Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 176: Die kultige Erotikshow der Rivalinnen Verona und Naddel.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der unerotischsten Erotikshow des deutschen Fernsehens.
«Peep!» wurde am 07. Mai 1995 bei RTL II geboren und entstand zu einer Zeit als die deutschen Privatsender noch regelmäßig mit erotischen Inhalten Zuschauer köderten. Neben banalen Rammel-Filmchen gab es diverse Sexmagazine wie «liebe Sünde» und «Wa(h)re Liebe», die sich dem Thema vermeintlich ernsthaft näherten. Was lag daher näher als ein weiteres Format dieser Art aus dem Boden zu stampfen? Allerdings sollte darin der Unterhaltungscharakter etwas stärker betont werden, was auch dadurch deutlich wurde, dass in jeder Ausgabe prominente Gäste über ihre sexuellen Vorlieben sprachen. Das führte zuweilen zu merkwürdigen Enthüllungen, die man nicht immer wissen wollte. Im Grunde war die Sendung ein Talkformat mit Studiopublikum, in denen die Gespräche durch Beiträge über Swingerclubs, Dildohersteller oder Pornodrehs unterbrochen wurden.
Zunächst führte die Schlagersängerin Amanda Lear mit französischem Akzent und dunkler Stimme durch die einstündigen Folgen. Nach rund einem Jahr und etwa 40 Ausgaben wurde sie dann durch die ehemalige „Miss Germany“ Verona Feldbusch ersetzt, die nur wenige Wochen zuvor durch ihre vierwöchige Ehe mit Dieter Bohlen und die anschließende Presseschlammschlacht bekannt wurde. Der Medienrummel um ihre Trennung war indessen nur konsequent, weil sich die beiden auch in einer Fernsehshow, nämlich Stefan Raabs
«Ma Kuck’n», getroffen hatten. Nun verhalf ihr diese mediale Beziehung also zu einem ersten, eigenen Fernsehengagement. Die Erotiksendung verkam durch Verona jedoch mehr zum Comedyformat, weil ihre Moderationen oft unnatürlich wirkten und vor Versprechern strotzten.
Ob dies Teil der Inszenierung oder tatsächliches Unvermögen war, konnte nie abschließend geklärt werden. Auch verschwand mit ihr der Erotik-Faktor weitestgehend. Die Süddeutsche Zeitung beschrieb sie damals als so „erotisch wie eine Hühnerauktion.“ Darüber ließe sich sicher streiten, doch Fakt ist, Veronas Stil wurde Kult und «Peep!» erfuhr durch sie einen enormen Aufwind mit einem Zuwachs der Reichweiten um ein Drittel. Im Schnitt schalteten nun knapp zwei Millionen Menschen am Sonntagabend um 22.15 Uhr ein, von denen rund die Hälfte weiblich war. In der Zielgruppe wurden regelmäßig zweistellige Zielgruppenmarktanteile gemessen, was angesichts des damaligen Senderschnitts von rund fünf Prozent umso beeindruckender war.
Sicherlich half es auch, dass Verona wegen der zerbrochenen Beziehung zu Dieter Bohlen auch weiterhin stark in der Presse präsent war. Als dieser sie dann geschlagen haben soll, musste Verona die Moderation ihrer Show für vier Folgen aussetzen. Ihren Platz nahm vertretungsweise die ehemalige «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten»-Darstellerin Saskia Valencia ein.
Im Zuge des Erfolgs wurde das Konzept um zwei ebenso legendäre Elemente erweitert. Zum einen stellte Pornostar Dolly Buster als Pausenfüller in extrem aufreizenden Kostümen simple Multiple-Choice-Fragen zum Thema Sex und zum anderen konnten die Zuschauer selbst gefilmte Strips einsenden, die am Ende jeder Folge gezeigt wurden. Auch diese beiden Programmteile wirkten stets eher komisch als erregend. All diese Faktoren machten die Show noch populärer, wovon vor allem Verona am meisten profitieren konnte, was auch dazu führte, dass immer weniger ihrer Versprecher herausgeschnitten wurden. Schnell erhielt sie daher mit
«Veronas Welt» eine weitere Show, die dann eine wirkliche Comedysendung sein sollte und sogar im Abendprogramm des Muttersenders RTL zu sehen war.
