Serien-Update: «2 Broke Girls»

Eine Sitcom wie jede andere - mit Träumen und Tonnen voller Sexwitze. Doch CBS hat eine Sitcom in der Hand, die durchaus mehr sein kann, wenn die Autoren es denn wollen.

ProSieben startet das Format als Teil des neuen Sitcom-Dienstags und zeigt um 21.15 Uhr immer eine neue Folge. Ob sich die Serie dauerhaft lohnt, verrät Christian Wischofsky.

CBS und Sitcoms. Man darf dem Altherrensender danken, dass es immer noch Comedy mit Lachkonserven im Fernsehen gibt, die auch erfolgreich laufen. Man darf dem Sender auch danken, dass die Comedyserie allgemein im Networkfernsehen noch nicht ausgestorben ist, wie es nach dem Ende von «Friends» 2004 den Anschein hatte. Heutzutage durchlebt das Genre gewissermaßen eine Renaissance und feiert endlich wieder (Quoten-)Erfolge. Mit «2 Broke Girls» lieferte CBS einen neuen Sitcom-Hit ab, der bei den Kritikern nicht unbedingt gut davonkommt, bei den Zuschauern allerdings langsam auf dauerhaftes Interesse stößt. Die Reichweiten steigen, die Frequenz der Sexwitze verringert sich, und nach einer halben Staffel ist selbst ein Hauch einer (für Sitcoms) ordentlichen Story zu spüren. Es ist durchaus beachtlich, wie «2 Broke Girls» sich innerhalb seiner zurückliegenden Episoden zum Positiven entwickeln konnte. Und dabei ist die Serie in Sachen Qualität nicht unbedingt rosig gestartet.

«2 Broke Girls» begleitet die anspruchsvolle Millionärin Caroline Chambers (Beth Behrs), die ihr komplettes Vermögen verliert, nachdem ihr Vater wegen eines Finanzbetrugs ins Gefängnis wandert; sowie die freche Max Black (Kat Dennings), die in ihrem Zweitjob sogar als Babysitterin für eine unerträgliche Gesellschaftsbarbie arbeitet, um über die Runden zu kommen. Beide arbeiten als Kellnerinnen im Williamsburg Diner, einem retrohippen Restaurant für die kleineren Brieftaschen. Während Max und Caroline sich zusammen durch manchmal idiotische Kollegen und noch dümmere Gäste durchschlingeln, träumen sie von ihrer Karriere im Cupcake-Business. Doch bis es dazu kommt, muss erst einmal eine Menge Geld angespart werden – für zwei chronisch klamme junge Frauen jedoch kein leichtes Unterfangen...

Die Serie, welche von der in den USA beliebten Komikerin Whitney Cummings und Michael Patrick King («Sex and the City») entwickelt wurde, überzeugte zu Beginn nur mit flachen Witzen, die in der Regel aus dem Buch der Sexwitze stammten, und machte keine Anzeichen, sich von diesem Flachhumor zu entfernen. Es benötigte schon die ersten paar Episoden, um Max und Caroline als neue beste Freunde, die durch dick und dünn gehen, überhaupt zusammenzubringen, was durchaus auf Kosten interessanter Geschichten ging. Und da die Autoren sich lieber auf die Witze konzentrierten, wird man in der Anfangsphase von «2 Broke Girls» das Gefühl nicht los, dass die Serie nur für ihre Witze geschrieben wurden – die regelmäßig unter der Gürtellinie aufzufinden sind, und zudem gar keinen Bezug zur eigentlichen Episodengeschichte haben.

«2 Broke Girls» verkommt deshalb zu einer Serie, welche hinter ihrem Schatten «Two and a Half Men» steht und demnach absolut nichts Neues zu bieten hat. Die Serie hat sogar das Problem, keine ausreichende Situationskomik zu besitzen, welche die Comedy mal oberhalb der Gürtellinie platzieren könnte. Stattdessen kommen die meisten Lacher, wenn Max wieder einmal einen dreckigen Kommentar zur aktuellen Lage der Situation liefert – und wenn das gefühlte 30 Mal pro Episode geschieht, wird das auf Dauer einfach langweilig, selbst wenn der eine oder andere Konter von Max durchaus einen Lacher wert ist.

Zusätzlich lebt die Serie nur durch ihre beiden Hauptdarsteller. Fast jede Minute der ersten zwölf Episoden hat Kat Dennings und Beth Behrs im Vordergrund, die in der Lage sind, ihr Comedytiming auszuspielen. Was jedoch zur Folge hat, dass die anderen Charaktere praktisch vergessen sind: Die Kollegen im Diner verkommen zu Randfiguren, die dann einen Witz abliefern dürfen, wenn die Situation danach fragt. Und dann ist es meistens eine Schallplatte von Witzen, die in jeder Episode wiederholt wird: Koch Oleg (Jonathan Kite) ist ein notgeiler Sexist, der nur über das eine redet/träumt; Chef Han (Matthew Moy) ist ein kleiner Asiat, der nur sein Diner im positiven Licht sehen will; und Kassierer Earl (Garrett Morris) sitzt hinter seinem Tresen und wartet auf das lang erwartete Ende seiner Schicht. Diese drei Herren werden gar nicht erst in Geschichten eingebunden, was den Anschein erwecken lässt, dass Max und Caroline die einzigen Personen auf der Welt sind, die Geldprobleme haben und nach einer erfolgreichen Zukunft mit fließenden Einnahmen träumen. Es wäre durchaus hilfreich, wenn die Autoren in Zukunft aus dieser Blase ausbrechen können, um mehr als das schon Gewohnte zu zeigen.

