Super RTL-Programmdirektor Carsten Göttel: ‚Hatten an «Glee» höhere Erwartungen‘
Im Exklusiv-Interview spricht Super RTL-Programmdirektor Carsten Göttel über sein neues Serienzugpferd «Once Upon a Time» und welche Quoten er sich damit erhofft. Zudem ist auch «Glee» ein Thema. Die Serie ist für den kleinen Sender inzwischen eher nur noch Mittel zum Zweck.
Herr Göttel, Sie sprachen von einer neuen Qualitätsoffensive für Ihr Programm 2012/2013. Worauf sind Sie besonders stolz?
Dass wir eine Qualitätsoffensive bringen, ist zunächst einmal nichts ganz Neues. Das hatten wir vor zwei Jahren ja schon einmal. Damals hatten wir «Glee», «Monk» und «Psych» ins Programm genommen. All diese Formate waren aber nicht ganz passgenau für SUPER RTL – deshalb haben wir sie teilweise auch wieder rausgenommen. Wir hatten Formate, die haben voll eingeschlagen. «Robin Hood» zum Beispiel. Und dann gab es wirkliche Qualitätsserien wie eben «Monk», die bei uns nicht funktioniert haben. Letztlich haben wir die gleichen Quoten wie vor zwei Jahren, aber wir haben gelernt. Und deshalb haben wir Planungen für unsere zweite Qualitätsoffensive schon kurz nach dem Start der ersten begonnen.
Jetzt haben Sie sich unter anderem «Once Upon a Time» gesichert, den erfolgreichsten Neustart in Amerika.
Wir hatten relativ schnell einige Formate im Blick, von denen wir aber dachten, dass wir diese sowieso nie bekommen würden. SUPER RTL ist ein kleiner Sender, der oftmals als Programm hauptsächlich für Kinder wahrgenommen wird. In der Presse lösen unsere Formate nicht ein so großes Echo aus. Aber durch den neuen Output-Deal zwischen RTL und Disney kommen wir nun an Serien, von denen wir eben vorher nur träumen konnten. Wer hätte gedacht, dass wir einmal «Findet Nemo» oder «Cars» in der Primetime zeigen können? Wir dürfen die Free-TV-Premiere von «Aladdin» zeigen, der Film war vorher noch nie frei. Auch Filmreihen wie «Die wilden Kerle 1 – 4» passen wirklich perfekt zu uns. Das war sicherlich auch nice to have für ProSieben, bei uns aber ist so etwas wirklich ein Kernprogramm.
Sie sprechen schon die zahlreichen Highlights an… Nachschub gibt es auch für den Mittwoch.
Da haben wir sehr erfolgreich «Robin Hood» etabliert. Der Mittwoch ist unser Fantasy-Abend – und jetzt kommt dann mit «Sindbad» eine Serie hinzu, die bei Sky1 in England sehr gut angelaufen ist. Dort wurde der Marktanteil – zugegeben auf niedrigem Niveau – vervierfacht. Und wir dürfen ab 2013 «The Clone Wars» samstags als Erstausstrahlung zeigen.
Besprechen wir eines nach dem anderen: «Once Upon a Time» startet Mitte September bei Ihnen – wie schwer war es denn, an die Serie ranzukommen?
«Once Upon a Time» ist Teil eines Output-Deals zwischen Disney und RTL. Sie können sich vorstellen, dass wir nicht der einzige Sender waren, der an dem Format interessiert war. Es gibt Formate, die sieht man bei den LA Screenings und von Anfang an ist klar, wo diese hingehören. Und es gibt Formate, die eignen sich für mehrere Sender. Da muss man auch mal Flagge zeigen.
«Once Upon a Time» löst somit «Glee» als Aushängeschild ab?
Angesichts der Ausgaben für «Once Upon a Time» ist uns klar: Wir müssen fett Marketing betreiben. Es wird die größte Kampagne werden, die wir je gemacht haben – und «Glee» war ja schon groß.
Die Serie sollte auf Dauer vier Prozent holen. Staffel zwei lag dann bei unter drei Prozent…
«Glee» hatte anfangs mehr als vier Prozent. Nur dann haben wir Zuschauer verloren. Bei «Once Upon a Time» hoffen wir, dass sie bleiben. Die Erwartungen an die Serie sind jedenfalls ähnlich. Wichtig ist uns, dass die Zuschauer von Anfang an dabei sind und wir sie sofort an die Serie binden. Die Serie spielt in zwei Welten, ich weiß nicht, ob sich das für Quereinsteiger so gut eignet.