In diesen Karriereaufschwung schien schon bald das kleine Erotikprogramm nicht mehr hinein zu passen, denn Anfang 1999 wollte sie überraschend eine Tendenz erkannt haben, dass die Beiträge immer pornographischer geworden wären. Nachzuweisen war dies nicht, es reichte aber für eine Vertragsauflösung. Ganz ungelegen kam dies dem Sender jedoch offenbar nicht, denn schon länger geisterten Gerüchte umher, dass der Sender auf der Suche nach einer neuen Moderatorin sei, um die Produktion spritziger und leichter wirken zu lassen.
Genau so kam es dann auch. Mit Verona verschwanden auch die berühmten Blütensessel und die großen Flügelfenster zugunsten einer modernern Deko. Nicht zuletzt weil auch das Studiopublikum verschwand, wirkte das neue «Peep!» nun sehr viel nüchterner. Als Präsentatorin wurde die blonde Verena Araghi ausgewählt, deren namentliche Ähnlichkeit zur ihrer Vorgängerin gewiss kein Zufall war. Sie führte durch den bunten Strauß der Erotik mit fehlerfreiem Deutsch und mit einer viel höheren Distanziertheit und Professionalität. Dabei war ihre Art nicht unumstritten, denn zuweilen wurde ihr allzu große Coolness vorgeworfen. Woran es letztlich lag, ist kaum eindeutig zu sagen, doch die Sendung verlor nach der Neuausrichtung deutlich an Zuspruch. Die Quoten fielen derart drastisch ab, dass für die Produktionsfirma MME akuter Handlungsbedarf bestand.
Dieser schlug sich darin nieder, das ursprüngliche Konzept wieder weitestgehend herzustellen. Zudem verschwand Verena Araghi nach rund zehn Ausgaben. Sie wurde ausgerechnet von Nadja Abd el Farrag ersetzt, die Dieter Bohlens Dauerfreundin vor und nach Veronas Blitzehe war. Im Gegensatz zu Verona wollte er sie nämlich nie heiraten. Damit wurde „Naddel“ zum zweiten Mal der Lückenfüller für eine Aufgabe, an der Verona keinen Spaß mehr hatte. Weil Naddels Vater aus dem Sudan stammte, orientierte sich auch das neue Design der Show an ihren ethnischen Wurzeln und kam nun im orientalischen Stil daher. Die Änderungen brachten tatsächlich eine leichte Verbesserung, denn die Quoten waren immerhin erfreulicher als bei Verena, wenn auch nicht so hoch wie einst bei Verona.
Vielleicht lag dies aber auch daran, das Naddels Premiere gleich einen riesigen Skandal auslöste. Kurz vor Schluss sprach die neue Moderatorin nämlich mit einer Gummipuppe, die den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder imitierte. In dem kurzen Interview beschrieb er seine sexuellen Vorlieben und lieferte mehrere anzügliche Anspielungen. Gesprochen wurde der vermeintliche Kanzler von Elmar Brandt, der zu jener Zeit mit seinen «Gerd Show»-Parodien gut beschäftigt war. Über diesen Programmteil war der echte Schröder erwartungsgemäß nicht erfreut und warf dem Sender und dem Produktionsteam vor „Geschmacksgrenzen überschritten“ zu haben. Seine Ehefrau nannte die Aktion sogar „widerlich“. Selbst die BILD-Zeitung lehnte sich gegen RTL II auf und bezeichnete den Ausschnitt als „Pfui-TV“. Damit hatte sich die RTL-Gruppe innerhalb von vier Wochen das zweite Mal mit dem Regierungschef angelegt. Kurz zuvor gab es nämlich einen ähnlichen Wirbel um die Kanzler-Sitcom
«Wie war ich, Doris?».
