Gottschalk: Qualität und Quote nicht vereinbar

Thomas Gottschalk hält es derzeit für nicht realisierbar, qualitativ hochwertiges Programm für viele Zuschauer zu machen.

Thomas Gottschalk tanzt derzeit auf vielen Hochzeiten: Er ist Juror beim RTL-«Supertalent», neuer Kolumnist der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" – und nun auch Uni-Dozent. Bei einer Rede an der Heidelberger Universität philosophierte der Showmaster vor 400 Studenten über das Thema: "Lassen sich Quote und Anspruch in der heutigen Fernsehunterhaltung noch auf einen Nenner bringen?"

Gottschalks Antwort darauf ist: derzeit nicht. Qualitativ hochwertiges Programm lasse sich in der heutigen Fernsehwelt nicht für ein Millionenpublikum herstellen. "Der Versuch des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, gleichzeitig Quote und Niveau zu bringen, wird nicht funktionieren", so Gottschalk. Der TV-Zuschauer sei die Ursache dieser Entwicklung: "Er fordert Dinge, die man kaum noch leisten kann, wenn man sich nicht von Qualität verabschieden will." Außerdem fehle dem Publikum heute immer mehr die Fähigkeit, über einen längeren Zeitraum aufmerksam zuzuhören oder zuzusehen.

Eigene Fehler und Selbstüberschätzung räumte der Entertainer mit seiner Vorabend-Sendung «Gottschalk Live» ein, die zu einem großen Quotenflop wurde. "Ich habe mir eingebildet, ich hätte nach 25 Jahren im Geschäft eine Art Deutungshoheit erreicht." Nun käme er mit seinem Engagement beim RTL-Supertalent wieder seinem beruflichen Lebensziel ein Stück näher, nämlich "möglichst viele Zuhörer und Zuschauer" zu erreichen. "Im Vorabendprogramm habe ich richtig die Fresse vollbekommen, jetzt mache ich den Taliban", kommentierte Gottschalk seinen Wechsel zu RTL.

Harsche Kritik übte er bei seinem Uni-Vortrag an ARD-Kollege Florian Silbereisen, der erfolgreich Volksmusik-Shows am Samstagabend moderiert. Gottschalk bezeichnete Silbereisen als "größten Irrtum in der Fernsehgeschichte" und "Carolin-Reiber-Klon", dessen Sendungen grenzwertig und fragwürdig zugleich seien. Respekt zollte er dagegen Stefan Raab, weil dieser eine Marke und "kein moderierender Anzug" sei, sowie Freund Günther Jauch, der die Anforderungen eines deutschen Entertainers erfülle – und sich zudem immer korrekt kleide. «Wetten, dass..?» und seinem Nachfolger Markus Lanz wünscht Gottschalk unterdessen viel Erfolg.
19.10.2012 11:37 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/59870