Am Montagnachmittag startete eine weitere Kuppelshow auf VOX. Konnte sich die erste Ausgabe sehen lassen?
Jochen Schropp ist spätestens seit dem Start von «X Factor» kein unbekannter Name mehr. Der Schauspieler und Moderator, der in den vergangenen Jahren in zahlreichen TV-Filmen zu sehen war, ist der führende Kopf in der neuen VOX-Dokusoap
«Ein Bus voller Bräute». Das Konzept dieser Sendung ist dabei sicherlich nicht wahnsinnig innovativ, denn auch hier geht es vornehmlich darum, Singles miteinander zu verkuppeln. Mit «Der Bachelor» zeigte RTL allerdings zuletzt eindrucksvoll, dass auch im Jahr 2012 noch immer ein großer Bedarf an televisionären Blind-Dates und dem erbitterten Kampf zwischen den Kandidaten um die vermeintlich große Liebe besteht. In dieses Schema fügt sich Schropps Format nahtlos ein - spielt allerdings deutlich weniger mit der Würde seiner Protagonisten als die große Schwester RTL oder zuletzt auch Sat.1 in «Schwer verliebt».
Das Konzept dieser Reality-Sendung ist relativ schnell erklärt: Ein Bus mit insgesamt 20 paarungswilligen Damen startet von Berlin aus in insgesamt acht verschiedene Dörfer, wo auf sie einige Männer warten, die ebenfalls auf der Suche nach einer festen Partnerin sind. Erster Halt der Deutschland-Tour ist das sehr beschauliche Kaff Kiefersfelden in Bayern, wo die Dorfbewohner bereits auf die Neuankömmlinge warten und diese mit einem ganzen Blasorchester begrüßen. Sogar der Bürgermeister des Dorfes ist gekommen und spricht in deutlichem Dialekt seinen Gruß an die in einer Reihe formierten Damen sowie an den Moderator Jochen Schropp aus. Kurz darauf treffen auch schon die drei Junggesellen ein, um deren Gunst es für die Mädchen zu kämpfen gilt. Der 51-jährige Siegfried wird ebenso kurz und bündig vorgestellt wie die beiden 21-jährigen Christian und Kilian. Nach einem kurzen "Blind Date", bei dem die Frauen ihren potenziellen Lebenspartnern einige Fragen stellen dürfen, müssen sie sich für einen der Männer entscheiden. Anschließend folgt das Gruppendate über eine Woche, bei dem die Frauen jedoch jederzeit aussteigen und auf die nächste Station hoffen können.
Alleine durch dieses Konzept wirkt «Ein Bus voller Bräute» bereits wesentlich emanzipierter als der «Bachelor», bei dem ein vermeintlicher Womanizer im alleinigen Fokus aller weiblicher Akteure steht und durch die Vergabe seiner Rosen die alleinige Entscheidungsmacht hat, welche Damen ihn weiter anhimmeln dürfen - oder zumindest die Gage, die sie vom Sender für ihre Selbstentblößung erhalten. Dennoch stehen auch hier zumindest im zweiten Teil der Premierenfolge die Männer ganz klar im Fokus des Geschehens: Der junge Kilian geht gemeinsam mit seinen sechs Auserwählten rodeln, bevor sie sich in eine Wirtschaft begeben, wo er sich weiteren Fragen der Damen stellt. Siegfried entscheidet sich für den direkten Weg in die Wirtschaft und animiert die Frauen, zu bayrischer Volksmusik Stepptänze zu veranstalten. Die Performances der Frauen kommentiert der sichtlich unterforderte Jochen Schropp. Der etwas schüchtern wirkende Christian wiederum bringt seinen Damen das Stockschießen bei.