Das kurze Interview sollte, abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit, auch ein juristisches Nachspiel haben, denn ein Gericht untersagte die eigentlich geplante Wiederholung der entsprechenden Szenen. Noch heute gilt der Fall als juristisches Lehrstück, weil im Zentrum die Frage stand, wie weit Satire gehen darf und ab wann Kunstfreiheit hinter Persönlichkeitsrechte tritt. Naddel selbst distanzierte sich übrigens stets von dem Interview mit der Begründung, dass sie nur vorgegebene Fragen abgelesen hätte.
Doch der Trubel währte nicht allzu lang, denn schnell ging die neue Version von «Peep!» schon wieder die Luft aus. Rund ein Jahr präsentierte Naddel die Erotiksendung und moderierte ähnlich steif wie ihre Rivalin. Als ihr Vertrag auslief, sollte er nicht mehr verlängert werden und in der damaligen Presse geisterten schon wieder Namen für ihre Nachfolgerin umher. Angeblich wäre das italienische TV-Gesicht Manuela Weber eine denkbare Option gewesen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen, denn der Sender stellte die Produktion kurzerhand ein. Der damalige Geschäftsführer Josef Andorfer begründete dies damit, dass das Format „ausgereizt“ sei und auch die Erwartungen an die Einschalquoten nicht mehr erfüllt wären. Der Trend ginge ohnehin zum „Event- und Reality-TV im Stile von «Big Brother»“. Bei dieser Entscheidung wird auch die Tatsache geholfen haben, dass zuvor unmoderierte Zusammenschnitte der Show über den Sender flimmerten, die besser abschnitten als die eigentlichen Ausgaben. Auf diese Weise verschwand «Peep!» vom Sonntagabend und geriet in Vergessenheit. Im Jahre 2004 kaufte der Sender Tele 5 noch einmal die Wiederholungsrechte, landete damit jedoch keinen großen Hit. Auch ein nächtlicher Re-Run auf dem Haussender RTL II im Jahr 2009 enttäuschte.
«Peep!» wurde am 09. Juli 2000 beerdigt und erreichte ein Alter von 205 moderierten Folgen. Die Show hinterließ die Gastgeberin Verona Feldbusch, die mittlerweile den Nachnamen Pooth trägt und sich zu einer Werbeikone mauserte. Zudem hatte sie eine Minirolle in der RTL II-Soap
«Alle zusammen - Jeder für sich». Mit ihrer Ehe zu Dieter Bohlen sollte sie im Jahr 2000 noch einmal für Schlagzeilen sorgen, als sie im Gespräch mit Johannes B. Kerner vor laufenden Kameras deswegen in Tränen ausbrach. Bitter stieß dabei jedoch die Tatsache auf, dass zeitgleich ihre neue Reihe
«Einfach Verona!» in Sat.1 startete, die anscheinend durch diese Maßnahme beworben werden sollte. Es folgte die Moderation der OP-Reihe «The Swan – Endlich schön!» sowie des Help-Formats «Engel im Einsatz».
Die Karriere von Nadja Abd el Farrag verlief etwas weniger glanzvoll. Zwar war sie in den einschlägigen Boulevard-Medien weiterhin präsent – meist mit fragwürdigen Geschäftsideen - aber ein neues, dauerhaftes Engagement blieb aus. So zog sie im Herbst 2004 in das australische Camp der RTL-Show
«Ich bin ein Star, holt mich hier raus!» und traf dort auf das andere «Peep!»-Gesicht Dolly Buster. Zuletzt entledigte sie sich öffentlich ihrer Perücke und ging für ein paar Tage ins «Big Brother»-Haus. Übrigens wurde die Sendung «Peep!» zwei Mal mit dem Preis der Erotikmesse „Venus“ ausgezeichnet, da war es dann nur konsequent, dass Naddel im Jahr 2010 als deren Covergirl posierte.
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der ersten Solo-Show von Komiker Olli Dittrich.