Der Fernsehfriedhof: Feuer, Soap und Explosionen

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 205: Eine spektakuläre Feuerwehr-Serie, die auch zwischenmenschliche Gefühle zeigen wollte.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer wahren Geldverbrennung.

«Die Feuerengel» wurde am 22. September 1997 bei RTL geboren und entstand zu einer Zeit als der Sender mit seiner Actionserie «Alarm für Cobra 11» wöchentlich zwischen sechs und sieben Millionen Zuschauer anlocken konnte und auch der Pilotfilm der späteren Reihe «Der Clown» mit knapp neun Millionen Zuschauern äußerst erfolgreich lief. Was lag daher näher, als an diesen Trend anzuknüpfen und ähnliche Formate zu entwickeln? Weil die fliegenden Autos und großen Explosionen aber dauerhaft nicht nur bei der Verbrechensbekämpfung eingesetzt werden sollten, widmete sich eines der neuen Projekte stattdessen der Feuerwehr.

Erzählt wurden die Geschichten der fiktiven Brandzentrale «Citywache 7« in Hamburg, dessen Team neben den beruflichen Herausforderungen auch allerhand private Turbulenzen bewältigen musste. Im Zentrum stand der junge Feuerwehrmann Christian Ohmke (Nicolas König), der in der ersten Episode überraschend zum Zugführer ernannt wurde und sich in seiner neuen Rolle zunächst behaupten musste. Zu seiner Mannschaft gehörte sein Neider Theo Grabowski (Christoph Hemrich), der emotional-aufgewühlte Karl-Heinz Erlenkamp (Hans Martin Stier), das Nesthäkchen Harry Kast (Michael Härle), der ungeschickte Alexander Strasser (Steffen Münster), der Draufgänger Markus Hoffmann (Jens Peter Nünemann), dessen dienstmüder Vater Wilfried (Henry König) sowie Susanne Schulte (Christina „Niki“ Greb), die von ihren männlichen Kollegen ernst genommen werden wollte.

An der Figurenkonstellation ist bereits zu erkennen, dass neben spektakulären Actionszenen auch menschliche Dramen und romantische Verstrickungen zu erwarten waren. Daher charakterisierte Georg Althammer, der Produzent der Serie, das Ergebnis auch als „Action-Soap“. Nicht umsonst programmierte der Sender es dann am Montagabend zur besten Sendezeit im Doppelpack mit der neuen Gefängnisseifenoper «Hinter Gittern – Der Frauenknast». Gänzlich neu war diese Grundidee zu jener Zeit längst nicht mehr. Schon seit 1993 zeigte RTL mit «Notruf California» eine amerikanische Produktion, die ähnlich aufgestellt war, und in der eigenen Realityshow «Notruf» wurden echte Feuerwehreinsätze bereits seit Februar 1992 nachgestellt. Darüber hinaus hatte das ZDF im Jahr 1996 mit «Alarmcode 112» eine Serie produzieren lassen, die vom Grundkonzept den «Feuerengeln» stark glich. Im Zentrum stand damals nur keine Wache in Hamburg, sondern stattdessen in Berlin-Neukölln. Dass nun die private Konkurrenz das Format kopierte, verärgerte die Verantwortlichen beim öffentlich-rechtlichen Sender: „Die setzen sich gern auf Wellen, die andere losgetreten haben“, bemerkte der damalige ZDF-Redaktionsleiter Claus Beling gegenüber dem FOCUS.

Der indirekten Vorlage vom ZDF war jedoch eindeutig anzumerken, dass der Schwerpunkt auf den persönlichen Geschichten der Feuerwehrmänner und -frauen gelegt wurde. Die RTL-Version trat hingegen weniger entschlossen auf und versuchte den Spagat zwischen Action und Emotionen zu meistern. Die fortwährenden Brandherde und Katastrophen, in denen mit Feuer und Special Effects nicht gespart wurde – allein die Explosion eines Güterzuges verschlang sechs Pyrotechniker, sechs Tonnen Propangas, 100 Kilo Brandpaste und 500 Liter Brennspiritus - waren allerdings derart präsent, dass sie kaum Raum für die versprochenen zwischenmenschlichen Verwicklungen ließen. Auch nach außen wiesen der Look, der Vorspann und die Trailer eher auf eine Actionreihe als auf eine Soap hin. Gleichzeitig waren die seifenopernartigen Handlungsstränge für eine reine Actionserie zu umfangreich. Kurz, es war im Gegensatz zu Programmen wie «Alarm für Cobra 11» nie ganz klar, wohin die «Feuerengel» steuern wollten.

Auch die Presse und zahlreiche Zuschauer äußerten sich nach der Premiere eher enttäuscht über den Neustart. Bemängelt wurden einerseits die unrealistischen Darstellungen der Rettungseinsätze, die überzeichneten und stereotypen Figuren sowie die oberflächlichen Abhandlungen ihrer Schicksale. Das Resultat waren Reichweiten, die sich lediglich um die Vier-Millionen-Marke bewegten, was letztlich dazu führte, dass die sehr teure Produktion nicht verlängert wurde. Die einzig existierende Staffel wurde dennoch im Jahr 2000 noch einmal von RTL und im Jahr 2003 von SuperRTL wiederholt. Eine Wiederaufnahme der Dreharbeiten wurde dadurch jedoch nicht ausgelöst.

«Die Feuerengel» wurde im Dezember 1997 beerdigt und erreichte ein Alter von 13 Folgen. Die Serie hinterließ den Hauptdarsteller Nicolas König, der anschließend in der ZDF-Reihe «Die Rettungsflieger» weiter Leben retten konnte. Außerdem war er im ProSieben-Sketchformat «Geht’s noch?» zu sehen, wo er auf Thomas Balou Martin traf, der zuvor in «Alarmcode 112» mitwirkte. Auch Hans Martin Stier trat später erneut als Lebensretter auf, denn in der Arztserie «Klinikum Berlin-Mitte» verkörperte er ab 1999 den Krankenhausleiter Prof. Dr. Ulrich Bischoff. Am bekanntesten dürfte er aber für seine Rolle als Dackelklub-Präsident Karl Göbel in «Hausmeister Krause» sein. Ab 2002 war er zudem der Vorgesetzte der «SOKO Köln». Niki Greb blieb zunächst dem Sender RTL mit ihrer Hauptrolle im Vierteiler «Das geheime Leben der Spielerfrauen» treu, bevor sie im Jahr 2009 in der kurzlebigen ARD-Daily «Eine für alle» mitwirkte, in der auch ihr ehemaliger Kollege Nicolas König mitspielte.

Möge die Serie in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann den legendären Unterhaltungsshows von der Berliner Funkausstellung.
23.08.2012 10:01 Uhr  •  Christian Richter Kurz-URL: qmde.de/58691