Am 3. Mai ist Schluss mit der «Harald Schmidt Show» in Sat.1. Das schmerzt die zahlreichen Fans, auch in der Quotenmeter.de-Redaktion. Wo könnte es für Dirty Harry weitergehen? Oder hat Schawinski recht, wenn er sagt, kein Sender gibt Schmidt mehr eine Show? Fünf Redakteure, fünf Meinungen.
Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de
Die Schmidt-Gemeinde trauert – und sie hört auch nicht gerne, was der ehemalige Sat.1-Chef Roger Schawinski in der vergangenen Woche gesagt hat. Schmidt werde wohl bei keinem Sender mehr eine eigene Show bekommen. Schawinski mag recht haben. Schon im Ersten waren die Quoten seines Formats nicht wirklich zufriedenstellend, in Sat.1 lag er im Schnitt nur noch bei sechseinhalb Prozent der 14- bis 49-Jährigen. Kein großer Sender wird sich das gerne antun – und bei den kleinen Sendern hapert es wohl schlicht am Geld. Spekuliert wurde jüngst ein Wechsel zu kabel eins (Schmidt machte Andeutungen mit dem Wort Kabel), allzu wahrscheinlich dürfte dieser aber nicht sein. Auch ist nicht davon auszugehen, dass er bei einem Kabelnetzbetreiber anheuert um dort im Pay-TV eine Sendung zu machen. Schmidt-Fans wäre vielleicht ein Wechsel zu Sky zu wünschen; dort, wo Quoten nur eine untergeordnete Rolle spielen und Harald nach Lust und Laune Late-Night machen könnte. Das wird aber wohl eine Wunschvorstellung bleiben.
Sidney Schering, Kolumnist und Redakteur Quotenmeter.de
Nach einem inhaltlich schwachen Start fand «Die Harald Schmidt Show» bereits im Dezember 2011 langsam ihre neue tonale Ausrichtung: Weniger anarchisch als die kultigsten Ausgaben der späteren Jahre von Schmidts erster Sat.1-Zeit, aber auch spritziger als seine Sendung im öffentlich-rechtlichen. Im Januar 2012 schliff sich dann auch ein festeres Schema ein, mit einem halbwegs regulären Showablauf und den durchwechselnden Dauergästen Olli Dittrich, Klaas Heufer-Umlauf, Jan Böhmermann und Pierre M. Krause war Schmidt wieder nahezu durchgängig sehenswert. Deshalb ist es eine Schande, dass Sat.1 ihn nicht aus Prestigegründen weiter mitschleift, ganz gleich, wie die Quoten denn sein mögen. Es hätte sich schon noch ausgezahlt. Dafür, dass Late Night Geduld benötigt, ist Schmidt ja der beste Beweis.
Wohin es Schmidt nun, nach einem Monat hoffentlich völlig hemmungsloser Shows, als nächstes verschlagen wird? Schwer zu sagen, da ihm die meisten Türen verschlossen sind: Zurück ins Erste zu gehen ist ebenso unwahrscheinlich, wie der Wechsel zu einem anderen ProSiebenSat.1-Sender. Die RTL-Gruppe passt nicht zu ihm und wird ihn deswegen wohl kaum wollen. Letzte Rettung böte das ZDF – im Muttersender dürfte im Programmplan nicht genug Raum sein, aber ZDFneo spricht das studentische und jung-berufstätige Publikum an, das über Schmidts Humor lachen kann. Gerade donnerstags im Doppel mit «neoParadise» ergäbe sich ein großartiger „Audience flow“. Allerdings stellt sich beim Spartensender die Kostenfrage. Wie Schmidt selbst scherzte: ZDFneo ist nur was für Jungspunde, die den Kapitalismus nicht verstanden haben. Selbstverständlich war das sarkastisch und muss nicht für bare Münze genommen werden – doch bei Schmidts bisherigen Gehältern schwingt da doch ein großer Kern Wahrheit mit. Leider. Denn im Gegensatz zu der Zeit im Ersten und den ersten Wochen der neuen Sat.1-Ära wirkt Schmidt wieder ambitioniert – es wäre schade, wenn nun das liebe Geld ein vorzeitiges Ende seiner TV-Karriere verantwortet.
