«Schlüter sieht's»: 1000 Sketche am Stück
Sat.1 zeigt bald am Wochenende 17 Stunden lang hintereinander Sketch-Comedys. Ein Kommentar.
Haben Sie in Ihrer Fernsehzeitung schon einmal das späte Freitagabendprogramm von Sat.1 beobachtet? Derzeit sendet man, nach der zweistündigen Show «The Winner is», ab 22.15 Uhr zwei neue Doppelfolgen des Sketch-Klassikers «Ladykracher» mit Anke Engelke – so weit, so gut. Und im Anschluss? Richtig gesehen: Bis Samstagmittag um 13.05 Uhr warten weitere 14 Stunden Sketch-Shows am Stück, darunter Wiederholungen von Formaten wie «Sechserpack», «Mensch Markus» und «Hausmeister Krause».
Aber was wäre diese Programmierung, wenn man den ehemals als „Fun-Freitag“ titulierten Comedy-Abend nicht noch weiter ausdehnen würde: Ab dem 8. Juni, also zur Zeit der dann startenden Fußball-Europameisterschaft, geht es freitags bereits um 20.15 Uhr mit Sketch-Formaten los. Dann dürfen sich Sat.1-Zuschauer ganze 17 (!) Stunden am Stück mit Wiederholungen von halbstündigen Comedyshows begnügen – darunter sechs Folgen des «Sechserpacks» oder der «Weibsbilder» am Freitagabend oder vier Folgen der «Dreisten Drei» ab 23.15 Uhr.
Legitim ist eine solche Programmierung natürlich, und zudem sehr wirtschaftlich: Quasi kostenlose Wiederholungen dieser Shows erreichen halbwegs ordentliche Einschaltquoten – am Wochenende beispielsweise lagen «Die Dreisten Drei» und Co. in der Samstagnacht immerhin oft im zweistelligen Bereich, ebenso am späten Samstagmorgen. Zur WM-Zeit 2010 setzte Sat.1 in der Freitags-Primetime bereits mehrmals auf solche Sketch-Marathons und erreichte gegen Live-Fußball akzeptable Zuschauerzahlen.
Aber reichen nicht auch vier Stunden Sketch-Programm am Freitagabend? Solche undurchdachten Marathon-Programmierungen offenbaren, wie mut- und ideenlos Sat.1 seine (Gelegenheits-)Zuschauer bedient: mit einem Programm, das austauschbar und langweilig ist wie kaum ein anderes; das eingesteht, wie schnell man gegen scheinbar überlegenes Programm, in diesem Fall den Fußball, zurückzieht. Spiele der deutschen Nationalmannschaft stehen übrigens nicht am Freitagabend an, sondern eher solche Begegnungen wie Polen gegen Griechenland (8. Juni) und Ukraine gegen Frankreich (15. Juni).
Das eigentliche Problem liegt aber nicht in dieser Abendprogrammierung, sondern eben in den 13 Stunden danach, in denen man ebenfalls nichts anderes zu bieten hat als den x-ten Rerun von «Mensch Markus». Der eigene Anspruch des drittgrößten Privatsenders müsste ein anderer sein. Zum Vergleich: Das Programm von RTL (mit Wiederholungen der «Chart-Show», «Stern TV», dem «Nachtjournal» und «Exclusiv») oder ProSieben (mit Spielfilmen und neueren US-Sitcoms) liest sich zumindest abwechslungsreicher, durchdachter, ernstzunehmender für den Zuschauer.
Übrigens: Bei ungefähr 30 Sketchen pro Sat.1-Comedysendung könnte der schmerzresistente Zuschauer – angesichts der 38 in diesen 17 Stunden ausgestrahlten Episoden zur EM-Zeit – weit mehr als 1000 Sketche am Stück anschauen. Wer also noch einen schnellen Rekord im Dauer-Spaßglotzen aufstellen möchte, sollte sich bei der Guinness-Gesellschaft in London melden. Den meisten wird aber vorher vermutlich das Lachen im Halse stecken bleiben…
Jan Schlüters Branchenkommentar gibt es jeden Mittwoch nur auf Quotenmeter.de.