Das ist jedoch ein Problem der ersten fünf Folgen. Denn sobald Kat und Beth sich eingespielt haben und ihre Charaktere zusammen harmonieren, funktioniert «2 Broke Girls» auch als Comedy über zwei junge Frauen, die als beste Freundinnen ihre Träume hinterher jagen, und selbst dann nicht aufhören, wenn das Schicksal Stolpersteine in ihre Wege legt. Und genau deshalb funktionieren auch die späteren Episoden besser: Plötzlich legen die Autoren mehr Wert auf exakt diesen Karrieretraum und erzählen ihre Geschichten drumherum. Sogar die persönlichen Beziehungen der beiden Frauen beeinflussen die Storys und machen aus «2 Broke Girls» eine Serie, die durchaus mehr will, als sie zurzeit hat. Der Nachteil daran ist, dass die Serie wirklich nur von der Chemie seiner zwei Darstellerinnen lebt. In allen anderen Hinsichten kann man nicht unbedingt davon reden, dass «2 Broke Girls» eine der besten neuen Comedys im amerikanischen Fernsehen ist.

CBS wird sich jedoch freuen, dass die Serie ihre Fans hat. Eine volle Staffel ist inzwischen schon bestellt, und wenn man bedenkt, dass die Autoren eine Sexzote nach der anderen raushauen, ist es verwunderlich, warum es noch keine großartigen Beschwerden von Elternverbänden und ähnlichen Parteien gab. Die Zuschauer haben Gefallen an Max und Caroline gefunden, und «2 Broke Girls» hat Chancen, der nächste Stern am Sitcom-Himmel zu werden, um eventuell «Two and a Half Men» vom Thron abzulösen. Wenn die Autoren es jetzt nur noch schaffen, Max und Caroline mit anderen Personen in Verbindung zu bringen, und Geschichten zu entwickeln, die mehr Wert auf die Charaktere denn auf die Witze legen, ist die Serie nicht nur ein Highlight in den Quotencharts, sondern auch in kreativer Hinsicht.

Die Autoren haben es nicht unbedingt mit seriellem Storytelling in «2 Broke Girls». Die romantische Beziehung zwischen Max und Barkeeper Johnny (Nick Zano) kommt aus dem Nichts, und verschwindet auch nach einer Handvoll Episoden wieder ins Nichts. Das ist zwar die erste und bisher einzige Story, die nach Aufmerksamkeit gierte und diese von den Autoren dann bekam, doch zeugt es nicht gerade von starken Drehbüchern, wenn die Romanze mit Hindernissen plötzlich aus dem Kontext der Serie verschwindet und nicht mehr erwähnt wird, nur weil Max und Johnny (vorerst) kein Paar sein können.

Zusätzlich haben die Autoren zur Zeit wenig Gespür für ihre beiden Heldinnen. Caroline wurde zu Beginn der Serie als gewöhnungsbedürftiges, dummes Blondchen geschrieben, die absolut keinen blassen Schimmer hat, wie es in der Welt der Neuarmen zugeht. Nach einiger Zeit hat sie jedoch nicht nur den Dreh raus, sondern beweist sich auch als clevere Geschäftsfrau, die in Harvard hätte studieren können, und keiner würde die Wahrheit bemerken. Plötzlich ist sie in der Lage, Aufträge für das aufstrebende Cupcake-Business an Land zu ziehen und die finanzielle Seite zu regeln, ohne mit einem Fragezeichen über ihrem Kopf die Stirn zu runzeln. Max wird dagegen als schnippische junge Dame geschrieben, die sich durchaus ihrer Situation bewusst ist, am Ende aber trotzdem leichtsinnig daherkommt und durch ihre Kommentare eher als dummes Blondchen daherkommt, als es Caroline jemals sein könnte. Ein paar Sprüche und niederwertige Kommentare weniger, und Max wäre mehr als nur die hart arbeitende New Yorkerin, stellvertretend für so ziemlich alle Amerikaner/Innen mit einer leeren Brieftasche. Ihre Romanze mit Johnny zeigte schon diese Charakterzüge, doch verschwanden diese wieder zusammen mit Johnny.

Am Ende ist «2 Broke Girls» eine Serie, die man dank ihrer Flachwitze durchaus übersehen kann, jedoch nicht unterschätzen sollte. Sobald die Autoren ein klares Ziel gefunden haben und nicht nur auf die Chemie von Kat und Beth setzen, ist die Sitcom nicht nur in der Lage, eine Buddycomedy im Sinne von «Ein seltsames Paar» zu erzählen, sondern auch den Geist der Zeit einzufangen. Dazu benötigt es jedoch mehr als Sexwitze und einen notgeilen Koch, und definitiv mehr Gefühl für die Geschichten. «2 Broke Girls» ist zurzeit eine solide Sitcom ohne klare Fokussierung, die jedoch mehr will, als die Zuschauer derzeit bekommen. Was aus der Serie nur werden kann, wenn ein wenig Gefühl mit hineingebracht wird. Sitcom-Autoren schreiben immer noch einen Nachfolger für «Friends» und scheitern an der eigentlichen Comedy. Mit «2 Broke Girls» gibt es endlich einen Kandidaten, der als Nachfolger der erfolgreichen und kultigen 80er- und 90er-Sitcoms in Betracht gezogen werden kann.

Dieser Artikel erschien bei Quotenmeter.de erstmals Mitte Dezember 2011.
28.08.2012 08:45 Uhr  •  Christian Wischofsky Kurz-URL: qmde.de/53790