Die Kritiker: «Heiter bis tödlich – Akte Ex»

Mit der «Akte Ex» schlagen die Vorabendkrimis der «Heiter bis tödlich»-Marke ein eher schwaches Kapitel auf.

Inhalt
Die junge Kommissarin Kristina Katzer kann es nicht fassen: Kaum ist sie aus ihrem Urlaub zurückgekehrt, wird ihr ein neuer Arbeitskollege vorgesetzt. Der jeder Frau den Kopf verdrehende, aufgeweckte, aber auch etwas schmierige Lukas Hundt wurde im Bett mit der Frau seines Berliner Vorgesetzten erwischt und flieht deswegen ins beschaulichere Weimar, bis sich die Wogen geglättet haben. 14 Jahre zuvor hatte der Weiberheld auch eine Affäre mit Kristina – dass aus dieser eine Tochter entsprang, ist ihm jedoch nicht bekannt, und Kristina sieht es nicht ein, daran etwas zu ändern.

Insofern kann es Kristina nur recht sein, dass bereits an Lukas' erstem Diensttag der Juwelier Alfons Beneke tot in seinem offenen Safe aufgefunden wird, schließlich lenken die Ermittlungen effektiv von zu tief greifenden Gesprächen zwischen den früheren Geliebten ab ...

Darsteller
Isabell Gerschke («Polizeiruf 110») ist Kristina Katzer
Oliver Franck («Katie Fforde - Leuchtturm mit Aussicht») ist Lukas Hundt
Rita Feldmeier («Polizeiruf 110») ist Elli Katzer
Sarah Alles («Die Stein») ist Yvette Müller
Michael Greiling («Ein Fall für Nadja») ist Joseph Ottner
Tobias Schenke («Alpha 0.7 - Der Feind in dir») ist Dr. Leo Sturm
Daniel Aichinger («Alles was zählt») ist Markus Passleben
Nora Huetz («Marie Brand und der Moment des Todes») ist Mandy Seifert

Kritik
Es sollte längst bekannt sein, dass die «Heiter bis tödlich»-Krimis dem Ersten bislang nicht gerade den begehrten Quotenaufschwung am Vorabend beschert haben. Dass der öffentlich-rechtliche Sender dennoch an seiner Idee einer Dachmarke für gemütlich-amüsante Lokalkrimis festhält, ist durchaus löblich. Dass sich diese Konstanz auch auf die Serienkonzepte ausweitet, ist derweil fragwürdig. Es scheiterten am ARD-Vorabend bereits mehrere «Heiter bis tödlich»-Serien, in denen ein ungestümer Großstädter in eine gemächlichere Region strafversetzt wird und eine neckische Arbeitsbeziehung zu seinem neuen Kollegen aufbaut. Und dennoch verfolgen die meisten der neuen «Heiter bis tödlich»-Formate genau dieses Schema, hoffend, dass es plötzlich beim Fernsehzuschauer auf Zuspruch stößt. So auch «Akte Ex». Der vermeintlich innovative Clou dieser Serie: Das Ermittlerduo lernt sich nicht erst zu Beginn der Serie kennen, sondern hatte 14 Jahre zuvor bereits eine Affäre!

An der ewig gleichen Figurendynamik der Schmunzelkrimis ändert dies aber nichts: Die Weimarer Kommissarin Kristina ist vom großspurigen, die Regeln der Polizeiarbeit biegenden Gehabe ihres Berliner Kollegen Lukas genervt, aber auch von seinem rauen Charme fasziniert. Dass sie vor ihm geheim hält, dass er der Vater ihrer Tochter ist, wirkt sich kaum auf das Zusammenspiel der beiden Hauptfiguren aus und zu genau sollte man als Zuschauer eh nicht über Kristinas Verhalten nachdenken. Dass sie Lukas verachtet und ihm sein ständiges Flirten vorwirft beißt sich in der neckisch-selbstschützenden Art, in der die Autoren und Darstellerin Isabell Gerschke die Figur Kristina auftreten lassen, damit, dass nicht er 14 Jahre zuvor abgehauen ist, sondern sie es war, die ohne jeglichen Kommentar aus der Affäre türmte. Kaltschnäuzige Vorwürfe, man hätte innerhalb von 14 Jahren auch mal anrufen können, sollten streng genommen also eher von ihm gemacht werden, und nicht von der quirligen weiblichen Hauptfigur, die dadurch bloß an charakterlicher Konsistenz und Sympathie einbüßt.

Im Gegensatz zu den «Heiter bis tödlich»-Serien «Nordisch herb», «Hubert und Staller» oder das in diese Reihe gezwängte Kultformat «München 7» ist der Schauplatz von «Akte Ex» nichts weiteres als exakt dies: Ein Schauplatz. Alibimäßig finden sich zwei kurze Dialogfetzen zu Goethe und Schiller in der Pilotausgabe, ansonsten könnte dieser Weimarer Lokalkrimi genauso gut auch in Düren, Pforzheim oder Potsdam spielen. Weder versprüht die Serie Lokalkolorit, noch wird sie von der regionalen Mentalität beeinflusst, was den Sinn eines Lokalkrimis ad absurdum führt. Wenn also weder die Figurenkonstellation noch der Schauplatz «Akte Ex» eine eigene Identität verleihen können, so müssten wenigstens der Kriminalfall und der Witz einen triftigen Einschaltgrund liefern. Doch auch in diesen Belangen ist «Akte Ex» Fließbandware: Der in der Pilotfolge zu lösende Mordfall ist nebensächlich und der Dialogwitz fällt meistens flach, etwa wenn der aus Berlin stammende Lukas Hundt Goethe mit Schiller verwechselt und dies mit Geschwätz zu überspielen versucht.

Nahezu allein die, wenngleich nicht Funken sprühende, so aber immerhin noch authentisch wirkende Chemie zwischen den Hauptdarstellern Gerschke und Franck bewahrt den Einstand von «Akte Ex» davor, unter den qualitativen «Heiter bis tödlich»-Tiefstwert zu fallen. Außerdem muss das Drehbuch dahingehend gelobt werden, dass es wenigstens zielstrebig ist, während sich manch schwächere «Heiter bis tödlich»-Serien bereits schon in sinnlose Füllszenen verloren haben. Ansonsten ist «Akte Ex» bloß ein Lehrbuchbeispiel dafür, weshalb sich diese Vorabendkrimi-Marke noch immer nicht durchgesetzt hat.

Das Erste strahlt «Akte Ex» ab dem 18. September immer dienstags um 18.50 Uhr aus.
17.09.2012 11:00 Uhr  •  Sidney Schering Kurz-URL: qmde.de/59193