Die ungewöhnliche Story hinter «The Company»

Fünf Jahre nach der Produktion zeigt Sat.1 «The Company» – ein Serien-Relikt von Ex-Chef Roger Schawinski.

Auf den ersten Blick erscheint «The Company» wie eine völlig gewöhnliche TV-Produktion: Vor fünf Jahren in den USA produziert, basierend auf einer Romanvorlage, in drei Teilen ausgestrahlt, für einen Golden Globe nominiert. Das interessante Detail ist, dass Sat.1 damals in die Produktion involviert war, ohne die Serie jemals zu zeigen: Unter der Geschäftsführung von Roger Schawinski (Foto) kaufte man schon 2006 die deutschen Ausstrahlungsrechte an der 38 Millionen US-Dollar teuren Serie noch vor Produktionsstart und sicherte «The Company» damit finanziell ab. Hinter dem Projekt steht die Firma Tandem Communications, die Event-Programme wie «Die Säulen der Erde» herstellt.

Roger Schawinski baute damals auf Tandem, weil er gute Erfahrungen mit deren Produktion «Die Nibelungen» gemacht hatte: Sieben bis acht Millionen Zuschauer hatten die beiden Event-Filme im November 2004 gesehen; sie brachten Sat.1 teils mehr als 30 Prozent Marktanteil beim werberelevanten Publikum. Der Dreiteiler «The Company», wieder von Tandem Communications, war die logische Folge dieses Quotenhits – wurde aber trotz des finanziellen Investments bis heute nicht in Deutschland ausgestrahlt. Denn nachdem Sat.1-Geschäfsführer Schawinski aufgrund zunehmender Quotenflops seinen Posten räumen musste, verschwand die Miniserie im Archiv und wurde von keinem Nachfolger Schawinskis angerührt. Jetzt zeigt man das vergessene Serien-Relikt – in der Nacht von Montag auf Dienstag wird um 01.25 Uhr der erste von drei Filmen ausgestrahlt.

Verdient hat «The Company» dieses Schicksal nicht: Als US-Sender, der die Produktion hauptsächlich finanzierte, war der Kabelkanal TNT dabei, der für hochwertige Serienware steht. Nicht umsonst wirbt TNT mit dem Senderclaim: „We know Drama.“ In den USA zeigte man die Serie im August 2007, schon zwei Monate später wurde sie auf Blu-Ray und DVD veröffentlicht. US-Kritiker bescheinigten dem Format damals gute Qualität. Beispielsweise verglich die New York Times «The Company» mit der – damals jungen – Serie «Mad Man»: In beiden ginge es um „Montagen von Martini-Mittagessen, Räumen voller Zigarettenrauch, blütenweißen Hemden, verbotenen Affären“ – außer, dass es bei «The Company» um guttrainierte Agenten geht, bei «Mad Men» jedoch um guttrainierte Kindsköpfe. Nicht zuletzt war die TNT-Serie für einen Golden Globe nominiert – und wartet mit einem beeindruckenden Schauspieler-Ensemble auf.

«The Company» erzählt die Geschichte des Kalten Krieges anhand der beiden großen Geheimdienste aus der UdSSR und den Vereinigten Staaten. Unter der Oberfläche lieferten sich die US-Organisation CIA und der russische In- und Auslandsgeheimdienst KGB versteckte Konflikte – «The Company» zeigt diese vom Ende des zweiten Weltkriegs bis zum Fall der Sowjetunion in den späten 1980er Jahren anhand der Geschichte um Jack McCauliffe (gespielt von Chris O’Donnell): Als Yale-Absolvent und naiver Weltverbesserer heuert er bei der Berliner CIA-Abteilung an und wird unter das Kommando von Harvey Torriti (Alfred Molina) gestellt. Aber immer wieder scheitern neue Missionen und Invasionen der CIA – und bald vermuten Jack und Harvey, dass sich ein KGB-Maulwurf bei ihnen eingenistet haben könnte. Zusammen mit dem vermeintlich paranoiden Spionageabwehr-Chef James Angleton (Michael Keaton) versuchen sie, das Informationsleck ausfindig zu machen.

Neben renommierten Hollywood-Darstellern wie Michael Keaton war auch die deutsche Schauspielerin Alexandra Maria Lara in das Projekt involviert. Sie porträtiert eine ostdeutsche Balletttänzerin, die Jack mit geheimen Informationen versorgt. Er verliebt sich in sie – und muss bald um ihr Leben kämpfen.

Ausführender Produzent des Spionage-Dramas «The Company» war Ridley Scott, der sich mit Klassikern wie «Alien» und «Blade Runner» ein Denkmal im Filmgeschäft gesetzt hat. Neben Scott produzierte die Miniserie auch der einflussreiche Hollywood-Geschäftsmann John Calley, der in den Chefetagen von Warner Bros. und später Sony Pictures saß und maßgeblichen Anteil am Erfolg der Major-Filmstudios hatte. «The Company» war seine drittletzte Produktionsarbeit und eine, auf die er stolz sein konnte: Dieser Thriller ist eine Hommage an das Agenten-Genre und an (Fernseh-)Zeiten, als Gut und Böse noch an scharfen Trennlinien verliefen. Wer sich dieses filmische Kleinod nicht zu nachtschlafender Zeit antun möchte, greift auf die DVD zurück. Diese war bereits 2009 erhältlich – knapp drei Jahre vor der TV-Premiere.
20.02.2012 09:45 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/55057