360 Grad: Finger im Po, Mexico!
Jürgen Milski kriegt gleich zwei neue Formate bei der RTL Group. Schafft er den Sprung ins TV-Establishment? Ein Kommentar.
9Live war das Ende vieler Karrieren. Danach kann eigentlich nur noch das Dschungelcamp kommen, denn für viele der Ex-Call-In-Animatoren scheint der Sprung ins zumindest halb-seriöse Fernsehen unerreichbar. Oder zumindest ein weiter Weg.
Einer, der diesen Sprung aber langsam zu vollziehen scheint, ist Jürgen Milski. Vielleicht hat er es einfacher als viele seiner ehemaligen Kollegen – denn 9Live war nie sein einziges Standbein. Bekanntheit hatte er als Teilnehmer der ersten Staffel von «Big Brother» erlangt, woraufhin er dauerhaft als Ballermann-Animateur im Geschäft bleiben konnte. Von 2005 bis 2011 arbeitete er bei dem wohl kontroversesten Sender der deutschen Fernsehgeschichte.
Mittlerweile sitzt er bei «Anne Will» und erzählt als gleichberechtigter Diskussionspartner zwischen Konzernchefs von seinem sozialen Aufstieg. Und ist, bei aller Polemik, in einer solchen Runde nicht einmal derjenige, der am wenigsten zur Diskussion beiträgt.
Nun kommt der nächste Schritt. Milski ist beim RTL und arbeitet an zwei Sendungen. In einer Sonderausgabe von «Mitten im Leben», die am vergangenen Montag ausgestrahlt wurde, sollte er zerstrittene Paare wieder zusammenbringen. Mit einem wöchentlichen Prime-Time-Format beim Schwestersender Super RTL namens «Die Entertainer – Auf ins Rampenlicht!», dessen Premiere am 12. März um 21.15 Uhr laufen wird, will Milski Alleinunterhalter, Amateursänger, Zauberer und dergleichen coachen (oder wie man das auch nennen will) und zu erfolgreichen Showkünstlern machen. Ein wenig klingt die Sendung wie «Das Supertalent» in der Billigversion – und somit nach purem Trash. Doch wenn Milski wohl etwas kann, dann ist es genau das: fröhlich in die Kamera lächeln und Menschen dazu animieren, über ihren eigenen Schatten zu springen. Denn er ist nicht „das Böse“ im Fernsehen, wie manche Kritiker immer wieder suggerieren – er ist der Rüpel. Der von sich überzeugte Rüpel, der einem solchen Format aber dadurch fast ein wenig Glaubwürdigkeit verleiht, dass er sich ohne Scheu daran beteiligen kann. Es ist Milskis Sprung von der dubiosen Schlammgrube des deutschen Fernsehens ins auf Massentauglichkeit ausgerichtete Establishment.
Und am Ende des Tages hat Milski als Entertainercoach wohl ohnehin mehr Relevanz als Bruce Darnell in der «DSDS»-Jury. Nur eine Frage der Zeit, bis Bellut wegen einer gewissen Samstagabendshow anrufen wird. Wäre nur blöd, wenn der Hot Button Belluts Leitung nicht auswählt.
Mit 360 Grad schließt sich auch nächste Freitag wieder der Kreis.