur 0,93 Millionen Zuschauer zu und ließen den Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe bei 5,2 Prozent verharren.
«Bingo! Bingo!» (RTL II)
Die Reihe der Show-Misserfolge von RTL II gipfelte am 08. Mai 2011 in einer anstrengenden Lottoshow. Den Vogel schoss diese nicht nur wegen der extrem dürftigen Quoten ab - lediglich 0,46 Mio. Zuschauer insgesamt und ein Zielgruppenmarktanteil von 2,2 Prozent wurden erreicht – sondern auch wegen der extremen inhaltlichen Leere. In der dreistündigen Show wurden durch sinnfreie Aktionen Bingozahlen ausgelost, die endlos ohne konzeptionelle Steigerung aneinandergereiht waren. Mag sein, dass dieses Konzept im Ausland seine Erfolge feiern konnte, die deutsche Version war jedoch eine Zumutung für jeden Zuschauer. Aktionen wie Senioren-Formel 1, Human-Bowling, Traktorziehen oder Wurstwettessen gehören eher auf Dorffeste als ins Fernsehen. Garniert wurde das Treiben mit den nervigsten B-Promis, die sich zu jener Zeit finden ließen.
«Die Ärzte» (ZDF)
Nach dem durchwachsenen Erfolg des Ärzte-Talks im Jahr 2010 wurde das Format für die zweite Staffel einer kompletten Grunderneuerung unterzogen und dabei völlig zerlegt, denn die einstige Ratgebersendung mutierte zu einer trivialen Unterhaltungsshow, die kaum noch einen erwähnenswerten Informationsgehalt hatte. Anstatt medizinische Probleme von erfahrenen Spezialisten diskutieren zu lassen, wurden nun Cornflakes auf Puppenköpfe gestreut, um die Arten von Schuppen darzustellen oder unmotivierten Jugendlichen, die sich wohl im Rahmen eines Wandertags ins Studio verirrt hatten, langweilige Quizfragen gestellt. Als Dauer-Experte nervte der Allgemeinmediziner Joe Bausch, der keinen anderen Arzt zu Wort kommen ließ. Obendrein versuchte die neue Moderatorin Ruth Moschner ihre medizinische Inkompetenz stets mit einem aufgesetzten Lachen zu überspielen. Und sie lachte sehr häufig... Aufgrund von Marktanteilen um fünf Prozent, beendete der Sender das traurige Treiben nach knapp drei Monaten.
«Nur die Liebe zählt» (Sat.1)
Man mag von der Liebesshow mit Kai Pflaume inhaltlich halten, was man will, doch sie war unbestritten über 15 Jahre eine wahre und verlässliche Institution im Programm des Senders Sat.1. Im Laufe der Zeit wurde sie allerdings immer weiter heruntergewirtschaftet, dass sie letztlich nur noch ein Schatten ihrer selbst war. Zuletzt verkam die Sendung zu einer Doku-Soap ohne Studio, ohne Budget, ohne Romantik und ohne Erfolg. Wenig förderlich war dann auch ihre Verlegung auf den ungewohnten Sendeplatz am Freitagvorabend. Es war daher wenig überraschend, dass die Show nach dieser systematischen Zerlegung eingestellt wurde. Ein Paradebeispiel für die Zerstörung einer etablierten Marke.
Langatmige Shows, unausgereifte Serien und ein sinnfreies Casting: Auch im Jahr 2011 wurden wieder zahlreiche fragwürdige Formate auf die Zuschauer losgelassen. Quotenmeter.de zählt die zehn größten inhaltlichen und quotenmäßigen Verlierer des Jahres auf.
«Sommermädchen» (ProSieben)
Wer aus Fehlern nicht lernt, ist nicht zu bemitleiden. Nachdem das sinnfreie Casting-Format bereits im Jahr 2009 von Kritikern zerrissen wurde und sich nur vereinzelt über den Senderschnitt retten konnte, war es völlig unverständlich, wieso ProSieben für den Sommer 2011 eine Neuauflage ankündigte. Wieder wurde nicht klar, welcher Zweck mit der öffentlichen Suche überhaupt verfolgt wurde, außer junge Frauen stetig in Badebekleidung zeigen zu können. Zu allem Überfluss übernahmen mit Giovanni Zarella und seiner Frau Jana Ina zwei der farblosesten Menschen des B-Promi-Kreises die Moderation. Am Ende wunderte es wohl niemanden, dass die Neuauflage am Donnerstagabend baden ging. Als Konsequenz wurde die Laufzeit der zweistündigen Ausgaben halbiert und diese im freitäglichen Nachmittagsprogramm unter Ausschluss der Öffentlichkeit versendet. Es bleibt zu hoffen, dass ProSieben nun endgültig die Finger von diesem Konzept lässt.
«Kerner» (Sat.1)
Viele Worte wurden über den Wechsel von Johannes B. Kerner zu Sat.1 und dem Ende seines Magazins an dieser und anderen Stellen bereits verloren. Vielleicht zu viele, doch abschließend sei noch einmal festgehalten, dass der Misserfolg seiner Sendung kaum verblüffen dürfte. Wer kostbare Sendezeit mit abgelutschten Themen und längst bekannten und künstlich aufgebauschten Skandalen füllt, braucht sich nicht wundern, dass die Zuschauer ausbleiben. Der inhaltliche Tiefpunkt wurde schon zu Beginn des Jahres erreicht, als Ex-Dschungelkönigin Desirée Nick fast zum Inventar der Show wurde und Casting-Sternchen wie Micaela Schäfer und Menderes Bagci billig kopierte Dschungelprüfungen ertragen mussten. Dass dieses Magazin nun verschwindet, wird wohl niemand bedauern - nicht einmal Kerner selbst, der ja kürzlich seine eigene Unzufriedenheit äußerte.
