Der seefahrende Abenteuerheld kehrt zurück. Der beliebte Kinostoff dient nun als Vorlage für eine aufwändige TV-Serie des britischen Bezahlsenders Sky1.
Mit «Merlin» und «Robin Hood» eroberten bereits zwei leicht modernisierte Nacherzählungen bekannter Sagen das britische Fernsehen. Um diesen beiden BBC-Serien, die in Deutschland mit achtbarem Erfolg auf Super RTL laufen, Konkurrenz zu bieten, gab der Bezahlsender Sky1 ebenfalls eine Abenteuerserie in Auftrag, die sich aus dem Pool berühmter Sagen bedient. Statt aber eines britischen Stoffes diente die zu exotischeren Schauplätzen führende Geschichte des Seefahrers Sindbad als Vorlage. Somit hebt sich die vom Produktionshaus Impossible Pictures («Primeval») verwirklichte Abenteuerserie zumindest visuell stark von den BBC-Familienabenteuern ab.
Tonal sind «Sindbad» und seine BBC-Konkurrenzserien dagegen eng verwandt, bietet die zwölfteilige Neuerzählung der Seefahrtsabenteuer doch nicht zu ernste, nicht zu alberne Unterhaltung für jung gebliebene Abenteuerfans und Familien mit älteren Kindern. Zwar kommt es zu dramatischeren Momenten, von Verrat hin zu unbeabsichtigtem Totschlag wird einiges abgedeckt, doch nie hält die Kamera zu lang drauf, nie legt Regisseur Andy Wilson («Torchwood») den inszenatorischen Finger in die thematische Wunde. «Sindbad» nimmt sich ernst genug, um für seinen Titelhelden eine der Spannung förderliche Fallhöhe aufzubauen, legt den Schwerpunkt aber auf die erstaunlichen Aspekte seiner Abenteuer.
In dieser Neuerzählung wird Sindbad durch einer Kette unglücklicher Ereignisse zum wundersame Dinge erlebenden Seefahrer: Bei einem Straßenwettkampf tötet Sindbad unbeabsichtigt seinen Kontrahenten, nicht wissend, dass es sich bei ihm um den Sohn des Emirs Akbari (Naveen Andrews) handelt. Nach Blutrache sinnend, setzt dieser seine Wachen auf Sindbad und seinen Bruder an. Während Sindbad entfliehen kann, wird sein Bruder tödlich verletzt, was Sindbads in dunkler Magie erfahrene Großmutter erzürnt. Sie verbannt ihn mit einem Fluch aus der Stadt und zwingt ihn, ewiglich zu See zu fahren. An Bord der Providence lernt er eine multikulturelle Crew unterschiedlichster Charaktere kennen – sowie die Gefahren der Weltmeere, denn alsbald greift ein Wasserdämon das Schiff an ...
Der Pilot von «Sindbad» legt ausführlich den Grundstein für die elf noch folgenden Episoden und erzählt mit angemessenem Tempo die neu erdachte Hintergrundgeschichte Sindbads, gen Schluss wird dem Zuschauer zudem ein Ausblick auf die übernatürlichen Gefahren geboten, welche künftige Folgen antreiben. Newcomer Elliot Knight gibt den Titelhelden mit Sympathie und lässt sowohl den ungestümen Helden als auch seine furchtsame Seite aufleben. «Lost»-Star Naveen Andrews tritt nur für wenige Augenblicke auf, hinterlässt aber bleibenden Eindruck, da seine Schurkenrolle zwar einschüchtert, jedoch nicht manisch-diabolisch handelt, sondern nachvollziehbar Gefühle zeigt. Sindbads Großmutter (Janet Suzman) wiederum fällt zu sehr ins Klischee der düsteren, giftigen Hexe, das restliche Ensemble bleibt derweil weitgehend im Hintergrund, aber zumindest die Zusammenstellung der Providence-Crew verspricht Kurzweil und Abwechslung in kommenden Episoden.
Visuell merkt man der Serie ihr Budget von mehreren Millionen Pfund an: Sindbads Heimatstadt Basra ist weitläufig und sieht atemberaubend aus, weckt Erinnerungen an die schwelgerischen Schauplätze früherer Abenteuerklassiker oder auch des überaus kostspieligen «Prince of Persia – Der Sand der Zeit», bloß dass der Stadt mit einem TV-Budget nicht so viel Leben eingehaucht werden kann, wie es bei der mit Komparsen bespickten Bruckheimer-Produktion der Fall war. Die computergestützten Landschaftsaufnahmen fügen sich nahtlos in reale Aufnahmen ein, die CG-Monster befinden sich unterdessen auf solidem Niveau, wie so oft ist bloß das Shading nicht vollends ausgereift.
Da der Pilot hauptsächlich Exposition liefert, wenngleich diese immerhin gezeigt und nicht bis zum Ermüden erzählt wird, hält sich der Nervenkitzel noch in Grenzen, das Pacing ist aber zügig genug, um den abenteuerlustigen Zuschauer bei der Stange zu halten. Ausbaufähig gerieten derweil die Kampfszenen, welche gut choreographiert, jedoch hölzern geschnitten sind. Da aber Sindbads erste Begegnung mit übernatürlichen Wesen dennoch stimmig in Szene gesetzt wurde, und der Schwerpunkt der Serie auf diesem Element (und nicht etwa auf Straßenkämpfen) liegt, lässt sich dies vergleichsweise einfach verschmerzen.
Wer «Merlin» und «Robin Hood» mag, oder generell für nicht all zu dramatische TV-Abenteuerunterhaltung zu haben ist, bekommt mit «Sindbad» zwar kein Überfliegerformat geliefert, jedoch einen klar überdurchschnittlichen Genrevertreter, der gut aussieht und seiner klassischen Vorlage ohne Stilbrüche einen neuen Drive verleiht.