Daniel Sallhoff, Redakteur Quotenmeter.de
Wie geht es jetzt mit Harald Schmidt weiter? Diese Frage lässt sich, wenn überhaupt, nur schwer beantworten – zumal zurzeit ja ohnehin nur spekuliert werden kann. In einer seiner letzten Sendungen machte Schmidt jedenfalls nicht den Anschein, als würde nach seiner Sat.1-Show alles zu Ende sein. Macht er hier also nur gute Miene zum bösen Spiel oder ist da tatsächlich was dran? Einen Wechsel zum ZDF halte ich noch für am Wahrscheinlichsten – dort haben Comedy-Fans in den letzten Jahren schließlich immer mehr zu lachen gehabt. Und sonst… RTL? Zu anspruchslos. ZDFneo? Zu klein. Kabel eins? Das wäre, liebe
Bild.de-Redaktion, angesichts der Tatsache, dass dieser Sender zu ProSiebenSat.1 gehört, eine dicke Überraschung. Bei einem Senderwechsel darf man zudem nicht außer Acht lassen: Schmidt kostet Geld. Und dieses Geld müssen die Sender erst mal haben. Beim ZDF könnte es im Ernstfall schon daran scheitern. Und die öffentlich-rechtlichen Mühlen mahlen ja bekanntlich ohnehin sehr langsam. Es bleibt also abzuwarten, was passiert. Die letzten Sendungen machen durchaus Hoffnung, dass sich doch noch ein anderer Sender finden lässt. Vielleicht verhandelt Dirty Harry ja auch schon fleißig? Egal wie es kommt, für mich steht fest: Harald Schmidt gehört ins Fernsehen! Punkt.
Jan Schlüter, Redakteur Quotenmeter.de
Wer Harald Schmidt in diesen Tagen beobachtet, kann nicht den Eindruck gewinnen, als sei bald Schluss mit Late Night. Als sei diese Sat.1-Show, deren Ende vor einer Woche bekannt wurde, der Schwanengesang auf das Genre, sozusagen die letzte verspielte Chance. Nein, Schmidt machte zuletzt immer wieder Anspielungen darauf, dass seine Show ja nur in Sat.1 zu Ende gehen würde – vielleicht also wieder einmal ein Senderwechsel oder spricht da nur das (zu) gesunde Selbstbewusstsein aus dem Entertainer? Die Frage ist, wer sich Schmidt noch leisten kann und leisten will: Die anderen großen Privatsender RTL (Grund: Quote) und ProSieben (Grund: Raab) kommen nicht in Frage, die ARD wahrscheinlich auch nicht nach Schmidts unrühmlichem Abgang 2011. Bleibt das ZDF – Deutschlands neuer Satiresender Nummer 1, der mit der «heute show» wieder ein wöchentliches Comedyformat etablierte und Muße dafür aufbrachte. Schmidt würde ebenfalls mit einer wöchentlichen Show heute gut zum ZDF passen – aber auch in Mainz muss man hart sparen. Schmidts Marktwert ist durch das Sat.1-Intermezzo gesunken – die Frage ist daher, ob er selbst auch bereit ist, Abstriche zu machen. In jedem Fall wäre es schade für das Fernsehen, wenn uns der wöchentliche Schmidt verloren gehen würde.
Timo Niemeier, Redakteur Quotenmeter.de
Sat.1 setzt die «Harald Schmidt Show» ab und einen Schweizer freut das ganz besonders. Roger Schawinski nämlich, ehemaliger Sat.1-Chef. In seine Amtszeit fällt der erste Abgang Schmidts von Sat.1, viele Fans machten ihn damals dafür verantwortlich. In einem Interview mit dem „Tagesanzeiger“ sagte Schawinski nun, Schmidt habe den Chefwechsel in Sat.1 2003 zum Abgang genutzt, er habe nichts dafür gekonnt. Schawinski erklärte außerdem, dass er nicht wisse, wo Schmidt jetzt noch hin kann. Und in der Tat: Für Harald Schmidt ist die beste Zeit im deutschen Fernsehen wohl vorbei. Die klassische Late-Night-Show wird es mit ihm nicht mehr geben.
In der ARD ist man mit ihm durch, bei Sat.1 ebenso. Bei ProSieben gibt es am späten Abend kein Vorbeikommen an Stefan Raab. Es bliebe noch RTL. Aber die Kölner wissen genau, dass sie mit Schmidt keine Quote machen können, das hat sein Engagement bei Sat.1 eindrucksvoll unter Beweis gestellt. RTL hat außerdem einen etablierten Programmablauf. Schmidt sagte zudem, dass er nicht zu ZDFneo wolle, wie es einige Fans forderten. Das ist verständlich: Dort dürften ihn noch weniger Menschen sehen als zuletzt in Sat.1.
Bleibt also nur noch das Hauptprogramm des ZDF. Dienstags bis donnerstags talkt hier am Abend allerdings schon Markus Lanz. Ein Sendeplatz wäre aber vorstellbar: freitags nach der «heute show», da sollte auch der Audience-Flow stimmen. Da «Lanz kocht!» bald ohnehin wegfällt, wäre hier schon ein wenig Platz geschaffen. Aber wie gesagt: Die klassische «Harald Schmidt Show» an mehreren Abenden pro Woche kann und wird es nicht mehr geben. Es sei denn, der Entertainer überlegt es sich doch nochmal mit ZDFneo…