Super Bowl-Experte Michael Kim: 'Indianapolis steht Kopf'
Super Sunday: Der Super Bowl steigt - wir sprachen mit dem bekanntesten Sport-News-Anchor der USA, Michael Kim von ESPN. Wie groß ist die Aufregung vor dem großen Spiel? Wie die Europäer den Super Bowl erleben, weiß zudem Dietrich Wöstehoff, Kommunikator für ESPN in Deutschland.
Mal zur Erklärung für uns Europäer. Wie ist das in den Tagen vor dem Super Bowl? Wie viel wird in den Medien berichtet? Gibt es in der US-Sportwelt überhaupt noch andere Themen?
Kim: Die Super Bowl ist unbestritten DAS Fernsehereignis des Jahres in den USA. Allein fünf NFL-Endspiele finden sich in den Einschaltquoten-Top Ten des US-Fernsehens, an die 130 Millionen US-Amerikaner werden auch diesmal wieder vor den Fernsehern sitzen. Beide Teams sind bereits seit Sonntag in Indianapolis, die ganze Woche vor dem Spiel wird jede Bewegung der Spieler genauestens untersucht, jede Äußerung von Spielern oder Offiziellen unter die Lupe genommen. Natürlich findet auch noch anderer Sport statt, die NHL steigt in die zweite Saisonhälfte ein, im College Basketball beginnt die entscheidende Phase, in der NBA stehen einige großartige Spiele auf dem Programm, aber die Super Bowl verdrängt momentan alles. Indianapolis selber steht Kopf. ESPN bestreitet einen Großteil seines Programms live aus Glasstudios oder auf Bühnen inmitten der City und vor Zuschauern, da gibt es niemanden, der kein Trikot trägt. Ganz verrückt war es mal wieder beim Media Day am Dienstag, bei dem zum Beispiel ein Fragesteller im Superhero-Kostüm auftauchte und zu dem erstmal auch Fans zugelassen waren. Und so mussten die Spieler Salsa tanzen, Fragen nach den Kardashian-Schwestern beantworten oder Tom Brady erläuterte, wie es war als ihm einmal eine Fingernägel lackiert wurden - als Kind von seinen drei großen Schwestern.
Der Super Bowl lebt von der großen Show um das eigentlich Spiel drumherum. Für Sie persönlich: Welches sind die Highlights?
Kim: Im Großen und Ganzen ist es die Mischung aus absolutem Spitzensport zwischen Top-Athleten, Emotionen und der großen Perfektion, mit der das Event über die Bühne gebracht wird. Das ist zum Beispiel der Moment kurz vor dem Spiel, in dem die Jets das Stadion überfliegen, oder der Auf- und Abbau der Halftime Show. Im Stadion kommt einem das wie im Zeitraffer vor, wenn die Bühne aufgestellt wird und dann wie in einem Ameisenbau wieder verschwindet, das läuft mit der Hilfe von Hunderten von Freiwilligen absolut perfekt ab. Aber letztlich wartet man in beiden Fällen nur auf eins: dass die Spieler das Feld betreten!
Für Sie als Europäer, haben Sie vor dem Super Bowl auch ein Kribbeln? Ist das für Sie ein besonderer Tag?
Wöstehoff: Als Europäer würde man das jetzt vielleicht nicht unbedingt als Kribbeln bezeichnen, aber die Super Bowl gehört bei mir schon seit nunmehr über zwei Jahrzehnten zum festen Bestandteil des Fernsehjahres. Es ist auch ganz einfach: der erste Sonntag im Februar ist Super Bowl. Ich freue mich sehr, dass es anscheinend wieder mehr Partys in den deutschen Städten gibt, in denen das Ereignis von Football-Fans und interessierten Zuschauern angeschaut wird. In Wien findet die größte Super Bowl-Party Europas statt, in München die größte Deutschlands, beides in Kooperation mit Sky. Ganz klar: Der Super Sunday ist auch hier unter den Fans ein Feiertag.
Zur Halbzeitshow: Nach den Black Eyed Peas wird in diesem Jahr Madonna die Half-Time-Show gestalten. Diese ist inzwischen eigentlich kein Pausenfüller mehr, sondern ebenfalls ein richtiges Highlight. Auch für Sie als Kenner der Sportszene?
Wöstehoff: Definitiv. Wobei ich glaube, dass es nach den Black Eyed Peas im vergangenen Jahr keine Steigerung mehr geben wird. Das war atemberaubend, das lässt sich nicht anders sagen. Ich bin aber trotzdem gespannt auf Madonna. Man nimmt diesen Showact, eingebettet in zwei hoffentlich spannende Spielhälften, immer noch etwas anders wahr, denn immerhin ist es die größte Showbühne der Welt. Ich durfte bei Super Bowl XXXIX Paul McCartney live erleben, und die anfängliche Skepsis war schon nach den ersten Akkorden verflogen. Der "alte Mann" hatte das Stadion sofort im Griff.
Über das Sportliche müssen wir auch noch kurz sprechen: Wer gewinnt denn nun? Wird es eine enge Partie oder sehen Sie einen klaren Favoriten?
Kim: Neben der Form der beiden Quarterbacks Brady und Manning sehe ich im Gesundheitszustand von Patriots Tight End Rob Gronkowski einen der entscheidendsten Faktoren über Sieg oder Niederlage. Wenn er spielt, kann er den Unterschied ausmachen. Trotzdem glaube ich an einen Sieg der Giants. Dieser Sieg würde nicht bedeuten, dass Eli Manning besser ist als sein Bruder Peyton, der ja auch schon einen Titel hat, oder Brady. Es bedeutet schlicht, dass Eli Manning endlich als einer der besten Quarterbacks aller Zeiten anerkannt wird. Denn das ist er. Und er wird es Sonntag beweisen. Mein Tipp: Die Giants gewinnen 31:26!
Vielen Dank und ein gutes Spiel.