«Herzflimmern» (ZDF)
Die tägliche Serie stand von Beginn an unter keinem guten Stern, denn die Produktion wurde aufgenommen, noch bevor es überhaupt einen Sendeplatz gab. Also stellte die Bavaria Film tapfer Episoden her, ohne genau eine potentielle Zielgruppe zu kennen. Dazu versuchte sie sich bewusst von den bewährten Telenovelas abzugrenzen und stattdessen „realistische Fiktion“ anzubieten. Zudem wollte das Team allen bestehenden Trends entgegen auf viele Episodendarsteller und schöne Landschaftsaufnahmen setzen. Noch vor dem Start, stockte das ZDF in völliger Fehleinschätzung den Produktionsauftrag auf 200 Episoden auf. Als die Sendung dann endlich auf den Bildschirmen erschien, war es kaum verwunderlich, dass die Zuschauer ausblieben. Als Konsequenz zogen die Macher sämtliche Stellschrauben nach, bauten die Besetzung bereits nach wenigen Folgen um, kreierten neue Sets und Geschichten und verpassten ihr einen neuen Vorspann samt neuem Untertitel. Aus «Die Klinik am See» wurde kurzerhand «Liebe zum Leben». Ziel war es, den medizinischen Fokus des einstigen „Medical Dramas“ mehr in Richtung Heimatserie zu verlagern. Im gleichen Atemzug erweiterte das ZDF den Produktionsauftrag um weitere 55 Ausgaben, obwohl sich die Marktanteile in der Zielgruppe streckenweise um ein Prozent bewegten. Die wenigen Zuschauer, die sich an die neue Serie schon gewöhnt hatten, wurden damit unwiderruflich vergrault und die Entwicklung der Serie verlor endgültig einen einheitlichen Kurs. Am Ende fruchteten auch die zweifelhaften Umstrukturierungen nicht, denn ab Anfang 2012 fliegt «Herzflimmern» aus dem Hauptprogramm des ZDF und wird bei ZDFneo bzw. im Nachtprogramm beendet.
«Das Model und der Freak» (ProSieben)
Auf der Suche nach einem erfolgreichen Nachmittagsprogramm, das sich gegen die gescriptete Konkurrenz von RTL und Sat.1 durchsetzen kann, probierte der Sender ProSieben im Jahr 2011 mehrere Formate aus. Sollten zu Beginn des Jahres noch Doppellfolgen von «We Are Family» mit fragwürdigem Inhalt punkten, kam diese Aufgabe später dem Ernährungsmagazin «Besser essen» und der Doku-Reihe «Wild Wedding - JA ich will, aber schrill» zu. Sie allesamt brachten keinen Erfolg. Im Spätsommer setzte man daher auf neue Ausgaben des dumpfen Formats «Das Model und der Freak». Das perfide an ihm ist nicht nur die Degradierung der männlichen Teilnehmer im Titel, sondern vor allem die Botschaft, das man nur etwas wert ist, wenn man sich den gängigen Klischees und Schönheitsidealen unterwirft. Um diese Ausrichtung scheinbar abzumildern, erhielt das Format für die 30 neuen Ausgaben den völlig unpassenden Untertitel «Falling In Love» verpasst. Zudem wurde der Fundus der vermeintlichen, weiblichen Schönheiten deutlich aufgestockt – u.a. durch Figuren wie Verena Kerth und Sarah Knappik. Letztlich verblieben die Zielgruppenmarktanteile deutlich in der Einstelligkeit, wodurch vorsichtig gehofft werden darf, dass die Sendung nun endgültig beerdigt wurde.
«Family Stories» (RTL II)
Angesichts des ungebrochenen Erfolgs von Scripted-Reality-Sendungen, der immer neue Ableger von noch erschreckender inhaltlicher und inszenatorischer Qualität hervorbringt, ist man geradezu erleichtert, wenn eines dieser Formate keinen großen Zuspruch bei den Zuschauern finden konnte. Dabei schwärmte RTL II-Programmdirektor Andersen von der Reihe noch ihrem Start: „Erzählt werden aktuelle Themen, die Familien in Deutschland beschäftigen. Der Blickwinkel ist dabei immer auf den Familienverbund gerichtet, der mit einer ungewöhnlichen Situation konfrontiert wird. Wir zeigen echte Familien, ungewöhnliche Typen und besondere Ereignisse“. Und mehr noch, er behauptete damals sogar, eine neue Programmfarbe gefunden zu haben. Dabei handelte es sich bei der Sendung nicht nur konzeptionell, sondern auch inhaltlich um dreiste Klone der RTL-Erfolge «Familien im Brennpunkt» und «Mitten im Leben». Mit einem durchschnittlichen Zielgruppen-Marktanteil von unter fünf Prozent waren die Werte sogar für RTL II zu schwach, sodass die Show nach wenigen Wochen aus dem Programm verschwand. Die Freude über die Absetzung währte jedoch in doppelter Hinsicht nicht lang, denn einerseits wurde mit «Berlin - Tag & Nacht» eine Scripted-Reality-Produktion eingeführt, die – man mag es kaum glauben – noch unerträglicher ist und anderseits kündigte der Kanal bereits eine Rückkehr der «Family Stories» im Januar 2012 an, dann jedoch im Vormittagsprogramm.