Was bei den Damen passiert, kann man als regelmäßiger Zuschauer solcher TV-Shows relativ einfach vorhersagen: Einige sehr extrovertierte Kandidatinnen preschen vor, um sich die prominentesten Plätze unter den Nagel zu reißen und sind sich auch für heftige Flirtversuche oder deutliche körperliche Annäherungen nicht zu schade. Dies kommentieren im Fernsehinterview wiederum andere Damen eifersüchtig und ziehen über die schlampige Direktheit ihrer Nebenbuhlerinnen her. Manch eine hält sich vornehmlich zurück und nimmt somit die Mauerblümchen-Rolle ein. Eine solche Person ist die 23 Jahre alte Jessica, die deutlich korpulenter ist als ihre Mitbewerberinnen und traurig davon erzählt, wie einsam sie sich doch oftmals fühlt und wie wenige Freunde sie in ihrem Leben hat.
Dies wäre also die perfekte Gelegenheit, um einen Menschen komplett bloßzustellen. Die Stereotypen sind verteilt, einige Klischees wurden bedient, nun also muss doch unweigerlich der nächste Schritt folgen. Doch eifrige Zuschauer von «Schwiegertochter gesucht», «Bauer sucht Frau» und «Schwer verliebt» werden enttäuscht, denn vor Fremdscham verschonen uns die Macher hier quasi komplett. Allerdings kommt eine tiefergehende Charakterisierung der Teilnehmerinnen auch nicht zustande, was jedoch in 50 Minuten Laufzeit auch nur schwer möglich gewesen wäre. Für die Charakterisierung der drei Junggesellen lässt man sich allerdings durchaus etwas Zeit. Alle drei sind echte Bayern und somit ist vor allem Christian aufgrund seines starken Dialekts nur schwer zu verstehen - doch dafür gibt es ja die beliebten Untertitel. Diese Sprachbarrieren spielen den Machern gewiss in die Karten, doch auch hier verzichtet man auf wirklich große Fremdschäm-Momente.
Ein Hauch «Schwiegertochter gesucht» gibt es allerdings doch in der ersten Folge, zumindest für ein paar Sekunden. Die heißblütige Brasilianerin Maria (48) erzählt in ihrem Einspielfilm, dass sie bereits bei besagter Sendung erfolglos nach der Liebe ihres Lebens gesucht hat. Wie hoch ihre Chancen nun stehen, kann nach der ersten von 28 Folgen noch nicht abschließend beurteilt werden. Über das Format kann man allerdings bereits jetzt schon sagen, dass es wesentlich angenehmer zu schauen ist als die zuletzt in erster Linie durch neue Gipfel der televisionären Bloßstellung auffällig gewordenen Kuppelformate zu prominenterer Sendezeit. Anders als diese wirkt «Ein Bus voller Bräute» auch bis zu einem gewissen Maße tatsächlich noch authentisch, man hat nicht das Gefühl, dass die Protagonisten das Drehbuch der Produktionsleiter als Handlungsmaxime betrachten und mit etwas Naivität und etwas weniger Skepsis gegenüber dem Fernsehen kann man sogar daran glauben, dass die eine oder andere Person ihren Lebenspartner über diesen Weg finden könnte.
Insgesamt ist die erste Folge dieser Doku-Soap alles andere als ein neuerlicher Versuch, die Grenzen zur Verletzung der Menschenwürde noch weiter nach unten zu verschieben. Sowohl die Verantwortlichen der Sendung hinter der Kamera als auch Jochen Schropp begegnen den Protagonisten mit dem Mindestmaß an Respekt, die in vielen Formaten dieser Zunft längst nicht mehr selbstverständlich sind. Somit muss auch der 33-Jährige sich nicht davor schämen, diese Sendung in seiner Vita stehen zu haben. Natürlich ist man auch hier falsch, wenn man wirkliche Tiefe geboten bekommen möchte, es handelt sich eben letztendlich doch nur um eine weitere Kuppelshow mit Simplifizierungen und Stereotypisierungen - allerdings noch auf einem erträglichen Niveau. «Ein Bus voller Bräute» ist einfache, wenig fordernde Nachmittagsunterhaltung, die nichts wirklich neu macht und dennoch bereits eine positive Erscheinung im Bereich Doku-Soaps darstellt.