Story
Hanna und Thomas haben das Leben in der Großstadt satt und kaufen sich ein Haus auf dem Land, weit weg vom nächsten Ort. Das Haus ist eine Bruchbude und es gibt für das Paar noch viel zu tun. Mit hoher Motivation im Gepäck fahren die beiden im Sommer zu ihrem neuen Haus, um zu renovieren und alles herzurichten. Das funktioniert auch anfangs ganz gut, bis Thomas einen Anruf seines Bruders Friedrich erhält.
Dieser wurde von seiner Frau sitzen gelassen und weiß nun nicht, wohin. Kurzer Hand lädt ihn Thomas ins neue Haus ein. Aber nicht ohne Hintergedanken: Friedrich ist Architekt und soll dem Paar als Dankeschön für die Herberge ein paar Tipps für die Gestaltung der Wohnräume mitbringen. Hanna passt die Dreierkonstellation gar nicht, weshalb sie ihr Patenkind Augustine einlädt. Doch da geht der Stress erst wirklich los. Zwischen Hanna und Thomas entfacht ein Streit, der sich immer mehr zuspitzt und zu eskalieren droht. Und dann steht plötzlich auch noch Hannas Vater in der Tür…
Darsteller
Marie Bäumer («Die Grenze») ist Hanna
Milan Peschel («What a Man») ist Thomas
André Hennicke («Bankraub für Anfänger») ist Friedrich
Anna Brüggemann («One Shot») ist Augustine
Agnese Zeltina («3 of Us») ist Galina Petrova
Gert Voss («Zettl») ist Hannas Vater Bo
Kritik
Als Vorlage für den späten Sonntagsfilm im Ersten diente der Roman „Die Wahlverwandtschaften“ von Johann Wolfgang von Goethe. Bereits im Jahre 1809 verfasste Goethe die Geschichte, die Sebastian Schipper für seine Filmversion in der Gegenwart ansiedelte. Das Werk markiert Schippers dritte Regiearbeit, das, wie seine vorherigen, ebenfalls dem Genre des Dramas zuzuordnen ist.
Mit Marie Bäumer und Milan Peschel in den Hauptrollen konnte der Filmemacher auf erfahrene Schauspieler zurückgreifen. Zunächst stellt sich Skepsis ein, was die Harmonie zwischen den beiden Darstellern angeht. Doch mit Fortschreiten der Spielzeit wirken die beiden absolut authentisch und wie aus dem Leben gegriffen. Auch die eher ungewollt hinzugestoßenen Verwandten reichern das Unterfangen an, obwohl deren Parts kleiner ausfallen. Thomas‘ Bruder, verkörpert von André Hennicke, scheint etwas zu verbergen, seine Zwielichtigkeit ist unübersehbar. Hannas Vater dagegen entpuppt sich schon in der ersten Sekunde als machohafte Nervensäge, während Hannas Patenkind Augustine jugendlich frisch daher kommt, es aber faustdick hinter den Ohren hat. Ein ruhiger Urlaub zu Zweit sieht wahrlich anders aus. Erhitzte Gemüter sind da vorprogrammiert.
Eingefangen ist der Kleinkrieg in stimmungsvollen Bildern, zusammengesetzt mit teilweise unkonventionellen Schnitten und Perspektiven, die die Zerrissenheit der Gruppe deutlich machen. Einige Längen sind dennoch wahrzunehmen, gerade weil es sich um ein langsames Kammerspiel mit vielen Dialogen handelt. Dazu schallt passend zur gezeigten Gefühlslage rockige oder melancholische Musik von der Tonspur.
Bäumer und Peschel bei ihrer Eheprobe, gestellt durch die eigenen Verwandten, zuzusehen, erweist sich über weite Strecken als angespanntes Unterfangen. Trotz ruhiger Bilder gelingt es Schippers, eine einnehmende Atmosphäre und natürliche Authentizität zu entwickeln. Das ist mitunter etwas schleppend, aber vor allem im über knapp anderthalb Stunden aufgestauten Finale sehenswert.
Das Erste strahlt «Mitte Ende August» am Sonntag, den 13. April, um 23.50 Uhr aus.