«Schlüter sieht's»: Lustiger Lerchenberg

Das ZDF lässt eine selbstreferentielle Sitcom produzieren. Kommt jetzt das deutsche «30 Rock»?

Nicht mehr RTL gibt den Ton an in der Landschaft komödiantischer TV-Programme, sondern schon seit längerer Zeit das ZDF – spätestens seit dem Start der wöchentlichen Polit-Satire «heute-show». RTL zeigt zwar viel Comedy, aber fast nur Stand-Ups der immergleichen Künstler, die in Zweit- und Drittverwertung auch noch durch Shows wie «Willkommen bei Mario Barth» geschleust werden, wo sie – wie sollte es anders sein? – ebenfalls Stand-Up-Comedy machen. Beim ZDF (und seinen digitalen Spartenkanälen) aber hat man es geschafft, mit Programmen wie «Neues aus der Anstalt», «Teddy’s Show» oder «neoParadise» richtig gutes komödiantisches Fernsehen zu machen, das modern und anspruchsvoll wirkt. Kurz: Es entspricht dem Zeitgeist. Wenig verwunderlich ist es daher, dass die Mainzer nun mit einer eigenen Sitcom-Produktion den nächsten Schritt gehen.

Ein deutsches «Two and a Half Men», so wie Intendant Thomas Bellut es 2011 in Aussicht gestellt hatte, wird dieses Projekt zwar nicht, aber es hört sich ähnlich spannend an: In der Sitcom «Lerchenberg» will sich das ZDF zum 50. Jubiläum (Gründung: 1. April 1963) selbst auf die Schippe nehmen und hinter die Kulissen des Senders blicken. Star der Serie ist Schauspieler Sascha Hehn, vor allem bekannt als Dr. Udo Brinkmann – Klaus Brinkmanns Sohn – in der «Schwarzwaldklinik» und als Chefstewart Viktor im «Traumschiff». Der Clou: Hehn spielt sich selbst in einer Rolle als alternder Fernsehstar, dem noch einmal ein Comeback gelingen will.

Diese Story-Grundzüge lesen sich vielversprechend – zumal das ZDF nicht auf etablierte Macher setzt, sondern eine junge, im Fernsehgeschäft noch unbekannte Produktionsfirma mit der Realisation beauftragt hat. «Lerchenberg» stimmt ein in die vielen selbstreferentiellen Produktionen der vergangenen Jahre, die das Fernseh- oder Filmgeschäft selbst zum Gegenstand der Handlung auserkoren haben: An allererster Stelle wäre hier die Comedy «30 Rock» zu nennen, welche hinter den Kulissen einer fiktiven NBC-Show spielt, aber auch Formate wie «Entourage» und «Extras» – sowie nicht zuletzt das deutsche «Pastewka» mit Entertainer Bastian Pastewka, der eine überspitzte Version seiner selbst spielt und nebenbei viele Seitenhiebe auf die Branche verteilt. All diese selbstreferentiellen Serien haben eines gemeinsam: Sie sind richtig hochwertiges Fernsehen.

Kann «Lerchenberg» diese Tradition fortsetzen? Der erste (zugegebenermaßen kurze) Trailer zeugt von hoher Qualität, gut gesetzten Pointen und einem harmonierenden Cast – kurz gesagt: Hier scheint der nächste satirische Comedy-Hit des ZDF heranzuwachsen. Auch die bisherigen Infos lassen nur Gutes vermuten: Man will nicht andere Konzepte blind kopieren, sondern sich speziell an den deutschen Fernsehmarkt anpassen, mit Witzen über das öffentlich-rechtliche System beispielsweise oder einem früheren heimischen Schauspiel-Idol, das sich offenbar selbst parodieren will. Nicht zu vergessen: An der Parodie eines alternden Showstars durfte sich in den vergangenen Jahren auch Hape Kerkeling als Uschi Blum versuchen. Wo? Natürlich vorwiegend im ZDF, wo Kerkeling seine neue Senderheimat gefunden hat.

Es wäre nicht das erste Mal, wenn das ZDF mit «Lerchenberg» einen neuen Comedy-Liebling kreiert. All die Trends, all die großartigen Shows des Genres sind in den vergangenen Jahren aus Mainz gekommen – das biedere Image der öffentlich-rechtlichen Sender ändert sich leider trotzdem nur äußerst langsam. Vielleicht will man auch genau deswegen eine Comedy im eigenen Sendezentrum spielen lassen. Nach der Satire auf Politiker («heute-show», «Neues aus der Anstalt»), Promis («Leute, Leute») und TV-Konzepte («neoParadise») folgt nun die Satire auf sich selbst. Humor ist, wenn man gerade dann lacht.

Teaser-Trailer zu «Lerchenberg»:


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21.11.2012 00:00 Uhr  •  Jan Schlüter Kurz-URL: qmde.de/60479