Haben Sie es als kleiner Sender heute wieder einfacher an US-Serien zu kommen? US-Serien kamen von kleinen Sendern, haben dann bei den großen Sendern ihre Mega-Erfolge gefeiert. Aber inzwischen sind die Quoten oftmals zurückgegangen und so gehen US-Formate wieder zurück zu ihren Spartensendern…
Ja, das stimmt. Die Herausforderung liegt nun darin, dass es wieder mehr kleine Sender gibt. Sixx, Nitro, Tele 5… Wir Kleinen fischen also überall mit kleinen Summen an den großen Formaten. Da brauchen wir manchmal auch Hilfe von RTL – denn ohne den Output-Deal wären wir nicht an «Once Upon a Time» herangekommen.
Der Mittwoch läuft also rund mit «Robin Hood», «Merlin» und Co. Nun zum Montag: «Glee» sollte vier Prozent holen, lag in Staffel zwei aber nur bei rund zweieinhalb.
Wir hatten an die Serie höhere Erwartungen. Letztlich war «Glee» keine Serie, die ich heute als Kernprogramm von uns bezeichnen würde. Wir haben zwei Zielgruppen: Erwachsene, die Eltern sind oder sein könnten und natürlich deren Kinder. «Glee» ist genau zwischen diesen beiden Gruppen stark, bei den Teenagern. Vor dem Start der dritten Staffel haben wir intensiv mit VIVA gesprochen. Wir haben gemerkt, dass wir die Serie bei uns nicht wiederholen können. Es gibt solche Formate – die laufen in der Wiederholung einfach nicht. VIVA hat also die ersten beiden Staffeln nachmittags gezeigt, auch bei Passion waren sie zu sehen. Wir haben alles getan, damit die dritte Staffel funktioniert.
Aber die Erwartungen sind nun niedriger?
Natürlich, wir machen auch keine eigene Kampagne für «Glee». Wenn die Serie knapp drei Prozent holt, dann ist das in Ordnung für uns. Wir möchten die Geschichte von «Glee» für unsere Zuschauer gerne zu Ende erzählen. Und «Glee» soll zugleich den Platz bereiten für eine neue Programmfarbe. Irgendwie ist es ja schwer zu sagen, welches Genre «Glee» genau ist. Ein bisschen Soap, Musical natürlich, aber die Serie hat auch eine Comedy-Ebene. Und das Format ist sehr frauenaffin. Nach «Glee» werden wir den Montag mit US-Sitcoms bespielen, «Samantha Who?» und «Dharma & Greg» werden wir probieren. «Glee» ist also auch ein bisschen Mittel zum Zweck für die neue Positionierung unseres Montags.
Das klingt aber ganz anders als noch vor einem Jahr. Mittel zum Zweck? «Glee» war mal der große Hit von SuperRTL – zumindest sollte er es sein…
Ich habe kein Problem damit, zu sagen, dass wir da vielleicht einen Fehler gemacht haben. «Glee» ist eine hochwertige Serie; wie auch «Monk» eine ist. Auch «DSDS – Das Magazin» war hochwertig produziert. Aber es trifft nicht unser Kernpublikum. Beides spricht eher die Teenager an. «Monk» hatte bei RTL immer gute Werte, bei uns nicht. In der Theorie war es eine gute Idee, diese Zuschauer zu uns zu holen. Und «Monk» überhaupt zu bekommen war damals nicht so einfach. Aber das hat nicht funktioniert.
Man muss zur Verteidigung sagen, dass «Glee» in den USA einen wirklichen Boom ausgelöst hat.
Vielleicht auch deshalb haben wir die Serie überschätzt. Die Serie zählt nicht zu unseren klaren Manifestationen – das sind eher Formate wie «Merlin», «Robin Hood» und natürlich unsere Disney-Filme.
Haben Sie darüber nachgedacht, die dritte Staffel nicht mehr um 20.15 Uhr, sondern vielleicht später zu zeigen?
Nein, haben wir nicht. Wir sind in der Primetime Marktführer was die Kinder zwischen drei und 13 Jahren angeht. Und «Glee» sorgt immer für einen sehr hohen Kinderanteil – die Serie hat fast immer das Niveau von Spielfilmen für Kinder. Das mag auch daran liegen, dass das Format durchaus eine Ebene hat, die sehr Kinderaffin ist. Auch deshalb haben wir dem Format bei uns wirklich viel Zeit gegeben.
Den Montag sollen künftig also Formate wie «Samantha Who?», «Dharma & Greg» und später auch «Friends» bestreiten. Haben Sie auch Interesse an Erstausstrahlungen?
