Popcorn und Rollenwechsel: Der kinotaugliche Ami-Sport
Baseball und Football sind den Deutschen noch immer fremd. Dabei lassen sich sehenswerte Filme aus diesen Sportarten spinnen.
Deutsche mögen ihre Volkssportarten leicht verständlich. Und kurz und knackig. Was kann einen am Fußball schon überfordern? Zwei Teams zu je elf Spielern rennen neunzig Minuten einem Ball hinterher, die Mannschaft, die den Ball öfter ins Tor der Gegner getreten hat, hat gewonnen. Das komplizierteste am Fußball sind die Abseitsregeln, und selbst die sind eher schwer zu erklären, denn schwer zu verstehen. In den USA dagegen hat das Verfolgen eines Ballsports selbst schon etwas von Ausdauertraining: Ein Profi-Baseball-Match kann gerne um die drei Stunden dauern, beim American Football sitzt man sogar öfters über dreieinhalb Stunden vor der Flimmerkiste oder im Stadion. Halbzeitpause nicht mit eingerechnet. Und während im Fußball schlicht die Tore gezählt werden, gibt's in diesen Sportarten Punkte, und es können durch so viele Spielzüge unterschiedlich viele eingeheimst werden. Sonderregel hier, Spezialfall da. Das erschwert Nicht-Fans den Einstieg in diese Sportarten ungemein, ist jedoch auch gefundenes Filmfutter.
Das aktuell in den Kinos laufende Sportdrama «Die Kunst zu gewinnen – Moneyball» basiert zwar auf einer wahren Begebenheit, hätte es sich aber jemand ausgedacht, so wäre es letzten Endes eh ein Baseballfilm geworden. Ein Manager widersetzt sich darin jeglichen Konventionen und lässt einen unerfahrenen Statistiker die Spielstrategie austüfteln. Allein auf der Basis von Statistiken. Vom Sport selbst hat der Mann eher wenig Ahnung. Das ist im Baseball denkbar, wird da traditionell eh alles in Zahlen ausgewertet, zumal genügend strategisch unterschiedliche Spielsituationen gegeben, die man in Zahlen festhalten kann.
Sowohl Baseballfilme, als auch Filme über American Football haben es in deutschen Kinos traditionell schwer, weil hierzulande nur eine Minderheit etwas mit dem thematisierten Sport anfangen kann. «Jerry Maguire» muss mit seinen 710.765 Besuchern bereits als Sensationserfolg gewertet werden, und dieser Film profitierte noch von einem massiven Oscar-Hype, Hauptdarsteller Tom Cruise (bevor er eines seiner Karrieretiefs durchmachte) und dank seiner romantischen Ader von einer gewissen „Pärchenabend-Kompatibilität“.
Dass Football in den hiesigen Kinos kaum Erfolge feiern kann, ist allerdings unverdient. Nicht nur, weil man für die wenigsten Football-Filme tief in der Materie stecken muss, sondern auch, da sich dieser Sport generell für die große Leinwand eignet. Es ist zwar nicht der Sportstoff, aus dem sämtliche Cineastenträume gemacht werden (das wäre wohl das in mehreren Oscar-Gewinnern thematisierte Boxen), dennoch lässt sich American Football sehr imposant inszenieren. Besser, als unser heimisches Fußball. Footballspieler sind wahre Hünen, mit enormen Polstern unter ihrem Trikot und Helmen, die richtig martialisch ausgeleuchtet werden können. Wenn diese brutale Riesen in der Halbzeit in die Umkleide gehen, die Helme fallen lassen und der Trainer seine in halber Montur dasitzenden Spieler ins Gebet nimmt, wird schnell das Bild sanfter Riesen erweckt. Es ist auch ein körperbetontes Spiel, was den Footballfilm-Regisseuren mehr Möglichkeiten liefert, den Konflikt beider Mannschaften auszudrücken. Was wiederum auch als Metapher genutzt werden kann: Oliver Stone drückte durch Football im überwältigenden «An jedem verdammten Sonntag» seinen Kulturpessimismus aus, während das Football- und Rassendrama «Gegen jede Regel» davon erzählt, wie das brutale Training eine von Vorurteilen belastete Mannschaft zu einer Einheit zusammenschweißt.
Wahrscheinlich wird sich Football in Deutschland trotzdem nie zum Blockbustermaterial aufbauschen können. Doch wenn das Interesse am Super Bowl weiter zunimmt, vielleicht werden deutsche Sender dann in Zukunft einmal jährlich dem Fernsehpublikum passende Filme aufs Auge drücken. Was alles andere, als tragisch wäre. Ein guter Footballfilm schlägt die ewig lange Vorberichterstattung, die den Super Bowl in den USA begleitet, ja wohl allemal ...