Wir müssen zunächst einmal schauen, wie die Sitcoms bei uns angenommen werden. Das werden wir mit Geduld tun. Ich glaube, dass solche Serien sehr gut in unser Line-Up passen. Auch hier haben wir aus unserer ersten Qualitätsoffensive gelernt. Würden wir jetzt aber die komplette Primetime mit Neuem ausstatten, dann wäre das für uns schlicht zu viel. Der Freitagabend ist bei uns eingenordet als Abend mit Animationsfilmen, am Samstag laufen Animationsserien wie «The Clone Wars». Am Mittwochabend sind wir bekannt für «Robin Hood», «Merlin». Da kommt nun als großer Start «Once Upon a Time» hinzu. Würden wir nun am Montagabend auch noch Erstausstrahlungen bringen, wäre der Druck für uns einfach zu groß. Das wäre zu gefährlich.
Gibt es denn Formate, die Sie bei den L.A. Screenings gesehen haben, die passen würden – speziell im Bereich Sitcom?
Wir haben ja den Zugriff auf den Output von Disney. Da gibt es durchaus Formate, an denen ich Interesse habe. Das möchte ich aber zunächst intern mit meinen Kollegen besprechen. Im Grund genommen ist es so, dass es kaum etwas gibt, das nicht zu uns passt. Andererseits ist auch klar, dass wir in der Verwertungskette hier nicht an erster Stelle stehen.
Es gibt aber einen Boom in Sachen Sitcom: ProSieben wird gleich drei Abende mit Sitcoms bespielen, VOX setzt darauf, Sat.1 probiert sich an «Mike & Molly». Wird das nicht zu viel?
Das muss man sehen. Wir probieren das jetzt und testen. Doppelungen wird es immer geben. Aber auch hier muss genauer hingeschaut werden. Schnittmengen sind natürlich vorhanden, aber unsere Formate empfinde ich als familienaffiner und halte sie für die kinderaffinsten im deutschen Fernsehen.
Erstmals können Sie auch «Star Wars: The Clone Wars» in Erstausstrahlung zeigen. Waren die Verhandlungen mit Lucasfilm schwer, um die Serienrechte vollständig zu erhalten?
Wie schon von Ihnen erwähnt, besitzt Lucasfilm hier die Rechte. Bislang liefen die Erstausstrahlungen bei kabel eins – am Samstagmittag. Damit hat man also niemand wirklich angesprochen – nicht die Jungen und auch nicht die Erwachsenen, die das Format ja auch bedient. Somit waren die Ausstrahlungen bei uns in der Primetime immer schon gefühlte Erstausstrahlungen. Die Verhandlungen waren deshalb gar nicht so schwer – letztlich war aber auch diese Serie teuer. Wir mussten tief in die Tasche greifen. Aber «Star Wars: The Clone Wars» ist ein Kernprogramm und dafür zahlen wir dann gerne auch mehr. Leider kämpfen wir auch heute noch gegen das Klischee, dass Zeichentrickserien nur etwas für Kinder sind. In den USA ist das anders. «Tron» zum Beispiel, das wir auch zeigen werden, ist sicherlich kein Kinderprogramm.
Eine Frage erreicht uns aktuell via Twitter: Stephan will wissen, was aus «Columbo» wird?
Der ermittelt jetzt bei RTL Nitro. Das haben wir so miteinander abgesprochen. Nitro ist für uns – anders als viele denken – kein Konkurrent, sondern ein Partner, mit dem wir auch verschiedene Sachen zusammen einkaufen können. Es gibt einige Programme, die passen zu beiden Sendern - «Columbo» zum Beispiel. Dafür zeigen wir jetzt «Das Model und der Schnüffler».
Letzte Frage: Sie stehen konstant bei 2,4 Prozent Marktanteil – und das schon seit drei Fernsehjahren. Sie haben da vorhin leichte Kritik durchklingen lassen. Ich sage: Angesichts der Verluste von anderen Sendern kann man das auch als kleinen Erfolg verbuchen.
Wir sagen ja schon länger, dass wir Erwachsen werden wollen – und deshalb auch noch weiter wachsen möchten. Inzwischen sind wir da vorsichtig geworden, was eine Prognose angeht. Aber ich bin optimistisch, dass wir unser Ziel nun mit den neuen Programmen erreichen werden. Wir rechnen da ein bisschen anders. Tagsüber zeigen wir Kinderprogramme, deshalb können wir die klassischen Zielgruppen nicht den ganzen Tag über hernehmen. Unser Ziel ist es, uns in der Kern-Primetime zwischen 20.15 und 22.00 Uhr zu verbessern. Wir wollen dort das stärkste Ergebnis unserer Geschichte holen. Unsere beste In-Season lag bei 2,7 Prozent. Also sind 2,8 Prozent das Mindestziel. Es wird Abende geben, da werden wir fünf Prozent haben. Montags werden wir vielleicht etwas darunter liegen. Sollten am Ende in der In-Season drei Prozent herausspringen, wäre ich sehr zufrieden.
Vielen Dank für das Gespräch.